Das Wunder von Hörstein
Seit 400 Jahren veranstaltet ein Dorf in Franken eine dem heiligen Bernhard von Clairvaux gewidmete Pestprozession. Auch heute wird die Tradition lebendig gehalten
Quelle
Vereinsring Hörstein
Bernhard von Clairvaux
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11.08.2025
Meldung
Welche Auswirkungen die Pestepidemien im Mittelalter und in der frühen Neuzeit auf die Menschen hatten, galt lange Zeit als schwer vorstellbar. Doch während der Covid-Pandemie ist der Schrecken, den eine hochansteckende und für viele tödlich verlaufende Infektion mit einem unbekannten Virus verbreiten kann, neu erfahrbar geworden. In Hörstein, einem kleinen Ort in Unterfranken, erinnern die Menschen sich jedes Jahr an die Zeit der Pest.
Grund für dieses Gedenken ist das Pestgelübde, das die Gemeinde auf Initiative ihres damaligen Pfarrers ablegte, nachdem innerhalb weniger Tage 400 Menschen – die Hälfte der Bewohner des Ortes – an der Seuche gestorben waren. In ihrer Not baten die Hörsteiner den heiligen Bernhard von Clairvaux um Fürsprache. Warum sie gerade ihn und nicht einen der klassischen Pestheiligen wie etwa Sebastian anriefen, mag mit der theologischen Kompetenz des Gemeindepriesters zu tun haben. Denn er hatte die grassierenden Glaubenszweifel seiner Gemeindemitglieder sensibel wahrgenommen und auch die Ursache für die immer schwächer werdende religiöse Bindung ausgemacht: die fehlende Beziehung zu Jesus Christus. In dieser Hinsicht aber war Bernhard von Clairvaux, dem in einer Christusvision die umarmende Liebe Gottes geschenkt wurde, der beste Lehrmeister für eine notwendige Umkehr seiner Gemeinde. Denn in den Predigten des Zisterziensers ging es immer wieder neu um die Nähe zu Jesus Christus, das Hineinwachsen in den Lebensraum Seiner Liebe. Und der Plan des Priesters ging auf. Nachdem die Gemeinde den heiligen Bernhard um seine Fürsprache angefleht hatte, gab es keine weiteren Todesfälle.
Heiligenkreuzer Abt Heim kommt zum Jubiläum
Zum Dank feiern die Hörsteiner seitdem in jedem Jahr am Festtag des Heiligen, dem 20. August, eine heilige Messe mit anschließender Prozession, bei der sie das Allerheiligste durch Hörstein tragen. Was dieses Gelübde den Bewohnern des Ortes bedeutet, erläutert Dominik Schaack (31), Hörsteiner und Religionspädagoge:
“Für mich bedeutet diese Tradition das Bewusstsein für den Glauben und die Ortsgeschichte. Man muss sich bewusst machen, ohne das Pestwunder würde es alle Menschen, die hier zusammen leben, nicht geben! Es prägt die Identität, ja die DNA des Ortes. Mich fasziniert, dass es über die 4 Jahrhunderte nicht vergessen wurde und bis heute gelebt und praktiziert wird.” Schaack hat maßgeblich dazu beigetragen, die Tradition in unserer Zeit lebendig zu halten und wird darin von den alten Menschen vor Ort unterstützt. Hella Jökel (85) ist Hörsteinerin und hat von Kindesbeinen an nur gute Erinnerungen an die Bernhardusprozessionen. “Es ist nicht nur eine Tradition, den Leuten war es immer auch bewusst, dass mit der Prozession das Versprechen der Vorfahren eingelöst wird und es damals (1625) im wahrsten Sinne des Wortes um Leben und Tod ging.”
Keine Frage, dass das Jubiläum des Gelübdes und der Prozession besonders begangen werden sollen. Die Gemeinde hat deshalb Abt Maximilian Heim, einen gebürtigen Franken und Abt des Zisterzienserklosters Heiligenkreuz, eingeladen, der gerne zugesagt hat, dieses besondere Jubiläum gemeinsam mit den Hörsteinern zu feiern. Mit Heiligenkreuz sind die Hörsteiner durch ihre kommunale Partnerschaft mit der Gemeinde Pfaffenstätten in Österreich, die vom Zisterzienserkloster seelsorglich betreut wird, schon länger verbunden.
Frank Mathiowetz ist seit 2018 Pfarrer der Pfarrgemeinde Hörstein, freut sich besonders über den Besuch von Abt Maximilian und die gemeinsame Feier des großen Jubiläums: “Es ist eine wunderbare Tradition der Lebendigkeit des Glaubens, welche wir jedes Jahr aufs Neue in Hörstein erneuern dürfen. Es stärkt und erinnert uns auch in den heutigen Bedrängnissen und Nöten, die es ja zu allen Zeiten vielfältig gibt, Zuflucht beim Herrn zu suchen und zu finden.” Bei der 400-Jahrfeier werden die Hörsteiner und ihre Gäste genau dies wieder tun und so das Glaubenszeugnis ihrer Vorfahren wirkmächtig bekräftigen.
(DT/bst)
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