“Abwesenheit hat keinen Ort”

“Abwesenheit hat keinen Ort”: Ukrainische Bischöfe pilgern nach Bombenangriff nach Ternopil

Quelle
Erzbischof Visvaldas Kulbokas
Ternopil – Wikipedia
Ukraine: “Verhandlungen im Gebet begleiten” – Vatican News
Schewtschuk: “Marienweihe hat uns alle vereint”
Sarwanyzja (Ternopil) – Wikipedia
Kathedrale der Unbefleckten Empfängnis (Ternopil) – Wikipedia
Discover Ukraine : Orte : Westen : Ternopil : Heiliges Himmelfahrtskloster von Potschajiw – Reiseführer durch die Ukraine

Nach den massiven russischen Bombardierungen auf die westukrainische Stadt Ternopil zwischen dem 18. und 19. November haben die katholischen Bischöfe des Landes ihre jährliche Versammlung unterbrochen, um den Betroffenen Trost zu spenden. Der päpstliche Nuntius in der Ukraine, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, bezeichnete die Initiative im Gespräch mit den Vatikan-Medien als eine Art Pilgerfahrt zu den Orten des Schmerzes.

Svitlana Dukhovych – Vatikanstadt

Während ihres jährlichen Treffens im Marienwallfahrtsort von Sarwanyzja (Region Ternopil) beschlossen die Oberhirten des lateinischen und griechisch-katholischen Ritus, in die Hauptstadt der Region zu reisen, um mit den Opfern zu beten. Ternopil liegt etwa 800 Kilometer von der Frontlinie entfernt, doch macht der moderne Krieg keine Unterschiede zwischen Kämpfenden in den Schützengräben und Zivilisten in ihren Häusern.

Ein “Umarme die Armen”-Pilgerweg

Erzbischof Kulbokas berichtete, die Bischöfe hätten gemeinsam mit den Angehörigen der Opfer an den Todesorten gebetet. Sie hätten erschütternde Zeugenaussagen von Schwerverletzten, teils mit schweren Verbrennungen, entstellten Gesichtern oder Erblindungen gehört.

“Wir haben die Opfer und Überlebenden umarmt, das war für uns eine wahre Pilgerfahrt”, so der Nuntius. Er verwies auf das jüngste Apostolische Schreiben “Dilexi te” von Leo XIV., in dem der Papst betont, dass man mit der Umarmung eines Armen im Grunde den Herrn umarme.

“Hier, an den Orten des Schmerzes, wo wir diejenigen umarmen, die nichts mehr haben – weder Wohnung noch Angehörige und manchmal nicht einmal mehr ihre Gesundheit –, umarmen wir die Ärmsten der Armen”, unterstrich Kulbokas.

Der Schmerz des Verlusts und ein Wunder

Besonders in Erinnerung blieb dem Nuntius die Begegnung mit einer Großmutter, die das Foto ihres Enkels in Händen hielt, der bei dem Angriff ums Leben kam. Er betete für ihn und seinen weinenden Vater.

Kulbokas schilderte die brutale Realität der Angriffe: Viele Opfer seien nicht durch die Explosion des Geschosses selbst gestorben, sondern durch die Flammen, die durch das Propellermittel der Raketen ausgelöst wurden, als diese in die Häuser eindrangen.

Er berichtete aber auch von einem kleinen Wunder: Ein junger Mann namens Bohdan überlebte, weil er sich beim Einsturz des Gebäudes in der Nähe eines Kühlschranks befand, der ihm einen Schutzraum und Luft zum Atmen verschaffte. Er konnte unter den Trümmern nur dank der täglichen Schweigeminute um 9 Uhr morgens geortet werden, als die Rettungskräfte in der Stille seine Rufe und Hilferufe hören konnten.

Die Logik der Gnade gegen die Kriegsspirale

Angesichts der zunehmenden Angriffe – erst am Vortag gab es zwei intensive Angriffswellen auf Kiew mit Toten und Verletzten – sprach der Nuntius über diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Krieges. Er erinnerte an die Worte von Johannes Paul II., der die Wichtigkeit eines Waffenstillstands hervorhob, um die Spirale der Gewalt zu unterbrechen und den Verantwortlichen Zeit zur Reflexion zu geben.

Dennoch betonte Kulbokas, dass eine Lösung in einem so gewalttätigen Krieg nicht ohne die Beseitigung der Wurzel des Problems möglich sei. Zwei Dinge seien dafür wesentlich: Erstens dem Schuldigen helfen, die Schwere seiner Taten zu verstehen. Und zweitens: Offen bleiben für die Bekehrung des Angreifers, wie es die Barmherzigkeit des Herrn fordert.

Abschließend appellierte er, die Menschlichkeit sei allein nicht stark genug, den Krieg zu stoppen: “Wenn es eine Erfindung des Teufels ist, wie bekämpfen wir sie? Mit der rein menschlichen Logik gelingt es nicht, sie zu bekämpfen, mit den rein menschlichen Kräften gelingt es nicht, sie zu stoppen. Es braucht die Gnade des Herrn. Deshalb bestehe ich darauf: Beten wir gemeinsam.”

vatican news – mg, 27. November 2025

 

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