Türkei: Eine “kleine, aber lebendige” Kirche wartet auf den Papst
“Unsere Gemeinschaft hat eine Identität, die auch dank der Person und der Lehre des Papstes anerkannt ist” Das betonten der Delegierte der Kapuziner in der Türkei, Paolo Pugliese, und der Pfarrer der Kathedrale des Heiligen Geistes in Istanbul, der Salesianer Nicola Masedu, bei einem Online-Dialog mit Journalisten im Vorfeld der Reise, die Papst Leo ab dem 27. November in die Türkei führen wird
![]()
Quelle
Papst in der Türkei und im Libanon: Unsere Live-Übertragungen – Vatican News
Kardinal Koch vor Papstreise: Sympathie und Solidarität für Christen – Vatican News
Apostolische Reise von Papst Franziskus in die Türkei (28.-30. November 2014)
Roberto Paglialonga und Christine Seuss – Vatikanstadt
Eine zahlenmäßig kleine, aber lebendige und vielfältige Kirche prägt die christliche Präsenz in der Türkei. In dieser Einschätzung waren sich P. Paolo Pugliese und P. Nicola Masedu einig. Ersterer hat insgesamt etwa zwölf Jahre zwischen Ephesus, Antiochia, und Istanbul gelebt und wirkt derzeit als Delegierter und Oberer der Kapuziner in Istanbul. Der Salesianer Masedu ist Pfarrer der Heilig-Geist-Kathedrale, in der Papst Franziskus bei seinem Besuch 2014 die Messe gefeiert hatte. Er lebt seit fünfzehn Jahren in der Türkei, nachdem er im Libanon, im Iran und in Bethlehem tätig war. Er wird es auch sein, der Papst Leo an der Kathedrale empfangen wird.
Die Realität der Kirche in der Türkei
“Wir Katholiken werden als eine ziemlich bedeutende Realität angesehen, schon allein wegen unserer klaren Identität, wegen unseres internationalen Profils, das uns auszeichnet, mit Gläubigen, die aus vielen Teilen der Welt kommen (wie Afrikaner oder Filipinos), und vor allem wegen der Figur und der Lehre des Papstes, der hinter uns steht”, erklärte P. Pugliese bei einem Online-Gespräch mit Journalisten.
Die christlichen Gemeinschaften leben in Istanbul oder in Meryem Ana Evi, in der Nähe von Ephesus, wo sich das Haus Mariens befindet (in dem die Mutter Jesu zusammen mit dem Apostel Johannes lebte); darüber hinaus im Süden, in Mersin, mit der einzigen katholischen Pfarrei der Region, und in Antiochia, wo Paulus und Barnabas die ersten Kerngruppen bildeten, und wo die Christen begannen, als solche bezeichnet zu werden.
Dies bedeute, dass “es in der Türkei viele ‘Türkeis'” gebe, “mit unterschiedlichen Einflüssen und Lebensweisen”: Im Süden beispielsweise “gibt es eine starke Präsenz von Alawiten, Muslimen und Orthodoxen, was die Beziehungen zu anderen Religionen und Konfessionen historisch spannend und dauerhaft macht”. In der Hafenstadt Izmir leben hingegen noch viele sogenannte levantinische Familien europäischer Herkunft, die sich seit der Zeit der Seerepubliken Venedig und Genua und des florierenden Handels mit dem Nahen Osten hier niedergelassen haben. Istanbul hat neben der Gemeinschaft der Katholiken auch Kirchen östlicher Tradition, wie Armenier, Syrer, Chaldäer und natürlich Orthodoxe unter Patriarch Bartholomäus, sowie ein großes Netzwerk protestantisch geprägter Gemeinschaften (die sogenannten “Freikirchen”).
Zwar werde “der Kirche keine Rechtspersönlichkeit zuerkannt, und das kann zu Problemen führen”, räumte der Pater ein, “aber hier ist ein Apostolischer Nuntius akkreditiert, der somit die Aufrechterhaltung einer direkten Beziehung zum Heiligen Stuhl gewährleistet”. Interessant sei darüber hinaus, dass es neben den liturgischen Aktivitäten “auch karitative Aktivitäten gibt, also Hilfe verschiedener Art, die zu einem großen Teil informell oder durch Einrichtungen wie die Caritas geleistet” werde.
