Wieder schlägt es 13

Was Fatima angeht, so steht Papst Franziskus ganz in der Tradition seiner Vorgänger

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Vatican Magazin, von Martin Müller

Die Zahl 13 hat eine grosse Bedeutung für Fatima, einen der grössten Marienwallfahrtsorte der Welt. Denn jeweils am 13. der Monate Mai, Juni, Juli, September und Oktober 1917 erschien die Gottesmutter hier drei kleinen Hirtenkindern.

Auch den neuen Papst begleitet diese Zahl. Sein Pontifikat steht gleichsam unter der 13. Er wurde am 13. März 2013 zum 265. Nachfolger des heiligen Petrus gewählt. Die Quersumme seines Wahldatums (13.03.2013) ist die 13. Und auch die von 265 ist 13. Und er ist am 13. Dezember 1969 zum Priester geweiht worden. Bei seiner Wahl war der Papst 76 Jahre alt: Quersumme auch hier natürlich wieder die 13.

Zahlenspielerei? Oder doch ein Zeichen seiner besonderen Verbindung mit den Geschehnissen in Fatima? Dieser neue Papst aus Argentinien jedenfalls ist wie sein Vorgänger nicht nur bescheiden und fromm, er ist auch sehr marianisch. Seine erste kleine Reise am Tag nach der Wahl zum Bischof von Rom führte ihn deshalb in die Basilika Santa Maria Maggiore zur Muttergottes Salus Populi Romani, der Beschützerin des römischen Volkes.

Die geistige Nähe des Papstes zur Muttergottes von Fatima zeigte sich jetzt auch in seinem an den portugiesischen Kardinal José da Cruz Policarpo geäusserten Wunsch, dieser möge sein Pontifikat der Jungfrau von Fatima weihen. Der Lissaboner Patriarch gab diese Bitte des Papstes beim 181. Treffen der portugiesischen Bischöfe Anfang April bekannt. Wörtlich sagte er: “Papst Franziskus hat mich zweimal darum gebeten, dass ich seinen neuen Dienst Unserer Lieben Frau von Fatima weihe. Dies ist ein Auftrag, den ich im stillen Gebet erfüllen könnte. Doch es wäre schön, wenn sich die ganze Bischofskonferenz vereinigen könnte, um diese Bitte zu verwirklichen. Maria wird uns in all unserer Arbeit leiten und auch in der Form, diesen Wunsch von Papst Franziskus zu erfüllen.” Diese Weihe des Pontifikats wird nun öffentlich innerhalb einer Internationalen Pilgerveranstaltung am 13. Mai 2013 in Fatima, genau zur Stunde der Erscheinungen, vollzogen.

Mit seiner Beziehung zu Fatima steht Papst Franziskus übrigens ganz in der Tradition seiner Vorgänger. Schon deren Verbindung zu dem portugiesischen Marienheiligtum war einzigartig. Papst Pius XII. empfing genau am Tag der ersten Muttergotteserscheinung in Fatima, am 13. Mai 1917, in der Sixtinischen Kapelle die Bischofsweihe. Und am 31. Oktober 1942 kam er dem Wunsch der Jungfrau von Fatima nach und weihte die Welt dem Unbefleckten Herzen Mariens. Als er 1950 das Dogma der Aufnahme Mariens in den Himmel verkündigte, sah er in den vatikanischen Gärten – quasi als Bestätigung seines Handelns – ein Sonnenwunder, wie es die drei Hirtenkinder und tausende Augenzeugen 1917 in Fatima erlebt hatten.

Auch Papst Johannes XXIII. schätzte Fatima. Als Kardinal pilgerte er 1956 persönlich an die Erscheinungsstätte. Sein Nachfolger Papst Paul VI. war dann der erste, der sich als Papst 1967 anlässlich des fünfzigsten Jahrestages der Marienerscheinungen auf die Reise nach Fatima machte, um dort für den Frieden der Welt und die Einheit der Kirche zu beten. Den seligen Papst Johannes Paul II. könnte man sogar als “Fatima-Papst” bezeichnen, so eng war er mit der Gottesmutter von Fatima verbunden. Als ihn am 13. Mai 1981, dem 64. Jahrestag der Erscheinungen der Gottesmutter, während einer Generalaudienz eine Kugel lebensgefährlich verletzte, schrieb er seine Rettung der Jungfrau von Fatima zu. Ein Jahr später besuchte er den Wallfahrtsort, um der Gottesmutter für sein Überleben zu danken. Die Kugel, die ihn so schwer verletzte, liess er in Fatima zurück. Sie wurde in die Krone der Madonna in der Erscheinungskapelle eingefasst, um so bleibend Zeugnis zu geben von seiner wunderbaren Errettung. Im Jahr 2000 reiste Johannes Paul II. erneut an den Gnadenort, um die zwei bereits 1919 und 1920 verstorbenen Seherkinder Jacinta und Francisco selig zu sprechen und die Veröffentlichung des Dritten Geheimnisses von Fatima anzukündigen, in dem der Papst eine besondere Rolle spielt.

