Im Zentrum der Herr im Sakrament

Die Fronleichnamsprozession mit dem Papst – ein stimmungsvoller Augenblick im Herzen Roms

Rom, Die Tagespost, 31. Mai 2013, von Guido Horst

Es ist die vielleicht stimmungsvollste Zeremonie mit dem Papst im Laufe des Kirchenjahrs: Die Fronleichnamsprozession von der Lateranbasilika zur grössten Marienkirche Roms: Santa Maria Maggiore. Der nicht enden wollende Zug mit den Kardinälen, Bischöfen und Priestern, mit den Orden und katholischen Bruderschaften und ihren Trachten und Fahnen sowie schliesslich dem Heiligen Vater und seiner Begleitung zieht nach dem Fronleichnamsgottesdienst am Abend bei einsetzender Dämmerung los, über die mit mächtigen Bäumen gesäumte Via Merulana geradeaus auf die Marienbasilika zu, wo der Papst dann mit dem Allerheiligsten in der Monstranz den Segen erteilt.

Die Merulana ist eine viel befahrene Strasse und durchschneidet nicht gerade ein Luxusviertel. Um Santa Maria Maggiore herum, direkt am Hauptbahnhof Termini, sieht es aus wie in Bombay oder Saigon. Doch alle kommen, um den Papst zu sehen, auch die Damen des ältesten Gewerbes der Welt und ihre “Kerle”. Doch der, um den es eigentlich geht, beherrscht unter einem lichtvollen Baldachin die abendliche Szene: Jesus Christus im Altarssakrament.

Benedikt XVI. hatte in den zurückliegenden Jahren auf dem mächtigen weissen Jeep, der das Allerheiligste transportiert, vor der Monstranz gekniet. Franziskus überliess das am Donnerstag zwei Diakonen und ging selber zu Fuss, ohne Kreuzstab und Mitra, nur in einen weiten weissen Umhang gehüllt. Schlimme Gewitter hatten Rom in den letzten Tagen gepeitscht, am Donnerstagabend gab der Himmel einmal Frieden. Wie immer kamen Massen, als der Zug die Marienbasilika erreicht hatte, waren der Vorplatz der Kirche und die Via Merulana völlig verstopft. Franziskus wirkte sehr konzentriert. Es war sein zweiter Besuch in Santa Maria Maggiore als Papst. Am Morgen nach seiner Wahl hatte er hier vor dem berühmten Gnadenbild der “Salus Populi Romani”, der “Beschützerin des römischen Volkes”, gebetet.

Bei der Fronleichnamsmesse auf dem Sagrato vor der Lateranbasilika hatte Papst Franziskus – wie immer – drei Gedanken in den Mittelpunkt seiner Predigt gestellt: Nachfolge, Gemeinschaft, Teilen. Franziskus rief die Gläubigen auf, sich zu fragen: “Wie folge ich Jesus nach?” Jesus spreche in der Stille des Geheimnisses der Eucharistie und rufe jedes Mal in Erinnerung, dass Nachfolge heisse, aus sich selbst herauszugehen und aus seinem Leben nicht einen Besitz zu machen, sondern ein Geschenk an ihn und an die anderen. Und die Eucharistie sei “das Sakrament der Gemeinschaft, das uns aus dem Individualismus heraustreten lässt, um zusammen die Nachfolge zu leben, den Glauben an ihn”. Zum Tagesevangelium von der Brotvermehrung sagte der Papst, dass der Herr in der Eucharistie seine Strasse einschlage, die Strasse des Dienstes, des Teilens, des Geschenks, “und das Wenige, das wir haben, das Wenige, das wir sind, wird – wenn es geteilt wird – Reichtum, da die Macht Gottes, die Macht der Liebe in unsere Armut herabsteigt, um sie zu verwandeln”.

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