Johannes Paul II. – Maria, Münzen und Medaillen

Wer ins polnische Częstochowa reist, will meist die Schwarze Madonna von Jasna Góra sehen. Doch auch am Rande der Stadt wartet eine Sehenswürdigkeit: ein Johannes-Paul-II.-Museum

Quelle
Kunstausstellung & Museum des Hl. Johannes Paul II. – Nationalheiligtum Unserer Lieben Frau von Tschenstochau
Tschenstochau
Polen – Wikipedia

06.04.2025

Sebastian Ostritsch

Wer Sehnsucht nach einem Lebensgefühl hat, das es so in Deutschland nicht mehr gibt – mit pünktlichen Zügen, europäischem Straßenbild und öffentlicher Ordnung –, der kann einfach nach Polen fahren und dort diese abendländischen Vorzüge genießen. Nach der Überwindung der sozialistischen Misswirtschaft scheint das Land inzwischen auch die Früchte des Kapitalismus zu ernten, was sich nicht zuletzt in glänzenden Einkaufszentren und renovierten Häuserzügen zeigt. Doch vor allem spirituell ist Polen für Katholiken eine Reise wert.

Zwar ist in den letzten Jahren empirischen Erhebungen zufolge auch hier ein Rückgang der Religiosität zu verzeichnen, aber im Vergleich zu Deutschland ist Polen weiterhin ein wahrnehmbar christliches, ja dezidiert katholisches Land. Das offenbart sich zum einen anhand der gelebten Volksfrömmigkeiten, die bei uns im Grunde nur noch in den Erinnerungsbildern der Großelterngeneration existiert. Zum anderen ist da die polnisch-katholische Vaterfigur Johannes Paul II. Der heilige Papst stand seinem Volk während des kommunistischen Jochs unverbrüchlich zur Seite und wirkte als entscheidendes geistiges Kraftfeld bei der Überwindung des linken Totalitarismus. Kein Wunder, dass er bis heute verehrt wird.

Ein besonderer Ort, an dem beides zusammenkommt, katholische Volksfrömmigkeit einerseits und das von Ehrfurcht und Dankbarkeit geprägte Gedenken an Johannes Paul II. andererseits, ist die gut 220.000 Einwohner beheimatende schlesische Stadt Częstochowa, die auf Deutsch auch Tschenstochau heißt. Wer als Katholik hierher reist, hat meistens ein Ziel vor Augen: das Paulinerkloster Jasna Góra – zu Deutsch: Klarenberg. Mit bis zu vier Millionen Besuchern ist Jasna Góra ein echter Pilgermagnet, dessen gewaltige Anziehungskraft in erster Linie von der Schwarzen Madonna von Tschenstochau ausgeht. Die Geschichte dieses wundertätigen Bildes ist alt und legendenreich. Es soll nach dem Vorbild einer Ikone gestaltet sein, die der Evangelist Lukas gemalt haben soll, und über Umwege schließlich in Polen gelandet sein.

Gleich drei Päpste haben goldene und silberne Blumen dargebracht

Der Besucher findet die Schwarze Madonna in der mit Votivgaben reich verzierten Gnadenkapelle der Heiligen Jungfrau. Erst nachdem man den langen Kirchenraum durchschritten und bis ans Chorgitter herangetreten ist, eröffnet sich ein guter Blick auf das Gnadenbild. Zwei Dinge fallen sofort auf: Die Gottesmutter und das Jesuskind, auf dem ursprünglichen Bild einfach gewandet, sind bekrönt und königlich bekleidet worden. Gold, Silber und funkelnde Edelsteine fesseln den Blick; erst nach mehrmaligem Hinschauen gelingt es, sich auf die Gesichter Jesu und seiner Mutter zu konzentrieren. Dann sind auch die Schnittwunden im Gesicht der Schwarzen Madonna nicht zu übersehen. Diese gehen auf das Jahr 1430 zurück, als das Bild bei einem Überfall reformatorischer Hussiten mit Schwerthieben traktiert wurde. Der Schaden war so groß, dass die Restauratoren es neu malen mussten – die Narben in Mariens Gesicht aber wurden als Erinnerung an die erlittene Gewalt beibehalten. Ein Zeichen dafür, dass die Gottesmutter weiß, wie es ist, von Schmerz zerrissen zu sein, und sie daher mit ihren leidgeprüften Adoptivkindern mitzufühlen vermag.

Wer den Blick wandern lässt, entdeckt auch die prominent platzierten Votivgaben rund um den Gnadenaltar. Gleich drei Päpste haben hier anlässlich eines Besuches der Schwarzen Madonna goldene und silberne Blumen dargebracht: Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus. Von Johannes Paul II. schmückt aber noch ein weiterer, ganz besonderer Gegenstand die Altarwand: sein durchschossenes und blutbeflecktes Zingulum, das vom Attentat auf sein Leben im Jahr 1981 zeugt. Das Leiden des Papstes ist hier der Gottesmutter dargebracht, damit sie – die leiderprobte Jungfrau – es wiederum ihrem Sohn zu Füßen legen möge.