Auch Benedikt XVI. würdigte Fatima mit einem Besuch. Er pilgerte am 13. Mai 2010, dem 93. Jahrestag der Erscheinungen, an die Wallfahrtsstätte mit der klaren Aussage, wer glaube, dass die prophetische Mission Fatimas beendet sei, der gebe sich einer Illusion hin. Mit dem ausdrücklichen Wunsch, sein Pontifikat unter den Schutz der Muttergottes von Fatima zu stellen, bekräftigt Papst Franziskus, dass Fatima hochaktuell bleibt.

Dieser Name ist Programm

Aber wie sieht es eigentlich aus? Franziskus ist wohl der bekannteste, aber vielleicht auch verkannteste Heilige der Kirche. Hier also das Fundament, auf dem der “poverello” aus Assisi stand – erklärt von einem, der es wissen muss, vom Orden der Minderen Brüder Kapuziner, einem Zweig der franziskanischen Familie

von P. Franz Solan Nüsslein OFM CAP

Als unser Papst als Namen “Franziskus” wählte, hörte und las man allenthalben: “Dieser Name ist Programm”. Und zweifellos ist das richtig. Aber schon stellt sich die Frage: “Was genau ist denn das Programm ‘Franziskus’?” Offensichtlich glauben viele, den heiligen Franziskus von Assisi zu kennen. Und tatsächlich gibt es kaum einen Heiligen, der so bekannt ist wie er, selbst über die Grenzen der Christenheit hinaus. Doch wenn man die Reaktionen in der Presse verfolgt, dann muss man erhebliche Zweifel hegen, ob er nicht nur be-kannt sondern auch ge-kannt ist. Viel zu schnell und zu vordergründig wird er instrumentalisiert. Man bringt ihn mit Armut zusammen (der Poverello) und mit Natur. Das stimmt und stimmt wieder auch nicht; denn es kommt entscheidend darauf an, sein Fundament zu kennen, die Basis, von der aus sein Handeln belebt wurde. Wo aber finden wir Genaueres?

Da ist sicher zunächst die Ordensregel. Gegen seine Erwartung hatte Gott ihm “Brüder gegeben”, das heisst im Klartext, dass er nicht damit gerechnet hatte. Er wollte keinen Orden gründen und schon gar nicht die Kirche als solche reformieren. Als er in der halb zerfallenen Kapelle von San Damiano vor dem Kruzifix betete, hörte er den Auftrag: “Geh hin und stell mein Haus wieder her…“. Und er begann ganz direkt und naiv, eben dieses Kirchlein zu renovieren.

Von mindestens ebenso grosser Bedeutung ist sein Testament, das er kurz vor seinem Tod verfasste. Wir sind gewohnt, dass jemand mit einem Testament sein materielles Vermögen den Nachkommen vermacht. Franziskus hatte keinerlei solcher Güter. Aber er hatte einen Schatz an Erfahrungen. Und den wollte er seinen Brüdern hinterlassen. Schon vorher hatte er auf vielerlei Weise, durch die Regel, die Briefe und natürlich auch die mündlichen Ermahnungen immer wieder seinen geistlichen Ansatz vorgelegt. Wenn man bedenkt, wie oft er mit sich selbst unzufrieden war, weil er sich wieder einmal ertappt hatte, wie sein Habenwollen stärker gewesen war als das Sich-Verschenken im Geiste Christi, dann ist es kein Wunder, dass in sein Testament Ermahnungen und Korrekturen einfliessen. Sie sollen helfen, aufgetauchte Missverständnisse und Fehlentwicklungen zu korrigieren und auszuräumen.

Ein Missverständnis, das nur all zu verständlich ist, steckt in der Vorstellung, dass sich nur die Strukturen ändern müssten, dann würden die Menschen schon besser (siehe Karl Marx). Aber Franziskus war immer nur bestrebt, sich selbst zu ändern, und hat das auch seinen Brüdern empfohlen. Sie sollten durch Beispiel wirken und nicht durch viele Worte oder gar eine Neukonstruktion der Kirche. Deshalb wies er schon ziemlich am Anfang seines Testaments in verschiedenen Wendungen darauf hin, dass die Römische Kirche zu achten sei. Sie ist die Trägerin der Überlieferung und Spenderin der Sakramente und damit Garant für die Einheit. Daran ändern auch sündige Priester nichts. Die Kraft kommt von Gott und nicht von einem mehr oder weniger sündigen Menschen. Die Botschaft und das Wirken Christi sind unerschütterlich und nicht von einzelnen Menschen abhängig, auch wenn damalige Irrlehren, wie die der Waldenser und vor allem der Katharer (= die Reinen) Anderes vertraten.

Auch ist die Meinung, dass Franziskus grosse und schöne Kirchen ablehnte, falsch. Im Gegenteil. Er moniert, dass der Leib Christi, der nach einer heiligen Messe übriggeblieben war, oft an “unpassenden Stellen“ zu finden war. Es sollte dafür gesorgt werden, dass er “geachtet, verehrt und an kostbaren Stellen“ aufbewahrt werde. Wenn er seine Brüder ermahnt, nur Kirchen anzunehmen, die der Armut entsprechen, dann will er damit vermeiden, dass die Brüder in Gefahr kommen, stolz zu sein und indirekt besitzen zu wollen. Es geht ihm nicht um allgemeine Richtlinien sondern darum, dass die Brüder der übernommenen Regel gemäss “als Pilger und Fremdlinge“ durch die Welt gehen und sich nicht materielle Absicherungen beschaffen. Sie sollten schlicht und einfach arbeiten. “Und wenn uns einmal der Arbeitslohn nicht gegeben würde, so wollen wir zum Tisch des Herrn Zuflucht nehmen und um Almosen bitten von Tür zu Tür.”

