Sie warteten acht Tage, um bei ihm beichten zu können
Der Volksheilige Pater Pio, dessen Gedenktag die katholische Kirche heute begeht, besaß die Gabe der Seelenschau. Seine Popularität ist bis heute ungebrochen
Quelle
Der beliebteste Heilige in Italien: Pater Pio, der stigmatisierte Kapuziner
Pilgerstätte Padre Pio im Gargano – San Giovanni Rotondo – Puglia.plus
Wallfahrtskirche in San Giovanni Rotondo | Mauerwerk | Kultur | BauNetz Wissen
Pater Pio
23.09.2025
Wer zu ihm zur Beichte kam, brauchte im Grunde nicht viel zu sagen – denn der heilige Pater Pio, dessen Gedenktag die katholische Kirche heute begeht, besaß die Gabe der Seelenschau. Der Kapuzinermönch sah, was in dem Pönitenten vor sich ging und dessen Sünden, ohne dass nur ein Wort gewechselt wurde. Wer jedoch etwas verschwieg oder keine Reue zeigte, dem verweigerte Pater Pio schon mal die Absolution. Mit solch ungewöhnlichen, zuweilen harten Methoden wollte er die Sünder zur Umkehr bewegen.
Pater Pio vertrieb die Gläubigen mit dieser “Härte” nicht. Im Gegenteil, die Menschen strömten in Scharen nach San Giovanni Rotondo, um diesem außergewöhnlichen Mann Gottes zu begegnen, mit ihm die häufig vierstündigen heiligen Messen zu feiern und einfach nur in seiner Nähe zu sein. Auch heute noch – mehr als fünf Jahrzehnte nach Pater Pios Tod am 23. September 1968 – zieht der Wallfahrtsort im Süden Italiens etwa sieben Millionen Pilger jährlich an. Damit gehört er zu den meistbesuchten Pilgerzielen weltweit.
Die Stigmata traten bei ihm auf
Vor mehr als hundert Jahren, als Pater Pio aus gesundheitlichen Gründen in das dortige Kloster wechselte, war es eine ganz andere Welt. Die Gegend war felsig und trostlos. Den kärglichen Ort und das Kloster verband lediglich ein schmaler Pfad, im Winter schlammig, im Sommer voller Schlangen. Die Nachricht von der Ankunft des heiligen Mönchs im Jahre 1916 verbreitete sich schnell in den Berggemeinden.
Pater Pios Bekanntheit wuchs rasch – zunächst in der Region, dann in ganz Italien und darüber hinaus –, nachdem bei ihm die Stigmata aufgetreten waren. Im Chorraum der Kirche Santa Maria delle Grazie, wo er ganz allein vor dem Kruzifix betete, erschienen bei ihm am 20. September 1918 erstmals die sichtbaren Wunden Christi. Es war der Festtag der Stigmatisierung des heiligen Franziskus von Assisi.
In der Folgezeit begann ein Kreuzweg ärztlicher Untersuchungen und Befragungen, immer wieder wurde in Zweifel gezogen, dass die Wundmale eine übernatürliche Ursache hatten. Auch andere Gaben von Pater Pio wie die der Bilokation – die Fähigkeit, sich an zwei verschiedenen Orten gleichzeitig aufzuhalten – wurden in Zweifel gezogen. Wie schon in den 1920er Jahren, versuchte man den Mönch auch in den 1950er Jahren aus der Öffentlichkeit zu ziehen. Zeitweise wurde sein Sprechzimmer mit versteckten Mikrofonen überwacht, um seinen Beichtstuhl ein Gitter angebracht und die Dauer der von ihm gefeierten heiligen Messen auf höchstens 40 Minuten eingeschränkt. Pater Pio nahm diese Schikanen geduldig hin und äußerte sich nie kritisch gegenüber der Kirche.
Tag für Tag zelebrierte er die heilige Messe
Seine Popularität wuchs derweil. Im Jahre 1959 wurde eine neue Kirche mit 500 Plätzen neben der alten errichtet, um die Massen von Gläubigen aufzunehmen. Aufgrund des Andrangs vor Pater Pios Beichtstuhl musste im Kloster ein Buchungssystem eingerichtet werden. Die Leute zogen ein Ticket und warteten darauf, dass ihre Nummer aufgerufen wurde. Zuweilen musste man acht Tage oder länger ausharren, um bei Pater Pio beichten zu können.
Im letzten Lebensabschnitt steigerten sich die Leiden Pater Pios von Jahr zu Jahr. Aber trotz seiner Schwäche und Mattheit zelebrierte er weiter Tag für Tag die heilige Messe und hörte täglich ungefähr 50 Beichten. Am 20. September 1968, drei Tage vor seinem Tod, jährten sich zum 50. Mal die sichtbaren Wundmale. Als es mit seinem Leben zu Ende ging, verschwanden die Stigmata nach und nach. Einer seiner Betreuer wertete diese „Wiederherstellung“ des Körpers als ein Zeichen des herannahenden Todes: „Der geistliche Dienst war beendet, und so fanden auch die Zeichen ein Ende.“ Heute ruht der Leichnam des Volksheiligen in einem gläsernen Sarg in der Unterkirche der Wallfahrtsbasilika „San Pio da Pietrelcina“ in San Giovanni Rotondo.
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