Wer das Bild der Schwarzen Madonna aus der Nähe betrachtet und erlebt hat, wie die anwesenden Gläubigen andächtig beten, polnische Volkskirchenlieder singen – freilich ohne in ein Gesangsbuch blicken zu müssen – oder ehrfürchtig auf ihren Knien das Heiligtum umrunden, der wird diesen Ort nicht anders als beeindruckt verlassen können. Das dürfte selbst für jene gelten, die dieser Art der Volksfrömmigkeit mit einer Portion Befremden begegnen. Denn eines ist unbestreitbar: Von der Schwarzen Madonna geht eine Atmosphäre der Heiligkeit aus.

Votivgabe im Industriegebiet

Ganz den Rücken kehren sollte man Częstochowa nach dem Besuch von Jasna Góra aber noch nicht. Denn es existiert eine weitere Sehenswürdigkeit, die sowohl mit der Schwarzen Madonna als auch mit Johannes Paul II. zu tun hat. Wer sich mit dem Taxi an diesen Ort kutschieren lässt, den können leicht Zweifel befallen, ob er dem Fahrer auch wirklich die richtige Adresse gegeben hat. Denn man muss aus dem Stadtzentrum hinaus – an Tankstellen und Warenlagern vorbei – in ein Industriegebiet gelangen, um zum “Museum der Münzen und Medaillen zu Ehren Johannes Pauls II.” zu kommen.

Das Museum ist ein Kuriosum mit einer bewegenden Geschichte. Wunderlich ist nicht nur die Lage direkt neben “President electronics”, sondern auch der Umstand, dass man beim Betreten des Gebäudes zunächst nicht mit Johannes Paul II., sondern mit dänischen Klemmbausteinen konfrontiert wird: gewaltige “Lego”-Raumschiffe aus dem „Star Wars“-Universum und Vitrinen voller Figürchen aus den Geschichten rund um Luke Skywalker und Darth Vader stehen dort herum. Ob man nicht doch die falsche Tür erwischt hat? Nein, das sei nur Ausdruck der allerneuesten Sammelleidenschaft des Chefs und seines Enkels, erklärt Miroslaw Skowrolski. Er ist die rechte Hand von Krzysztof Witkowski, der nicht nur der Gründer des Museums, sondern auch der polnische Präsident des nebenan gelegenen, französisch-polnischen Unternehmens “President electronics” ist – womit zumindest das Rätsel der besonderen Lage des Museums gelöst wäre. Das Museum ist, so Witkowski, eine große Votivgabe an die Gottesmutter und ein Zeichen der Dankbarkeit an Johannes Paul II., der mehrfach nach Jasna Góra gepilgert ist. Witkowski ist überzeugt, dass er viele brenzlige Situationen in seinem Leben dank Marias Hilfe überstanden hat; ganz besonders dankbar ist Krzysztof Witkowski dafür, dass er sich wundersamerweise von einem Schlaganfall erholt hat.

Authentischer Ausdruck unerschütterlichen Gottvertrauens

Der Grundstock für die Sammlung bestand aus 3000 Papst Johannes Paul II. kommemorierenden Münzen und Medaillen, die 2006 im Warschauer Schloss ausgestellt waren. Witkowski beschloss, die vollständige Kollektion zu erwerben und ein Museum zu eröffnen. Zunächst aber musste er seine französischen Geschäftspartner bei “President electronics” überzeugen. Das Unternehmen verkauft vor allem CB-Radios – wie lang werde es dafür überhaupt einen Markt geben? Der heilige Papst Johannes Paul II. hingegen habe kein Auslaufdatum – die Sammlung exklusiver Münzen zu seinen Ehren sei daher eine zukunftssichere Investition. Die Argumentation verfing und das Museum eröffnete im August 2011. Die Sammlung ist inzwischen auf fast 11000 Stücke angewachsen. Der Großteil besteht weiterhin aus Münzen und Medaillen aus aller Welt, die vor allem auch die vielen Reisen von Johannes Paul II. dokumentieren; die gewaltige Anzahl von insgesamt 104 Papstreisen ins Ausland ist bis heute unerreicht.

Aber auch andersartige Objekte und sogar einige Reliquien haben ihren Weg ins Museum gefunden: Kardinal Dziwisz, über Jahrzehnte der engste Vertraute von Johannes Paul II., spendete etwa eine Kasel des Papstes; auch eine Haarlocke und ein Stückchen Verband mitsamt Blut des Papstes sind zu sehen. Letzteres Exponat entstammt der Gemelli-Klinik, als Johannes Paul II. dort nach dem Anschlag vom 13. Mai 1981 behandelt wurde. Sein Überleben schrieb der Papst bekanntlich der Gottesmutter zu – so wie eben auch Krzysztof Witkowski das seine. Wer das Museum der Münzen und Medaillen zu Ehren Johannes Pauls II. vor diesem Hintergrund auf sich wirken lässt, wird es nicht als Manifestation spleeniger Privatfrömmigkeit abtun können, sondern es als den authentischen Ausdruck eines unerschütterlichen Gottvertrauens anerkennen müssen – eines Vertrauens, das selbst durch Zeiten schwerster Prüfung und Leid zu tragen vermag.

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