Leo XIV.: 70 Jahre alt und dennoch ein “junger” Papst

Im Mittelpunkt seiner Verkündigung: Jesus Christus – als Zeichen für die Welt und als Fundament eines jeden gläubigen Christen

Quelle

14.09.2025

Guido Horst

Mit einer ökumenischen Feier zum Gedenken an die neuen Märtyrer und Glaubenszeugen in der Basilika Sankt Paul vor den Mauern nimmt heute das Heilige Jahr in Rom wieder Fahrt auf – nach einer zweieinhalbmonatigen Sommerpause, die nur durch das Jubiläum der katholischen Influencer und die große Jubiläumsfeier der Jugend unterbrochen worden war.

Mit Vertretern anderer Konfessionen will man jetzt die Christen ehren, die bereits in diesem Jahrhundert für ihren Glauben gestorben sind. Die “Ökumene des Blutes” nannte Papst Franziskus das, was die christlichen Kirchen in ihrer Trauer um getötete Glaubenszeugen verbindet. 1.624 Namen stehen auf der Liste der neuen Märtyrer, die der Vatikan seit dem Jahr 2000 führt. Der Papst wird der ökumenischen Feier am Grab des Völkerapostels vorstehen, heute, am Fest der Kreuzerhöhung und – an seinem 70. Geburtstag.

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Lange hat man im Vatikan keinem so jungen Papst gratuliert

Wäre heute nicht sowieso Sonntag, wäre im Vatikan ein Feiertag. Lange hat man im Vatikan keinem so jungen Papst mehr zum 70. gratuliert. Als Benedikt XVI. und Franziskus zum Papst gewählt wurden, hatten sie dieses Alter schon überschritten. Am 8. Mai 1990, also vor 35 Jahren, gab es zuletzt für einen Papst eine Torte mit einer 70 drauf. Das war Johannes Paul II., der Papst aus Polen, der gerade erst den Fall der Mauer und das Ende des kommunistischen Regimes in seiner Heimat erlebt hatte.

Es ist nicht untypisch für den Vatikan, in solch langen Zeiträumen zu denken. Bei einer Geschichte von 2.000 Jahren und einer langen Liste von 267 Päpsten gewöhnt man sich im Blick auf das Zeitgeschehen jede Kurzatmigkeit ab. Und Papst Leo steht erst ganz am Anfang seines Pontifikats. Entwicklungen kann man da noch gar nicht nachzeichnen.

Aber dennoch lässt sich jetzt schon sagen, dass der Papst aus den “beiden Amerikas” die Weichen bereits gestellt hat. Sein Wappenspruch gibt ihn wieder: “In illo uno unum”, was sich mit “In jenem Einen sind wir eins” übersetzen lässt. Mit jenem “Einen” ist Jesus Christus gemeint. Selber zu verschwinden, damit der Sohn Gottes erkannt und verherrlicht werde, wie er am Tag nach seiner Wahl bei der Messe mit den Kardinälen sagte, das hat sich Papst Leo zum Programm gemacht.

Konzentration auf Jesus Christus in den Ansprachen und Predigten

Es vergeht kaum eine Ansprache, in der er nicht die Zentralität Jesu Christi des Erlösers herausstellt. “Nur Jesus kommt, um uns zu retten, niemand sonst”, sagte er am 25. August vor französischen Ministranten. “Denn nur Er hat die Macht dazu – Er ist der allmächtige Gott selbst – und weil Er uns liebt. Der heilige Petrus hat es deutlich gesagt: ‘Es gibt keinen anderen Namen unter dem Himmel, der den Menschen gegeben ist, durch den wir gerettet werden sollen’. Vergesst diese Worte niemals, liebe Freunde, prägt sie euch ins Herz ein und stellt Jesus in den Mittelpunkt eures Lebens.”