Eine Art der Absicherung wären auch irgendwelche Schutzbriefe der römischen Kurie, die die Brüder sozusagen unabhängig von dem örtlichen Bereich gemacht hätten. Franziskus wollte auf jeglichen leiblichen Schutz verzichten und sich ganz dem geistlichen Schutz der Kirche unterstellen. Er hatte auch nicht die Absicht, irgendwelche Pastoralpläne aufzustellen. Er dachte nicht vom Überbau her sondern von der Wurzel. Es war ihm zuwider, grosse Erklärungen abzugeben. Er wollte “ungebildet und allen untertan“ sein, weil er die Gefahr erkannte, dass man sich in grossen Worten über das Evangelium auslassen kann, aber dabei selbst “Geist und Leben“ verliert. Das Wort aus dem Prolog des Johannesevangeliums “Und das Wort ist Fleisch geworden“ hat er ganz unmittelbar verstanden. Für ihn ist das Wort nicht Wissenschaft geworden sondern ein kleines, hilfloses Kind in der Krippe, das unseres liebevollen Dienstes bedarf. Er konnte nicht genug dieses Wunder der Demut Gottes betrachten. So entstand im franziskanischen Bereich eine wunderbar reichhaltige und bunte Krippenkultur.

Sein Einordnen in das Leben der Kirche ging bis in Kleinigkeiten. So sollten seine Brüder, die Kleriker waren, also eine Weihe empfangen hatten, gemäss der Regel “das Göttliche Offizium (Stundengebet) nach der Ordnung der heiligen Kirche von Rom” verrichten. Und er wird in seinem Testament ganz ungnädig und droht mit harten Konsequenzen für den Fall, dass man Brüder fände, “die das Offizium nicht der Regel gemäss hielten und durch eine andere Art abändern wollten oder nicht katholisch wären.” Dieses Grundgerüst ist für ihn unabänderlich. Was ihn allerdings nicht hindert, vielerlei Gebete und zusätzliche Offizien zu schaffen, zumal ein Grossteil der Brüder ja einfache Laienbrüder waren, die nicht der klerikalen Offiziumspflicht unterlagen.

Vielleicht sollte man in diesem Zusammenhang die wörtliche Bedeutung seines Namens “Franziskus“ nicht unterschätzen. Eigentlich war er ja auf “Johannes“ getauft. Aber sein Vater, der Tuchhändler war und häufig nach Frankreich reiste und dort Minnedienst und Minnegesang kennenlernte, gab ihm den Spitznamen “Francesco”, das “Französlein”. Offensichtlich hat das auf ihn abgefärbt, denn in seinem Gebrauch der Wörter “Herr” und “Herrin” schimmert immer wieder durch, was die damaligen Ritter in ihrer Verehrung der Frauen ausdrücken wollten. “Frouwe” ist ja die weibliche Form zu “Fron” (= Herr). Sie wollten ihnen als Minnesänger mit Liedern “dienen” oder sich ihnen, nachdem sie in einem Turnier gesiegt hatten, als ihr starker Beschützer empfehlen. So ist auch zu verstehen, wenn Franziskus immer wieder von seiner Bindung an die “Herrin Armut” spricht, ja singt. In ihrem Dienst kämpft er sozusagen seine Lebensturniere, so wenn er etwa sein Essen mit Asche vermischt, um seinen Kampf gegen die Genusssucht zu gewinnen.

Diese Einstellung verbietet ihm auch den “Genuss”, das heisst die Ausbeutung der Natur. Vielmehr ruft er in seinem Sonnengesang die von Gott so sinnvoll geschaffene Schöpfung auf, Gott, den Herrn, mit ihren Dienstmöglichkeiten zu loben, so etwa: “Gelobt seist du, mein Herr, durch Schwester Wasser, gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.” Oder “Gelobt seist du, mein Herr, durch unsere Schwester, Mutter Erde, die uns erhält und lenkt und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter.” Zu diesem Gotteslob durch die Erde zählte er sicher auch, wenn durch menschliche Arbeit und den Dienst vieler Hände aus dem Marmorgestein und vielen anderen Materialien zum Lob Gottes eine prächtige Kirche entstand, in der der Osterjubel erklingen kann. Dieser Aufruf zum Dien-Mut – das ist ja die Urbedeutung von “Demut” – geht durch das ganze Leben des heiligen Franziskus. Armut aus Not galt es zu überwinden; Armut als Freiheit zum Dienen war sein Ziel. Und hier decken sich sein Ideal und die uralte Kennzeichnung des Papstamtes, “Diener der Diener Gottes” zu sein.

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