Nahost: Koalition der Unwilligen
“Militärisch lässt sich der Konflikt nicht aus der Welt schaffen”
Die Tagespost, 14. Juli 2014
Der Nahostkonflikt zwischen Israelis und Palästinensern ist mit der gegenwärtigen Runde von Feindseligkeiten rund um Gaza um einen Akt reicher. Wirklich neues geschieht indes nicht. Schon zu oft war die Welt Zeugin dieses Schauspiels. Es mag wohlfeil klingen und bewahrheitet sich doch einmal mehr: Militärisch lässt sich der Konflikt nicht aus der Welt schaffen. Gewiss, Israel hätte die technischen Möglichkeiten, die Hamas dauerhaft unschädlich zu machen. Politisch schreckt es aber offenbar vor der dafür nötigen langwierigen Bodenoffensive zurück. Eigene und fremde Opfer sowie die Reaktion der internationalen Gemeinschaft sind Teil des Kalküls, das Netanjahu zögern macht. Die Israelis können nicht vorgehen wie die Russen in Tschetschenien. Gräbt man aber tiefer, stösst man immer wieder auf den ungelösten nationalen Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern als der politischen Ursache allen Übels. Hier wäre anzusetzen.
Mögen sich beide Seiten auch bekämpfen, mögen Raketen in beide Richtungen fliegen: Letztlich besteht eine unerklärte Koalition der Friedensunwilligen, die aufeinander angewiesen sind. Wer den Status quo in den besetzten Gebieten halten will – weitergehenden Forderungen wie einer von Siedlerkreisen gewünschten Annexion würde die internationale Gemeinschaft nie zustimmen –, der braucht die Hamas und ihren anti-israelischen Furor. Umgekehrt ist die Hamas angewiesen auf die Hardliner auf der israelischen Seite. Nur so kann sie sich als Widerstandsbewegung erhalten, die dabei den Tod der eigenen Bevölkerung zynisch einkalkuliert. Die sich jetzt in Gang setzende internationale diplomatische Maschinerie wird irgendwann genug Druck ausgeübt haben, um den wackeligen Status quo ante wiederherzustellen. Aber das ist nicht genug. Denn genau dieser ist das Problem. Massive Anstrengungen für mehr als nur kosmetische Lösungen wären angezeigt. Letztlich aber kann der Verständigungswille den Konfliktparteien nicht von aussen aufgezwungen werden. Tragisch zu sehen, dass in Tagen wie diesen die letzten Reste davon zu erodieren scheinen.
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