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Liberale wie Islamisten schauen gleichermassen ungläubig auf das Ägypten des Sommers 2013

Die Tagespost, 23. August 2013,von Oliver Maksan 

Mubarak aus dem Gefängnis entlassen, Mursi unter Arrest, führende Muslimbrüder in Untersuchungshaft, die Generäle an der Macht:

Liberale wie Islamisten schauen gleichermassen ungläubig auf das Ägypten des Sommers 2013.

Dass Mubarak entlassen wurde, wäre zu keinem Zeitpunkt eine verfahrensrechtliche Petitesse gewesen. Jetzt aber schlägt sie in dem wankenden Land ein wie eine Bombe. Für sich genommen handelt es sich um einen rechtsstaatlichen Vorgang. Nachdem Mubarak mehr als zwei Jahre in Untersuchungshaft gehalten wurde, musste er nun offenbar entlassen werden. Die Anklagen gegen ihn sind dabei nicht fallen gelassen worden und sind weiter bei Gericht anhängig. Dennoch hat der Vorgang natürlich einen hochsymbolischen Wert. Den Generälen und den von ihnen eingesetzten Zivilisten in der Übergangsregierung Ägyptens kommt die Entlassung angesichts der internationalen Kritik, der sie ausgesetzt sind, alles andere als gelegen. Premier Beblawi hat ihn deshalb nach seiner Entlassung unter Arrest gestellt. Es war übrigens das Militär selbst, das Mubarak 2011 im entscheidenden Moment fallen gelassen hatte. Die Offiziere glaubten schlicht nicht mehr an eine Zukunft mit dem greisen Präsidenten, der seine Herrschaft noch immer mit seinen Heldentaten vom Yom-Kippur-Krieg gegen Israel 1973 begründete.

Die Anhänger des alten Regimes mögen jetzt jubeln und viele Ägypter den greisen Diktator angesichts des gegenwärtigen Chaos in einem milderen Licht sehen. Sie sollten aber nicht vergessen, dass Mubarak der Hauptschuldige an der Lage ihres Landes ist. Er hat anders als Mursi nicht ein, sondern dreissig Jahre regiert. Allgegenwärtige Korruption und hochsubventionierte Misswirtschaft prägten seine Amtszeit und haben wesentlich zum Ausbruch der Januarrevolution 2011 beigetragen. Die jetzt regierenden Generale müssen neue Wege beschreiten, wollen sie Ägypten vor dem Scheitern bewahren. Die Uhren einfach zurückzustellen, wird auf Dauer nicht funktionieren.

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