Papst in Kalabrien: “Ergebt euch nicht dem Pessimismus!”

Benedikt XVI. ermutigt die Gläubigen Kalabriens zu einem starken Zeugnis des Glaubens

Arbeitslosigkeit und organisiertes Verbrechen führen zu einem kontinuierlichen Ausnahmezustand.

Rom, kath.net/as, 09. Oktober 2011, von Armin Schwibach 

Sein 25. Pastoralbesuch in Italien führte Papst Benedikt XVI. am heutigen Sonntag nach Lamezia Terme in Kalabrien. Lamezia Terme ist mit seinen rund 71.000 Einwohnern eine der jüngsten Städte des Landes: sie entstand 1968 aus der Fusion der Gemeinden Nicastro, Sambiase und Sant’Eufemia Lamezia. Die Stadt, die im Zentrum der süditalienischen Region liegt, nimmt eine wichtige Position in Landwirtschaft, Handel und Industrie ein. Mit ihrem internationalen Flughafen ist sie auch für den Tourismus das Eintrittstor Kalabriens.

Auf dem Industriegelände von Lamezia Terme erwarteten den Papst rund 50.000 Menschen. Benedikt XVI. wurde vom Ortsbischof Luigi Antonio Cantafora sowie von Italiens Staatssekretär beim Ministerpräsidenten, Gianni Letta, und weiteren Politikern empfangen. Der Bürgermeister brachte vor dem Gottesdienst die Hoffnung zum Ausdruck, die die Einwohner seiner Stadt mit dem Besuch des Papstes verbinden, der unter dem Motto “Im Namen Jesu Christi, geh umher (Apg 3,6)” steht.

Kalabrien gehört zu den ärmsten Regionen Italiens und ist wegen der “Ndrangheta”, der kalabresischen Form des organisierten Verbrechens, berüchtigt. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei über 65 Prozent. Abwanderungen, mangelnde Wirtschaftskraft, vor allem auch verursacht durch das organisierte Verbrechen, sowie mangelnde soziale Sicherheit bilden die Hauptprobleme der Region.

In seiner Predigt legte Benedikt XVI. zunächst die Lesungen vom 28. Sonntag im Jahreskreis aus und beschäftige sich mit dem Gleichnis vom Hochzeitsmahl, zu dem viele geladen sind (Mt 22, 1-14), und der ablehnenden Antwort, die Gott auf seine Einladung gegeben werde. Gott zeige sich dem Menschen gegenüber grossherzig und biete seine Freundschaft an. Doch oft nehme dieser die Gaben Gottes nicht an. Er zeige mehr Interesse für andere Dinge und setze an die erste Stelle seine materiellen Sorgen. Die Einladung des Königs provoziere sogar feindselige Reaktionen, was aber dessen Grossmut nicht bremse. Er werde es nicht müde, andere Menschen einzuladen. Die Ablehnung der Erstgeladenen führe dazu, dass die Einladung auf alle ausgedehnt werde, bis sich der Hochzeitssaal fülle: “Die Güte des Königs kennt keine Grenzen, und allen wird die Möglichkeit gegeben, auf seinen Ruf zu antworten”, so der Papst.

Eine Bedingung jedoch stelle der König: alle sollen ein Hochzeitsgewand anlegen, um nicht ausgeschlossen zu werden. Das Hochzeitsgewand sei die Liebe: “Alle sind wir geladen, Gäste des Herrn zu sein, mit Glauben an seinen Tisch zu treten, doch wir müssen das Hochzeitsgewand anlegen und bewahren, die Liebe: wir müssen eine tiefe Liebe zu Gott und zum Nächsten leben”.

Benedikt XVI. betonte dann, dass er gekommen sei, um die Freuden und Leiden der Bewohner Kalabriens zu teilen. Er wisse darum, dass es nicht an Schwierigkeiten und Problemen mangle. Kalabrien sei nicht nur unter einem geologischen Gesichtspunkt eine “Erdbebenzone”, sondern auch in struktureller und sozialer Hinsicht. Die Probleme präsentierten sich in dringlichen und destabilisierenden Formen. Der Papst beklagte die hohe Arbeitslosigkeit und das organisierte Verbrechen, das das soziale Gewebe verletze, wie auch den Eindruck, dass man in einem “ständigen Ausnahmezustand” lebe. Die Kalabrier hätten es verstanden, auf den Notzustand mit einer ausserordentlichen Fähigkeit der Anpassung zu antworten. Benedikt XVI. zeigte sich überzeugt, dass sie in der Lage sein werden, die Schwierigkeiten zu überwinden, um eine bessere Zukunft aufzubauen. Nie sollten sie sich der Versuchung des Pessimismus hingeben: “Strengt euch an, in der Fähigkeit der Zusammenarbeit zu wachsen, euch um den Nächsten und jedes öffentliche Gut zu kümmern, behütet das Hochzeitsgewand der Liebe; verharrt im Zeugnis für die menschlichen und christlichen Werte, die so tief im Glauben und in der Geschichte dieses Landes und seiner Bevölkerung verwurzelt sind”.

Auch die Tätigkeit der Kirche in Lamezia Terme würdigte Benedikt XVI. bei ihrer Anstrengung für die Ausarbeitung eine pastoralen Fünfjahresplans. Um den neuen Herausforderungen gerecht zu werden, bedürfe es einer “modernen und organischen Pastoral”, die um den Bischof herum alle christlichen Kräfte zum Einsatz bringe. Besonders lobte der Papst die Anstrengungen, sich mit dem Wort Gottes durch die Förderung von monatlichen Treffen in verschiedenen Zentren sowie durch die Verbreitung der “lectio divina” auseinanderzusetzen.

Ebenso würdigte Benedikt XVI. die Tätigkeit der “Schule für die Soziallehre der Kirche”. Der Papst ermahnte die Kalabrier, sich aus christlicher Gesinnung heraus um ihre Mitmenschen zu kümmern und für das Allgemeinwohl zu arbeiten. Die Kirche solle sich für den Aufbau einer “neuen Generation” von Männern und Frauen einsetzen, die nicht Teilinteressen fördere, sondern das Gemeinwohl.

Die Priester rief der Papst auf, ihr geistliches Leben immer mehr im Evangelium zu verankern und sich entschlossen von einer gewissen konsumorientierten Mentalität abzusetzen. Sie sollten bei ihrer Arbeit entsprechend der bekannten Kriterien der Kirchlichkeit die verschiedenen Gruppen und Bewegungen in ihrem Wert erkennen. Diese sollten in die Pastoral der Diözese und der Pfarreien integriert werden.

Die Laiengläubigen rief Benedikt XVI. abschliessend auf, keine Angst zu haben, den Glauben in den verschiedenen Bereichen der Gesellschaft zu bezeugen und sich dabei an den vielen Heiligen zu orientieren, die Kalabrien hervorgebracht habe.

Pastoralbesuch in Lamezia terme und Serra San Bruno
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