Aus diesem Orkan kann die Kirche lernen

Ulrich Hoppe, Inselpfarrer von Sylt, über die Folgen des Sturms “Xaver” und Naturgewalten als geistliche Erfahrung

Die Tagespost, 6. Dezember 2013,  von Markus Reder

“Aus diesem Orkan kann die Kirche lernen” 

Wie hat Sylt den schweren Orkan “Xaver” überstanden?Aus meiner Sicht ist bisher alles – Gott sei Dank! – sehr glimpflich verlaufen. Die Sturmschäden an unseren Kirchen und Gebäuden sind, verglichen mit den noch nicht behobenen Sturmschäden des Orkans “Christian” vom 28. Oktober, nach ersten Einschätzungen nicht so schlimm wie befürchtet. Die Sturmschäden auf der gesamten Insel, insbesondere die Frage, wieviel Strand der Orkan “Xaver” “gefressen” hat, kann heute noch nicht klar beantwortet werden.

Die einen schleppen Sandsäcke und sichern Deiche. Was kann man als Priester in einer solchen Not-Situation tun?

Beten, abwarten, und erreichbar sein und den tüchtigen Ersthelfern nicht im Wege stehen. Wenn der Pfarrer gerufen wird, dann schleppt er natürlich auch Sandsäcke.

Waren Sie als Geistlicher in diesen Sturm-Tagen besonders gefordert?

Wichtig ist es, mit vielen Menschen, vor allem auch mit den Sicherheitsbehörden, telefonisch oder per Internet die Verbindung zu halten. Bei der Alarmstufe violett wie gestern – die höchste Alarmstufe auf der Farbenskala des Deutschen Wetterdienstes – ist es aber ratsam, das Haus nur in absoluten und unaufschiebbaren seelsorglichen Notfällen zu verlassen, weil dann nämlich wirklich Dachziegel durch die Gegend fliegen können.

Ein Orkan an der Küste demonstriert die ganze Macht der Naturgewalten. Haben die Menschen, die an der Küste leben, aufgrund ihrer Nähe zu Wind und Meer und damit zur Macht der Natur ein besonderes Gespür für die Schöpfung und ihren Schöpfer?

Wenn man wie ich nur 300 Meter von der offenen Nordsee entfernt wohnt, dann erlebt man an solchen Sturmtagen deutlich die eigene Ohnmacht. Im Gebet kann dieses Erlebnis immer wieder zu einer guten und heilsamen geistlichen Erfahrung werden.

Gemeinsam im Sturm stehen, Zusammenstehen in der Not: Kann das für eine Stadt, für eine Pfarrei zu einer bleibenden Erfahrung von gelebter Gemeinschaft werden?

Ganz gewiss! Gestern hat einer unserer Mitarbeiter noch kurz vor dem Sturm das noch durch Orkantief Christian geschädigte Kirchendach bei über 9 Windstärken mit Sandsäcken abgesichert, was uns sonst wohl restlos um die Ohren geflogen wäre. Bis in den späten Abend hinein haben mir über 150 Leute – Insulaner, aber auch Menschen aus unserer riesigen Urlaubergemeinde – eine E-Mail gesandt und uns ihr Gebet versprochen. Heute morgen, um kurz vor sieben, hat unserer Erzbischof von Hamburg, Werner Thissen, bei mir angerufen, um uns seiner Nähe und seiner Gebetsverbundenheit zu versichern. Das sind tiefe und bleibende Erfahrungen!

Auch ohne Orkan bläst der Wind des Säkularismus gerade katholischen Christen im Norden scharf ins Gesicht. Orkan “Xaver” geht vorüber, dieser Wind bleibt. Dagegen helfen auch keine Sandsäcke. Was tun?

Für den Wind des Säkularismus können wir aus diesem Orkan lernen: Ein Orkan kommt, dauert seine Zeit, doch irgendwann geht er auch wieder. Während des Orkans sollten nur diejenigen vor die Türe gehen, die da draussen wirklich etwas zu melden oder zu tun haben. Die anderen sollten derweil für die, die draussen für die andern dem Sturm trotzen und die Deiche sichern, feste besten!

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