Die Konzentration auf Jesus Christus in den Ansprachen und Predigten von Papst Leo hat eine doppelte Zielsetzung. Zum einen nach außen: Als er bei der Abschlussmesse des Jubiläums der Jugend den kommenden Weltjugendtag für August 2027 in Südkoreas Hauptstadt Seoul ankündigte, der unter dem Motto “Habt Mut. Ich habe die Welt besiegt” stehen wird, spielte er auf die zerrissene Welt an, die Friede und Hoffnung braucht. “In Gemeinschaft mit Christus sind wir den jungen Menschen, die unter den schlimmsten Übeln leiden, die andere Menschen ihnen zufügen, näher denn je”, rief er den Jugendlichen zu und machte ihnen Mut:

“Ihr seid das Zeichen dafür, dass eine andere Welt möglich ist, eine Welt der Brüderlichkeit und Freundschaft, in der Konflikte nicht mit Waffen, sondern mit dem Dialog gelöst werden. Ja, mit Christus ist das möglich. Mit seiner Liebe, mit seiner Vergebung, mit der Kraft seines Geistes.” Papst Leo will, dass die Welt Jesus Christus erkennt und in ihm zu einem neuen Frieden findet.

Und zum anderen spricht Papst Leo nach innen, in die Kirche hinein, indem er jeden Einzelnen bittet, sich ganz in die Nachfolge Jesu Christi zu begeben.

“Liebe junge Menschen, unsere Hoffnung ist Jesus”, sagte er ebenfalls beim Jubiläum der Jugend. “Er ist es, der, wie der heilige Johannes Paul II. sagte, in euch etwas entfacht: ‘die Sehnsucht, aus eurem Leben etwas Großes zu machen, euch selbst und die Gesellschaft besser zu machen, damit sie menschlicher und geschwisterlicher werde’. Bleiben wir mit ihm vereint, bleiben wir immer in seiner Freundschaft, indem wir sie durch Gebet, eucharistische Anbetung, Kommunion, häufige Beichte und großherzige Nächstenliebe pflegen.”

Er zeigt auf den, der eine neue Einheit stiften kann

Nun möchte man sagen, dass es doch etwas völlig Normales ist, wenn ein Papst wie jeder Geistliche Jesus Christus in den Mittelpunkt seiner Verkündigung stellt. Und spricht nicht die ganze Kirche an erster Stelle immer vom auferstandenen Herrn, in Wort und Schrift, in der Glaubensunterweisung wie in der Liturgie oder ihrem sakralen Bildprogramm? Ja und nein.

Man kann Jesus Christus im Munde führen, ohne aber wirklich zu glauben, dass er in der Kirche lebt und wirkt. Man kann feierliche Gottesdienste organisieren, ohne daran zu denken, dass er in der Eucharistie real gegenwärtig ist. Man kann das „Prinzip Hoffnung“ beschwören, ohne zu bekennen, dass der Auferstandene die einzige Hoffnung des Menschen ist. Und man kann über die Kirche reden und auch streiten, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, dass diese der mystische Leib Jesu Christi ist.

Vom ersten Augenblick seiner Amtszeit an verweist Papst Leo konsequent auf den am Kreuz erhöhten und auferstandenen Herrn. Dass es in der Kirche – und auch unter Bischöfen –, unterschiedliche Lager, Richtungsstreit und Spaltungen gibt, weiß jeder, der auch nur halbwegs Nachrichten über Kirche zur Kenntnis nimmt. Und seit dem Abend seines ersten Auftritts zeigt Papst Leo auf den, der eine neue Einheit stiften kann:

“Wir sind Jünger Christi. Christus geht uns voran. Die Welt braucht sein Licht. Die Menschheit braucht ihn als Brücke, um von Gott und seiner Liebe erreicht zu werden”, sagte er am Abend nach seiner Wahl auf der Loggia des Petersdoms. Und das hat er bis jetzt immer wieder durchdekliniert. Vor überschaubaren Gruppen wie den französischen Ministranten wie vor der Millionenmenge beim Jubiläum der Jugend.

Leo XIV. tut das auf eine sehr gewinnende Art. Gesund und sportlich wie er ist, nehmen ihn die Gläubigen wie die Medien als einen “jungen Papst” wahr, auch wenn er heute 70 wird. So wie es aussieht, verbleiben ihm noch viele Jahre, um die einende Kraft eines lebendigen Christus-Glaubens weiter zu entfalten. Bisher waren die ersten Schritte von Papst Leo weder von kritischen Stimmen begleitet, noch brauen sich Horte des Widerspruchs zusammen (was bei Benedikt XVI. und Franziskus ganz anders war). Auf seinem Weg zum Wesenskern der Kirche scheint er alle mitzunehmen. Hoffen wir, dass das so bleibt.

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