“Nur noch Verwüstung”

Bischof Juan José Aguirre berichtet über die Situation in seinem Land

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Fides-Dienst: Zentralafrika

Bischof Juan Jose-Aguirre aus dem Bistum Bangassou (Foto: Juan Aguirre / ACN).

Seit dem 24. März ist die Rebellengruppe “Séléka” in der Zentralafrikanischen Republik an der Macht. Im Interview mit Kirche in Not spricht Juan José Aguirre, Bischof der Diözese Bangassou, über die katastrophale Lage in seinem Land. Das Gespräch führten Raquel Martin und Josué Villalón (Kirche in Not Spanien).

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Wie ist die Zeit seit der Machtübernahme für Sie verlaufen?

Es war eine sehr harte, chaotische Zeit. Viele haben nur überlebt, weil sie in den Kongo (i.e. Demokratische Republik Kongo) geflüchtet sind. Wir versuchen, wieder Normalität einkehren zu lassen, indem wir den Menschen Hoffnung geben. Wir haben einiges begonnen, um das Leben neu zu organisieren.

Hoffnung macht uns, dass vor Kurzem neue Militärangehörige ins Land kamen, die seriöser zu sein scheinen. Diese Neuankömmlinge sind nicht mehr nur auf Plünderungen aus. Sie sind zwar Séléka-Mitglieder, gehören aber zu einer neuen Generation. Bislang hatte ein Libyer die Befehlsgewalt, der weder Französisch noch Sango, die Sprache der Region, beherrschte.

Die neuen Séléka haben diesen Kommandeur festgenommen und ihm die Waffen und die Uniform abgenommen. Sie haben ihn mitgenommen, wahrscheinlich, um ihn in sein Land zurückzuschicken. Sie nehmen allen die Waffen ab, die die Rebellion ausgenutzt haben, um das Land zu plündern.

Wie ist die aktuelle Lage in Ihrer Diözese?

In meiner Diözese herrscht zurzeit Chaos. Die Leute sind einfach geflohen. Es wurden Menschen nach Sammelprozessen hingerichtet, es gab Vergewaltigungen, Raub und systematische Plünderungen von Missionsstationen.

In einem Dorf in der Nähe von Bangassou wurde die Missionsstation völlig zerstört, ebenso die Häuser der Ordensleute. Dort wurden etwa 400 Häuser in Brand gesetzt und neun Menschen getötet. Die Rebellen haben uns die Fahrzeuge genommen, jetzt gehen wir zu Fuss. Die Kinderklinik, das Internetzentrum, die Apotheke und die Garage wurden in Brand gesteckt.

Die Plünderer sind gegen die Christen und insbesondere gegen die katholische Kirche sehr hart vorgegangen. Seit die Séléka in Zentralafrika sind, herrscht nur noch Verwüstung. Sie kamen im Dezember ins Land und nahmen im März die Hauptstadt ein.

Es waren etwa 300 Soldaten, die von etwa 3000 plündernden Söldnern aus verschiedenen Herkunftsländern begleitet wurden. Sie haben alles gestohlen, was sie wegtragen konnten. Zum grössten Teil haben sie das Diebesgut in den Tschad gebracht, wo sie es auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Sie haben uns ausgenommen.

Wie sieht es bei den Kirchengebäuden aus?

Mindestens drei Kirchen wurden geplündert und entweiht. Zunächst versuchten sie, die Priester und die Schwestern anzugreifen, die flüchten mussten. Dann gingen sie in die Kapellen hinein, stapelten die Bänke aufeinander, um sie anzustecken. Anschliessend brachen sie den Tabernakel auf und nahmen die gewandelten Hostien mit.

Wir brauchen nun Hilfe, um die Kirchen, die Bilder und die Bänke wiederherzustellen. Wir müssen durchhalten, und mit Gottes Hilfe werden wir allmählich aufstehen.

Es wird gesagt, dass die neue Regierung eine islamische Republik einrichten wird. Bestätigt sich dieser Verdacht in der Praxis?

Bis heute hat es sich Tag für Tag bestätigt. Vor kurzem wurde ein muslimischer Feiertag eingeführt. Wir erfuhren, dass es sich um Mohammeds Geburtstag handelt. Ich glaube, dass sich in den an Zentralafrika angrenzenden Ländern eine Wende vollzieht.

Frankreich begreift nun, dass es ein grosser Fehler war, zuzulassen, die Séléka das Land übernehmen zu lassen. Ich hoffe, dass die Europäische Union in dieser Angelegenheit eine Entscheidung trifft. Es heisst, aus sechs oder sieben afrikanischen Ländern würden etwa 2000 Soldaten kommen, um das Land zu befrieden. Sie sollen hier bis 2016 bleiben, bis eine demokratische Wahl stattfindet, um über den neuen Präsidenten abzustimmen.

Kirche in Not will Nothilfe für die Zentralafrikanische Republik leisten. Was braucht Ihre Diözese am meisten?

In seelsorglicher Hinsicht brauchen wir neue Autos und Motorräder, um zu den Kapellen zu fahren. Ausserdem brauchen wir Tische, Stühle, Moskitonetze, Bettlaken, Schränke, Teller, Messer, Lampen, Kabel, Solarzellen und Batterien, um die geplünderten Missionsstationen wieder aufzurüsten. Ebenso Milchpulver für die Kinder und Medikamente für Aidskranke.

Wir brauchen Hilfe für die Familien. Wir versuchen, die Kinder wieder zur Schule zu schicken, aber es wird viel Schulmaterial gebraucht, zum Beispiel Bleistifte und Lineale. Wir benötigen auch dringend einen Internetanschluss, weil er die Nabelschnur ist, die uns mit der Aussenwelt verbindet.

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