Ein besonderer Kelch für den Papst
“Tatsächlich”, warf P. Masedu ein, “dürfen wir nicht vergessen, dass die Kirche seit den ersten Jahrhunderten hier besteht und sechs Apostel hier gewirkt haben: Petrus, Andreas, Paulus, Philippus, Bartholomäus und Johannes.” Das wolle man auch mit einem Geschenk an Papst Leo bezeugen, kündigte er an: “Wir wollen ihm einen handgeschnitzten Kelch mit ihren Reliefbildern schenken”, so der Salesianer. Die Liste der Heiligen, die in der Türkei gelebt haben oder dort geboren wurden, ist lang: Ignatius von Antiochia, Basilius, Polykarp, Johannes Chrysostomos sowie Johannes XXIII., der zehn Jahre lang Bischof in Istanbul war. Die Türkei, so P. Masedu, sei schon immer ein Ort der Begegnung und der Gastfreundschaft gewesen, auch in schwierigen Zeiten, und oft auch ein Ort der Freundschaft zwischen Gläubigen verschiedener Religionen. “Davon zeugt Roncalli selbst, der sagte, er sei stolz auf die Freundschaft mit den Türken, weil sie ihn gut aufgenommen hatten. Und das trägt das Volk so sehr im Herzen, dass es ihm bei seiner Seligsprechung im Jahr 2000 die Via Papa Roncalli widmete”.
Im Rahmen der Freiheit, “die uns gewährt wird, tun wir alles, was wir können”, bestätigte er. “Wenn es Einschränkungen gibt, respektieren wir sie, ganz im Sinne von Johannes XXIII., der sagte, man solle die Gesetze befolgen und auch andere lehren, sie zu befolgen. Wir ziehen Demut und das Beispiel Roncallis den Proklamationen vor, um weiterhin in unseren Gemeinden präsent zu sein.”
Mission: Priester und Seelsorger
Das bekräftigte auch P. Pugliese, der betonte, dass “unsere Mission darin besteht, Priester und Seelsorger zu sein, und dies lehrt uns auch, den Bereich zu respektieren, in dem wir uns bewegen können”. Bei politischen oder sozialen Fragen auf internationaler Ebene wird “unsere Anerkennung durch den Papst garantiert.” Zuerst Franziskus und jetzt Papst Leo hätten beispielsweise zu Gaza – während andere schwiegen – bedeutungsvolle Worte gesagt: “Diese Worte von ihnen zu hören, war in diesen Ländern nicht nebensächlich und hat dazu beigetragen, unsere Glaubwürdigkeit zu stärken”.
Christentum zieht auch viele Türken an
Der Kapuziner erklärte weiter, dass diese Anerkennung und Glaubwürdigkeit auch für “viele Türken attraktiv sind, die sich heute für das Christentum interessieren und Christen werden möchten, weil sie entdecken, dass sie christliche Wurzeln haben (vielleicht weil sie bulgarischer oder griechischer Herkunft sind); oder auch für junge Menschen, die ein allgemeines Interesse daran haben. Und das macht Katechese-Aktivitäten notwendig”. Auch seitens der Zivilgesellschaft “gibt es positive Neugier und Interesse an der Ankunft des Papstes”, fügte der Salesianer Masedu hinzu. Das heiße, dass “die Bedeutung der Religion im Laufe der Zeit auch auf kultureller Ebene zugenommen hat”.
Ökumenischer Dialog als “absolutes Privileg”
Was den ökumenischen Dialog betrifft, waren sich beide Ordensbrüder einig, dass die Türkei ein “absolutes Privileg” genieße. “Wir haben den Segen der Schwäche, um es mit den Worten des Heiligen Paulus zu sagen”, so Pugliese. “Wir sind alle eine Minderheit, und das hilft beim Dialog, bei den Beziehungen und bei der gegenseitigen Akzeptanz auf eine Weise, die anderswo unbekannt ist. Es besteht eine positive Einstellung, die sich in der Woche der Einheit der Christen und heute, am 1700. Jahrestag des Konzils von Nicäa, zeigt. Auch der Papst”, so seine Überzeugung, “wird mit seinen Besuchen bei den armenischen und syrischen Gemeinschaften eine umfassende Ökumene bezeugen: Wir gehen gemeinsam voran, so wie man es 325 n. Chr. zu tun versuchte.”
P. Masedu: das lebendige Zeugnis von Don Santoro
“Wir erleben großartige Momente der Geschwisterlichkeit mit den anderen christlichen Konfessionen”, unterstrich P. Masedu. In dem Land sei die Erinnerung an Bischof Luigi Padovese, der 2010 in Iskenderun ermordet wurde, und an den Priester Andrea Santoro, der 2006 in Trabzon in einer Kirche getötet wurde, noch immer wach, so der Salesianer auf eine Journalistenfrage hin. “In dieser Stadt gibt es heute eine blühende Kirche, die von Einheimischen und Ausländern besucht wird”, schließt der Salesianer. “Und das Beispiel von Santoro hat viele dazu bewegt, hierher zu kommen, um seinem Zeugnis zu folgen.”
vatican news, 24. November 2025
Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.
Themen
Türkei
Papst Leo XIV
TÜRKIYE
Katholische Kirche
Ordensvertreter
Ökumene
Interreligiöser Dialog


Schreibe einen Kommentar