Israel: Zwischen Schock, Wut und Trauer

Vor rund zwei Monaten schien alles vielversprechend

Frieden Vor rund zwei Monaten schien alles vielversprechend – auch wenn sie nicht politisch waren: das Friedensgebetstreffen im Vatikan von Papst Franziskus mit dem israelischen Präsidenten Shimon Peres und den palästinensischen Präsidenten galt als ein wichtiges Zeichen. Heute scheint wieder alles anders.

In Israel herrscht Trauer und Wut zugleich über die Ermordung dreier jüdischer Teenager. Die drei Jugendlichen wurden am Dienstag unter grosser Anteilnahme beigesetzt. Zehntausende kamen zu der Trauerfeier für die Talmudschüler in Modi´in, unter ihnen Premierminister Benjamin Netanjahu und der ehemalige Präsident Schimon Peres. An diesem Mittwoch wurde indes der Leichenfund eines palästinensischen Jugendlichen in einem Wald westlich von Jerusalem bestätigt.

Es wird vermutet, dass es sich um einen Racheaktes für die Ermordung dreier jüdischer Teenager handelt. Iris Lanciano schreibt für ein österreichisch-jüdisches Magazin “Wina” aus Israel und erzählt Radio Vatikan, wie die aktuelle und angespannte Situation erlebt wird.

“Es ist ein schwarzer Tag für Israel. 18 Tage lang wurde gehofft, dass die drei Jugendlichen gefunden werden, aber dann kam die schreckliche Nachricht – sie sind tot. Nach dem gestrigen Begräbnis finden spontane Versammlungen statt, die Menschen zünden Kerzen an, singen um gemeinsam ihrer Trauer Ausdruck zu verleihen. Natürlich wächst jetzt auch wieder die Angst, dass es zu Eskalation im Nahen Osten kommen kann.”

Die Menschen in Israel seien wütend, aber auch ängstlicher als zuvor, berichtet Lanciano. Eltern hätten Angst, dass ihre Kinder entführt werden.

“Die Wut ist auf jeden Fall da, aber auch grosse Besorgnis. Über 60.000 mal wurde eine Applikation (Anm. der Red.: Programm für Handy) für Kinder heruntergeladen, damit sie schnell wieder nach Hause finden können.”

Israel sei aber auch unter Schock, sagt Lanciano, da die gefundene Leiche des palästinensischen Jugendlichen als Racheakt angesehen wird und das sei vor allem ein beängstigendes Zeichen.

“Die Menschen sind geschockt, dass es so schnell wieder zu einer blutigen Tat gekommen ist, obwohl es auf vielen Internetseiten wie Facebook, Twitter und Co. zur Rache aufgerufen wird, versucht man dennoch die Menschen zu besänftigen. Sie sind schockiert, dass es wieder nach dem Prinzip – Auge um Auge, Zahn um Zahn – geht. Es geht immerhin um Kinder auf beiden Seiten.”

Im Anschluss an die Beisetzung der drei getöteten Israelis am Dienstagabend in Modi’in kam es laut Medienberichten in Jerusalem zu teils gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Hunderten rechtsgerichteten jüdischen Demonstranten und israelischen Sicherheitskräften. Sie verlangten Rache und riefen rassistische Parolen. Mehrere Palästinenser wurden angegriffen. Frieden ist derzeit nicht in unmittelbarer Sicht auch weil israelische Politiker nun harte Massnahmen fordern. Netanjahu selbst drohte beispielsweise mit einer Verstärkung der Bombenangriffe auf Stellungen der Hamas im Gazastreifen. Der Einsatz im Westjordanland werde parallel fortgesetzt.

“Die Hoffnung auf Frieden ist natürlich immer noch da. Aber es wird dauern bis sich Palästinenser und Israelis wieder an einem Tisch setzen.”

rv 02.07.2014 no

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