Karfreitag 2012 update

Vitus Bischof Huonder Bistum Chur

Brüder und Schwestern im Herrn,

wir verehren die fünf Wunden Christi, die zwei Wunden an den Händen, die zwei Wunden an den Füssen, und die Seitenwunde. Wir verehren die fünf Wunden Christi, um das Leiden Christi einzuprägen, zu vergegenwärtigen und uns zu Herzen zu führen. Die fünf Wunden betrachtend, bitten wir den Herrn: entzünde in uns das Feuer deiner Liebe und die Flamme ewiger Hingabe.

Heute wollen wir auf die Seitenwunde unseres Herrn blicken,  ausgehend von den Worten des eben vernommenen Passionsberichtes: “… einer der Soldaten stiess mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus” (Joh 19,34). Dieser Hinweis des Evangelisten will uns darauf aufmerksam machen, dass Jesus wirklich gestorben ist. Er ist nicht scheintot. Johannes will uns aber auch zu erkennen geben, dass der tote Leib des Herrn zur Quelle des Lebens wird. Blut und Wasser sind Elemente des Lebens. Das Blut ist der Sitz des Lebens, der Inbegriff des Lebens; das Wasser ist der Urgrund des Lebens. Durch Wasser entsteht Leben. Wasser fördert und erhält Leben.

Johannes spricht nicht vom Herzen, er spricht nur von der Seite, von der Brustseite. Nun wird die Seitenwunde Christi bei Abbildungen des Gekreuzigten sehr oft auf die rechte Brustseite und nicht auf die Seite des Herzens gesetzt. Das mag verwundern. Doch das hat seinen tiefen Grund.

Von einer rechten Seite spricht auch der Prophet Ezechiel. Ezechiel sieht in einer Vision den neuen Tempel, den Tempel des neuen Volkes Gottes. Dabei wird er Zeuge davon, wie von der rechten Seite des Tempels, von der rechten Seite des Brandopferaltares, Wasser hervorquillt, zunächst als bescheidenes Rinnsal, das nach Osten fliesst. Doch dann wächst und wächst dieses Wasser und wird zu einem Fluss, den man nicht mehr durchschreiten kann (Ez 47,1-32). Vom Wasser dieses Flusses, sagt Ezechiel, würde alles grün und fruchtbar, und es mache das schlechte Wasser des Salzmeeres gesund. Der Prophet sagt wörtlich: “Wohin der Fluss gelangt, da werden alle Lebewesen, alles, was sich regt, leben können…Wohin der Fluss kommt, dort bleibt alles am Leben” (Ez 47,9).

Wir erinnern uns an den Passionsbericht vom vergangenen Plamsonntag. Es war der Passionsbericht nach dem Evangelisten Markus. Ein Anklagepunkt darin Jesus gegenüber lautet: “Wir haben ihn sagen hören: Ich werde diesen von Menschen erbauten Tempel niederreissen und in drei Tagen einen anderen errichten, der nicht von Menschenhand gemacht ist” (Mk 14,58). Auch der Evangelist Johannes berichtet darüber und fügt den Worten Jesu hinzu: “Er aber meint den Tempel seines Leibes” (Joh 2,13-22).

“…einer der Soldaten stiess mit der Lanze in seine Seite, und sogleich floss Blut und Wasser heraus” (Joh 19,34). Verbinden wir diese Erkenntnis mit der Vision Ezechiels. Im Sterben unseres Herrn erfüllt sich das Gesicht des Propheten. Der Leib unseres Herrn wird durch sein Sterben zum Tempel des Neuen Bundes, zum Tempel, von dem aus jenes Wasser fliesst, welches das schlechte Wasser gesund macht, und alles, was sich regt, am Leben erhält. Wirklich, dort, wohin das Wasser der Seite Christi kommt, das Wasser seines Leidens und Sterbens, bleibt alles am Leben.

Seit Christus für uns gestorben ist, haben wir ein neues Heiligtum, einen neuen Tempel, keinen irdischen mehr, sondern einen himmlischen, von dem aus das Wasser des ewigen Lebens fliesst: Dies ist der heilige, für uns geopferte Leib unseres Herrn Jesus Christus. Ihn beten wir an. Ihn verehren wir.

Amen.

Quelle
HeiligeMariaFranziska von den fünf Wunden Christi

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