Gottes Wort schafft Sein

7. Literaturtagung auf Schloss Trumau – Gottes Wort schafft Sein – Über die Wirkmacht der Sprache und den Schöpfer der Welt wurde auf Schloss Trumau gesprochen

Quelle
Schloss Trumau – Wikipedia
Tagung “Zwische … – Katholisch-Theologische Fakultät – LMU München

05.06.2025

Barbara Stühlmeyer

Sieben ist in der Geschichte der Kirche eine besondere Zahl. Sie bezeichnet ein breites Spektrum sinnstiftender Erfahrungen und Wirklichkeiten. Deshalb nimmt es nicht Wunder, dass Christine Wiesmüller in ihrer Eröffnung der siebten Literaturtagung der Internationalen Theologischen Hochschule Trumau auf den Heiligen Geist und seine Gaben Bezug nahm.

Am Beginn steht die hörbare Weisheit

Denn er ist das innere Referenzsystem allen christlichen Tuns, das lebendige Licht, in dessen Aufscheinen die Wirklichkeit erkennbar wird, wie sie ist, und der zugleich dazu befähigt, die Sehnsucht nach dem ganz Anderen auf das ewige Sein hin auszurichten, eine Aufgabe, der sich Theologie, Philosophie und Literatur auf ihre je eigene Weise stellen. Die siebte ist bereits die zweite Tagung, die sich in Relation zum Johannesprolog entfaltet. “Im Anfang war das Wort”: am Beginn steht die tönende, die hörbare Weisheit, so könnte man frei und im Hinblick auf die tiefenscharfen Analysen und wegweisenden Suchberichte der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler übersetzen, die ihre Forschungsergebnisse in Trumau miteinander und den interessierten Tagungsteilnehmern teilten.

Die bemerkenswerte Leit-Erkenntnis der Tagung machte dabei den entscheidenden Unterschied zwischen Trumau und anderen Tagungen, die literarisches Wirken, philosophische Erkenntnis und theologisches Denken miteinander ins Gespräch bringen. Denn in Trumau wurde vorausgesetzt, dass bei allem dem Menschen möglichen mitschöpferischen Tun das schöpferische Wort Gottes eine gänzlich andere Qualität hat als menschliches Singen und Sagen. Denn Gottes Wort schafft Sein. Dem Menschen hingegen ist es geschenkt, mit seinen Worten ein Werden zu bewirken. Darum wählte Christine Wiesmüller, Autorin poetisch lichtvoller Erzählungen, Dramen und Initiatorin der Tagungsreihe in Trumau als Titel “‘Es werde!’ und ‘Es ist!'”.

Literatur, Philosophie und Theologie im Gespräch

Dass hier Literatur mit Philosophie und Theologie ins Gespräch gebracht wurde, ist dringend notwendig. Denn die beiden ersteren haben sich in der Wissenschaftswelt und im Leben der Kirche weithin von den Menschen entfernt. Damit ihre denkerisch luziden und wegweisenden Abstraktionen wirkmächtig werden können, müssen sie aber gerade diejenigen im Blick behalten, von denen sie ihren Ausgang genommen haben und denen sie ihren Eingang in die ewige Wirklichkeit weisen wollen.

Diese Funktion als Schnittstelle zum Menschen aber vermag Literatur zu übernehmen und genau dies wurde im Diskurs in Trumau deutlich. Wegen der inneren Intention der Tagung erwies es sich daher tatsächlich als geistgewirkt, dass entgegen der ursprünglichen Planung Inès Castillo, Direktorin der Schola Thomas Morus mit ihrem Vortrag “Worte schaffen Welten – Realität und Phantasie” den Beginn setzte. Sie zeichnete nach, wie literarische Sprache als Brücke zwischen innerer Imagination und äußerer Wirklichkeit zu dienen vermag. Dass Literatur Welten schafft, ist dabei nicht wörtlich zu nehmen, sondern vielmehr eine Form der Wahrheitssuche, die sich in spielerischer Ernsthaftigkeit zur teleologischen Weggeschichte weitet.

Sprache als Bewegung zwischen Verheißung und Scheitern

Welche Rolle das Wort dabei spielt, fokussierte die Philologin und Publizistin Gudrun Trausmuth in ihrem Vortrag: “Ach, das Wort … – Sprachspiegelungen im literarischen Raum”, in dem sie ein facettenreiches Spektrum literarischer Texte erschloss, die das Wort in seiner Funktion als Spiegel, als Echo und als den Frageraum öffnendes Medium zeigte. Das poetische Selbstgespräch der Sprache wurde dabei als Bewegung zwischen Verheißung und Scheitern erlebbar.

Der Rektor der Hochschule Trumau, Bernhard Dolna, fundierte das Tagungsthema in seinem Vortrag: “Logos–Dabar–Memra. Ohne Rede, ohne Wort – mit nicht vernommener Stimme wirkt das Wort” anhand einer Reflexion des jüdisch-christlichen Verständnisses des göttlichen Wortes und stellte in eindrucksvoller Weise dar, wie sich die hebräische, aramäische und griechische Weise des Sprechens von einer Wurzel hier in vielfarbigem Licht entfalten. Besonders betonte er die stille, aber wirkmächtige Natur des göttlichen Sprechens – ein Sprechen, das Welt hervorruft, ohne laut zu sein.

Verantwortung für die Sprache im digitalen Zeitalter

Der Nachmittag war ganz dem “Philosophicum” gewidmet, das unter dem Titel “Das Wort: ‘Wirklichkeit wirkend?'” drei philosophische Impulsreferate vereinte. Die Fragestellung lautete: Ist das Wort nur Abbild der Realität – oder wirkt es selbst Realität? Michael Wladika, Dekan des ITI und Lehrstuhlinhaber für Philosophie, eröffnete mit einer ontologischen Betrachtung: Das göttliche Wort sei der formale Grund des Seins, das menschliche Sprechen eine begrenzte, aber bedeutungsvolle Spiegelung. P. Dominicus Trojahn OCist von der Hochschule Heiligenkreuz vertiefte diesen Gedanken im Licht christlicher Mystik und betonte, dass das menschliche Wort – obwohl es nie absolut schöpferisch sei – im Geist durchdrungenes Zeugnis geben könne vom Ursprung.

Sebastian Ostritsch, Philosoph an der Universität Heidelberg und Redakteur der “Tagespost”, stellte die kritische Rückfrage: Wie lässt sich heute – im Zeitalter digitaler Zersplitterung – noch vom “wirkmächtigen Wort” sprechen und plädierte für eine Rückgewinnung der Sprachverantwortung im Diskursraum der Öffentlichkeit. Moderiert wurde das Gespräch ruhig und klug von Benjamin Leven. Die Diskussion machte deutlich: Das Wort ist nicht bloß Beschreibung, sondern Deutung und Begegnung. Es trägt, offenbart und wirkt.

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