Zeichen gelebter Versöhnung

“Es ist gut, dass sie nach Polen reisen”

Stefan MeetschenDie Tagespost, 29. August 2014

Von Stefan Meetschen

Es ist gut, dass sie nach Polen reisen: Bundespräsident Joachim Gauck, der am 1. September in Danzig bei den offiziellen Erinnerungsfeierlichkeiten zum Beginn des Zweiten Weltkrieg teilnehmen wird, und die Delegation der Deutschen Bischöfe, die, angeführt vom Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, von Sonntag bis Dienstag in Polen in ähnlicher Mission unterwegs ist. Zunächst im schlesischen Gliwice (Gleiwitz), wo unter anderem eine Begegnung mit Erzbischof Stanislaw Gadecki, dem Vorsitzenden der polnischen Bischofskonferenz, stattfinden soll – später dann in der Hauptstadt Warschau, wo weitere Begegnungen mit kirchlichen Würdenträgern Polens geplant sind.

Es ist gut, dass die Spitzenvertreter der deutschen Politik und Kirche nach Polen reisen, weil so in angemessener Weise des Leids gedacht wird, das damals von Deutschen ausgelöst wurde. Und gerade unser östlicher Nachbar zahlte mit über fünf Millionen Toten einen extrem hohen Blutpreis für die nach der ganzen Welt greifende Hass-und-Mord-Ideologie des Nationalsozialismus. Dass ausgerechnet von dort, also von polnischer Seite, das vermutlich beeindruckendste Versöhnungsangebot der Nachkriegszeit gegenüber Deutschland kam, 1965 durch die polnische Bischofskonferenz, bleibt bis heute eines der grossen geschichtlichen Ereignisse, auf die man fast nur mit Staunen reagieren kann, mit einem bedingungslosen Versöhnungswillen in Wort und Tat.

“Wir vergeben und bitten um Vergebung” – so hatte es der damalige Primas von Polen, Kardinal Stefan Wyszynski formuliert. In der heutigen Zeit, in der es auf der Welt so viele Brandherde gibt (leider auch wieder in Europa), zeigt sich, wie wichtig dieser Wille zu Vergebung und Versöhnung, wie wichtig seine Kultivierung ist. Insofern sind die bevorstehenden Besuche des Bundespräsidenten und der Bischöfe in Polen tatsächlich nicht nur Reisen in die Vergangenheit, sondern auch Zeichen gelebter Versöhnungskultur – für die Gegenwart und die Zukunft.

Zeichen der Hoffnung

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