Gedenkttag: “Licht der Zerstörung” und “Licht der Verklärung”

Zum 80. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf Hiroshima hat der Erzbischof von Chicago, Kardinal Blase Cupich, in einer Gedenkmesse die Geschehnisse von 1945 als Mahnung an die Menschheit gewürdigt. Die Feier fand am Fest der Verklärung des Herrn statt – ein bewusster Kontrast zwischen zwei Lichtmomenten der Geschichte

Quelle
Wir leben mit der Atombombe | Die Tagespost
Jahrestag von Hiroshima: Papst mahnt zu Frieden – Vatican News
Appell für Frieden und gegen Wettrüstung: Papst Franziskus in Hiroshima und Nagasaki

Hiroshima und Nagasaki

“Auf dem Berg Tabor hat das Licht unsere Berufung offenbart, in der ewigen Herrlichkeit des Vaters als seine Söhne und Töchter zu leben; in Hiroshima hat das Licht Zerstörung, Dunkelheit und unvorstellbaren Tod gebracht.” Mit diesen Worten begann Kardinal Blase Cupich am Mittwoch seine Predigt in Hiroshima. Anlass war die Feier der Verklärung des Herrn am 6. August, die in diesem Jahr mit dem 80. Jahrestag des Atombombenabwurfs auf die japanische Stadt zusammenfiel.

Im Zentrum der Messe stand der Kontrast zwischen zwei Erfahrungen des Lichts: “Auf dem Tabor”, so Cupich, “zeigte sich Jesus den Jüngern als Herr der Geschichte, und der Vater sprach aus dem Himmel: ‘Das ist mein geliebter Sohn … hört auf ihn.’ Doch hier, vor achtzig Jahren, kam ein anderes Licht vom Himmel – ein Licht der Zerstörung, das die Welt in ein verheerendes Schweigen stürzte.” Dieser Gegensatz, betonte der Kardinal, fordere die Menschheit heraus, sich der Realität zu stellen: “Wenn wir die Vision vom Tabor ignorieren und Gottes Ruf zur geschwisterlichen Liebe überhören, bereiten wir dem Hass und der Verwüstung den Weg.”

Drei moralische Imperative

Cupich erinnerte in seiner Predigt auch an den Besuch von Papst Franziskus in Hiroshima im Jahr 2019. Der Papst habe damals drei “moralische Imperative” für die Zukunft der Menschheit genannt: erinnern, gemeinsam gehen und schützen. “Erinnern bedeutet”, so Cupich, “dass Hiroshima nicht in Vergessenheit geraten darf. Es bedeutet, die Erinnerung an die Hibakusha, die Überlebenden der Katastrophe, zu bewahren – jene Menschen, die mit ihrem Zeugnis seit Jahrzehnten rufen: nie wieder.”

Doch Erinnerung allein reiche nicht aus. Cupich rief dazu auf, das Leid in eine größere heilsgeschichtliche Perspektive einzuordnen: “Wie Jesus, der auf dem Berg mit Mose und Elija spricht, sind wir eingeladen, unsere Dramen in den Heilsplan Gottes einzubinden – einen Plan, der alle Völker und Sprachen in sich vereint.”

Gemeinsamer Weg

Ein weiteres zentrales Thema der Predigt war der gemeinsame Weg. Die christliche Antwort auf die Geschichte von Hiroshima bestehe darin, “Reaktionsketten des Friedens und der Versöhnung” zu schaffen. Der Kardinal rief dazu auf, Nationalismen und Rivalitäten hinter sich zu lassen und stattdessen Geschichten anderer anzuhören und gemeinsam Räume zu schaffen, in denen niemand ausgeschlossen wird. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf die synodalen Prozesse innerhalb der Kirche: “Unsere synodale Erfahrung zeigt der Welt einen konkreten Weg: lernen, einander zuzuhören, im Dialog zu stehen und sich gegenseitig zu achten. Das ist der Weg zum Frieden – und zugleich zur inneren Befreiung.”

Zum Abschluss seiner Predigt sprach Kardinal Cupich über den dritten Imperativ: schützen. In einer Welt, die Papst Franziskus als von einem “stückweise geführten Weltkrieg” geprägt beschreibt, gebe es keine Sicherheit für jemanden, solange der Frieden irgendwo auf der Erde fehle. Die biblische Szene, in der die Jünger auf dem Berg von einer Wolke umhüllt werden, nahm der Kardinal als Symbol für göttlichen Schutz.

Mit einem eindringlichen Appell schloss der Erzbischof von Chicago seine Ansprache: “Vor achtzig Jahren erlebte die Welt den erschreckenden Missbrauch menschlicher Erfindungskraft im Dienst der Zerstörung. Heute, hier in Hiroshima, sind wir aufgerufen, diese Fähigkeit zum Schutz und zur Gestaltung von Friedenswegen zu nutzen. Dieses Fest der Verklärung hat sich vor achtzig Jahren für immer verändert. Mögen wir fest darin bleiben, der Welt zu erzählen, warum.”

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