Gössl und Thierse verteidigen Kirche gegen SPD-Kritik

Dass Kirchenvertreter von der Wahl der Juristin Brosius-Gersdorf ans Bundesverfassungsgericht abrieten, kritisierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Miersch. Der Bamberger Erzbischof bekräftigte nun seine Position

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15.07.2025

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Nach der geplatzten Wahl der von den Sozialdemokraten nominierten Juristin Frauke Brosius-Gersdorf ans Bundesverfassungsgericht hatte es aus den Reihen der SPD Kritik an den Wortmeldungen von katholischen Bischöfen und anderen Kirchenvertretern in der Debatte gegeben. Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl hat nun die Positionierung der Kirche verteidigt. In einem am Montag auf der Plattform “Instagram” verbreiteten Beitrag des Erzbistums heißt es, der Erzbischof sehe es als seine Aufgabe und als Aufgabe der Kirche an, “in gesellschaftlichen und politischen Themen aus christlicher Sicht Stellung zu beziehen”.

Dies gelte insbesondere, wenn ethische und moralische Fragen berührt seien. Der Schutz des ungeborenen Lebens sei für Erzbischof Gössl ein zentrales Thema. Dabei geht es ihm nicht um Personen, sondern um Sachfragen. Wörltich erklärt Gössl in dem Post: “Wenn ein nach Entwicklungsstufe und Lebensfähigkeit des Menschen abgestuftes Lebensschutzkonzept vertreten und damit das Lebensrecht ungeborener Kinder infrage gestellt wird, bedeutet dies einen verfassungsrechtlichen Paradigmenwechsel.”

Gössl spricht von “innenpolitischem Skandal”

Die 54-Jährige Juristin Brosius-Gersdorf steht insbesondere aufgrund ihrer Haltung zum Schutz ungeborenen Lebens und zur im Ersten Artikel des Grundgesetzes festgeschriebenen Menschwürde in der Kritik. Die Jura-Professorin vertrat in einer Festschrift für den emeritierten Würzburger Rechtsphilosophen Horst Dreier den Standpunkt, “die Annahme, dass die Menschenwürde überall gelte, wo menschliches Leben existiert”, sei “ein biologistisch-naturalistischer Fehlschluss”.

Gössl habe in seiner Predigt am Sonntag, als er die Haltung von Brosius-Gersdorf zum Lebensrecht ungeborener Kinder einen “innenpolitischen Skandal” nannte, darauf hingewiesen, dass ein solcher Paradigmenwechsel auch Auswirkungen auf die Schutzwürdigkeit menschlichen Lebens in anderen Lebenssituationen hätte. “Das Lebensrecht und die Menschenwürde zu schützen, sieht Gössl als wichtige Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts”, so das Erzbistum Bamberg.

Der von Gössl identifizierte “innenpolitische Skandal” sei bereits durch die kontroverse öffentliche Debatte und die Ereignisse im Bundestag entstanden. Dazu habe Gössl aus kirchlicher Sicht Stellung bezogen. “Er ruft zum Dialog und zur inhaltlichen Auseinandersetzung auf. Er bedauert, wenn seine Aussagen verkürzt wiedergegeben und missverstanden und damit Personen oder das Ansehen des Verfassungsgerichts beschädigt werden”, so das Erzbistum Bamberg auf seinem “Instagram”-Kanal.

Miersch: Bischöfe beteiligen sich an Hetze

Zuvor hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch im Gespräch mit der “Süddeutschen Zeitung” behauptet, Brosius-Gersdorf sei Opfer einer “Schmutzkampagne, wie wir sie selten erlebt haben”. Ihre Stellungnahmen zum Thema Abtreibung seien verkürzt dargestellt worden. Zudem wies Miersch die Kritik des Bamberger Erzbischofs Gössl deutlich zurück: Von einem “innenpolitischen Skandal” zu sprechen, sei eine “unglaubliche Aussage” gegenüber einer “anerkannten Juristin”, betonte der SPD-Politiker. Er sei “sehr empört”, so Miersch weiter, “wie sich prominente Bischöfe und Kardinäle in diese Sache eingeschaltet haben”. Kirche könne zwar durchaus politisch sein. “Sich aber an dieser Hetze zu beteiligen, ist unchristlich.”

Mierschs Parteikollege, der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, verteidigte indes die katholische Kirche gegen Kritik: “Dass Vertreter der katholischen Kirche ihre grundsätzlichen Überzeugungen zum Thema Menschenwürde des ungeborenen Lebens zum Ausdruck bringen, sollte man ihr nicht übelnehmen”, so der 81-Jährige gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wenn man Stellungnahmen der Kirchen zu bestimmten Themen ausdrücklich wünsche, “sollte man sie nicht beschimpfen, wenn einem Stellungnahmen zu anderen Themen nicht gefallen”.

Gössl hatte in seiner Predigt am Sonntag erklärt, er wolle sich nicht vorstellen, “in welchen Abgrund der Intoleranz und Menschenverachtung wir gleiten, wenn die Verantwortung vor Gott immer mehr aus dem Bewusstsein der Menschen” verschwinde. Dann hätten “die Schwächeren keine Stimme mehr: nicht die Ungeborenen und die pflegebedürftigen Alten; nicht die psychisch Kranken und auch nicht die sozial Schwachen, nicht die Menschen, die sich aufgrund von Krieg und Verfolgung auf die Flucht begeben und auch nicht die Natur, die gewissenlos ausgebeutet und zerstört wird”.

DT/mlu

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