Anschlag in Damaskus: Papst kondoliert

Anschlag in Damaskus: Papst kondoliert – Kardinal befürchtet Christen-Exodus – Vatican News

Kardinal Gugerotti
Claudio Gugerotti – Wikipedia
“Kirche in Not” fordert Schutz für Christen in Syrien nach Anschlag in Damaskus
“Das war ein Angriff auf das Herz des syrischen Christentums” | Die Tagespost

An die 30 Tote nach dem Anschlag auf eine Kirche in Damaskus: Kardinal Claudio Gugerotti, Präfekt des Ostkirchen-Dikasteriums im Vatikan, spricht im Interview mit uns von einer Katastrophe für die Christen im Nahen Osten. Er mahnt, dass der Westen die Bedrohung unterschätze

Ein Selbstmordattentäter sprengte am Sonntagabend in Damaskus dutzende Gläubige in der orthodoxen Mar-Elias-Kirche in die Luft. Papst Leo XIV. kondolierte an diesem Dienstag mit einem von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin unterzeichneten Telegramm. Darin verspricht Leo sein Gebet für alle Betroffenen und drückt seine Hoffnung auf Frieden für Syrien aus.

Kardinal Claudio Gugerotti sieht in dem Attentat ein Fanal für die Christen in der Region. Was genau die Hintergründe des Anschlags und die Motive des Täters waren, sei unklar. “Die einzig sichere Tatsache ist, dass ein solches Massaker an Christen eine zehnfach höhere Abwanderung von Christen aus den Ländern des Nahen Ostens bedeutet”, so der Kardinal im Gespräch mit uns. “Wenn vorher drei Christen am Tag das Land verlassen haben, werden es jetzt 30 sein”. Dabei habe es in den vergangenen Jahren viel Überzeugungskraft gekostet, christliche Familien zur Rückkehr nach Syrien zu motivieren, diese Anstrengungen sieht der Kurienkardinal nun am Ende.

Gugerotti hält das Attentat für Ausdruck eines Umfelds ohne jede Logik. Es gebe keine humanitären Regeln mehr, keine Solidarität. Nach Ansicht des Kardinals zielte der Angriff auch deshalb auf die griechisch-orthodoxe Kirche, weil sie in Syrien die größte christliche Gemeinschaft darstellt. “In dem Viertel gibt es eine sehr starke christliche Präsenz, daher ist es sehr einfach, dort zuzuschlagen.”

Lage der Christen “wahnsinnig”

Die Lage der Christen sei insgesamt “ohnehin wahnsinnig”, betonte Gugerotti. Wer bleibe, tue dies aus “Heldentum” und “weil sie immer noch auf eine Einigung hoffen und darauf, dass das libanesische Modell weiterhin exportiert werden kann – all das gilt es zu beweisen”. Eindringlich warnte der im Vatikan für die Ostkirchen zuständige Kardinal vor einer Eskalation religiös aufgeladener Gewalt. Was im Nahen Osten geschehe, seien “die Generalproben eines Weltkriegs und eines Religionskriegs”.

Er sprach von einer tiefen Identitätsfrage: Religion sei im Nahen Osten untrennbar mit Ethnie, Clanstrukturen, politischen Bündnissen und wirtschaftlichen Interessen verknüpft. Der Westen übersehe das oft, so Gugerotti. Einen einfachen Weg zum Schutz der Christen in der Region sieht er nicht. “Der einzige Weg besteht darin, das Thema Religion und Religionsfreiheit in alle Dialog- und Verhandlungsthemen einzubeziehen. Doch dafür bedarf es Dialog und Verhandlungen, die es nicht gibt.” Allein nur das Thema Religionsfreiheit anzusprechen in einer von so vielen wilden Konflikten aufgeladenen Region wie dem Nahen Osten sei – so der Kardinal wörtlich – “wie das Ausdrücken eines Eiterherdes. Es ist keine vorrangige Frage, und unsere Christen dort wissen das nur zu gut.” Viele Christen wollten einfach nur noch weg.

Viele Christen wollen einfach nur noch weg

Am Ende des Gesprächs wandte sich der Kardinal direkt an die Angehörigen der Opfer und alle Christen in Syrien. „Ihr seid unsere Familie, das ist für uns ein Trauerfall in der Familie. Unsere Hoffnung ist, dass Gott sein Volk nicht im Stich lässt. Immer gab es eine Auferstehung – und die Auferstehung wird es geben. Wir sind euch nahe, wir sind ihr.“

Hunderte Menschen gedachten schon am Montag in der Elias-Kirche mit einem Gottesdienst der Opfer des Terroranschlags. Dem Gottesdienst in der stark verwüsteten Kirche, die notdürftig gesäubert wurde, stand der antiochenisch-orthodoxe Patriarch Johannes X. vor. Gekommen waren der syrisch-orthodoxe Patriarch Aphrem II. und der melkitische Patriarch Youssef I. Absi, um ihrer Trauer und ihrer Solidarität mit der Geschwisterkirche Ausdruck zu verleihen.

Gedenkgottesdienst am Ort des Anschlags

Patriarch Johannes rief die Gläubigen zur Standhaftigkeit im Glauben und zur Furchtlosigkeit auf. Christus werde die Menschen nicht verlassen. Zugleich appellierte der Patriarch zum Zusammenhalt in der Gesellschaft. Es dürfe den Terroristen nicht gelingen, Zwietracht zu sähen. Christen und Muslime müssten zusammenstehen. Im Anschluss an den Gottesdienst besuchten die Patriarchen die zahlreichen Verletzten in den Krankenhäusern der syrischen Hauptstadt Damaskus.

Unterdessen haben auch die Patriarchen und Kirchenoberhäupter von Jerusalem den Anschlag auf die Mar-Elias-Kirche in Damaskus in einer gemeinsamen Erklärung scharf verurteilt. Sie fordern die syrische Übergangsregierung auf, die Hintermänner rasch zu fassen und umfassende Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Religionsfreiheit aller Christen und anderer Glaubensgemeinschaften in Syrien zu ergreifen. In ihrer Mitteilung riefen sie alle Menschen guten Willens auf, weiterhin religiösen Hass und Gewalt zu verurteilen und sich für Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung einzusetzen.

Das Interview mit Kardinal Gugerotti führte Stefano Leszczynski. Der Text wurde um 14.15 Uhr durch die Meldung vom Papst-Telegramm ergänzt.

vatican news – gs, 24.

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