Wer zu Jesus ja sagt, den führt Jesus
Predigt: 3. Sonntag im Jahreskreis
Ein Kommentar von P. Bernhard Sirch zum Sonntagsevangelium
Was der Berufene tun muss, ist: sogleich eine Antwort geben und sich ganz auf Jesus einlassen im Wissen auf die eigene Unfähigkeit.
Illschwang , kath.net, 19.01.2012
B -3. Sonntag im Jahreskreis, 1. Lesung: Jona 3, 1 – 5.10; 2. Lesung: 1 Kor 7, 29-31; Ev. Mk 1,14-20.
An den Sonntagen des Lesejahres B wird gewöhnlich das Evangelium nach Markus, dem ältesten der vier Evangelien, verkündet. Wir hörten den Anfang des Markusevangeliums bereits am 2. Adventsonntag. Ab dem heutigen Sonntag im Lesejahr B sind die Evangelien fast ausschliesslich dem Markusevangelium entnommen. Markus erzählt im heutigen Evangelium: Johannes der Täufer wurde ins Gefängnis geworfen und Jesus ging wieder zurück nach Galiläa. “Er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium” (Mk 14.15).
Jesus ging von Judäa zurück nach Galiläa, von der Hauptstadt in die Provinz. Dort verkündete er sein Evangelium, wobei man Umkehr – d.h. den bisherigen Weg aufgeben, umkehren – und den Glauben an das Evangelium nicht trennen darf. Umkehr und der Glaube an das Evangelium gehören zusammen. Das Evangelium Jesu Christi ist nicht nur eine intellektuelle Angelegenheit, das isoliert angenommen werden kann, sondern Voraussetzung für das Erfassen und das Einlassen des Evangeliums ins Herz, ist die Bereitschaft zur persönlichen Umkehr. So fordert Jesus auf: “Kehrt um, und glaubt an das Evangelium” (Mk 14.15). Wer nicht umkehren will, sein Herz nicht rein machen will, wird den Glauben an das Evangelium kaum erfassen und kaum in seinem Inneren, in seinem Denken Raum geben können. Dies gilt vor allem für alle, die das Evangelium verkünden oder lehren. Ohne tägliche Umkehr bleibt das Verkünden des Evangeliums an der Oberflächlichkeit, man kann auch sagen, ihr Verkünden ist nur Blabla: die Menschen werden nicht angerührt, der Glaube verflacht und hat keine Kraft mehr, ja er geht unter. Was Jesus über die Pharisäer und Schriftgelehrten gesagt hat, muss sich auch heute jeder Priester, jeder Verkündiger des Evangeliums zu Herzen nehmen: “Tut und befolgt also alles, was sie euch sagen, aber richtet euch nicht nach dem, was sie tun; denn sie reden nur, tun selbst aber nicht, was sie sagen” (Mt 23.3). Das Wort, die Verkündigung des Evangeliums muss mit dem Tun gedeckt sein und eine Einheit bilden.
Von Umkehr ist auch in der 1. Lesung die Rede. Der Prophet Jona wird von Gott nach Ninive gesandt und verkündete: “Noch vierzig Tage, und Ninive ist zerstört! Und die Leute von Ninive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus, und alle, Gross und Klein, zogen Bussgewänder an. Und Gott sah ihr Verhalten; er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das er angedroht hatte, und er führte die Drohung nicht aus” (Jona 3, 4.5.10). Heil kommt von Gott, wen wir “umkehren und uns von unseren bösen Taten abwenden” (Jona 3, 5). Wenn dies geschieht, dann dürfen wir erfahren: “Da reute Gott das Unheil, das er angedroht hatte, und er führte die Drohung nicht aus” (Jona 3, 10). Anstelle von Unheil kommt von Gott das Heil.
Wie geschieht diese notwendige Umkehr? Wer zu Gott umkehren will, der muss alle Mittel ergreifen, die der Umkehr zu Gott dienlich sind. “Die Leute von Ninive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus” (Jona 3, 4). Da Überlegen wir, haben wir schon einmal richtig gefastet und mit dem Fasten unseren Willen zur Um-kehr gefestigt? Viele Menschen sagen sich im Inneren: ja schauen wir einmal, meine Zeit zur Umkehr kommt schon noch. Es ist nur ein Wunsch zur Umkehr vorhanden aber kein Wille zur Umkehr. Dass jeder Mensch wünscht, besser zu werden, ist kein Verdienst des Menschen, es ist in der Natur des Menschen grundgelegt. Wesentlich ist der Wille zur Umkehr. Wer zu Gott ja sagt, muss sich klar fragen: wünsche ich nur die Umkehr oder will ich die Umkehr! Zwischen Umkehr “wünschen” und Umkehr “wollen” liegen Welten. Dieses Wortpaar: wünschen und wollen sind scheinbar ähnlich und doch grundverschieden. Dass der Mensch anders oder besser werden möchte oder wünscht, das hängt mit der unablässigen Lockung der Gewissensstimme zusammen. Dies ist gar kein Verdienst, das ist uns eingeboren. Zum anderswollen gehört, dass man alle Mittel zu Hilfe nimmt, die einem zur Verfügung stehen: etwa auch das Gebet. Die Sprache hat sehr bekannte und sehr offenbarende Wendungen: Wo ein Wille, da ist auch ein Weg. Beim Beispiel der Bewohner von Nivive können wir sehen, dass zu dem Wünschen das Wollen kam, die Tat der Umkehr: “Und die Leute von Ninive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus, und alle, Gross und Klein, zogen Bussgewänder an. Und Gott sah ihr Verhalten; er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten” (Jona 3, 5.10).
Doch wieder zurück zu Jesus. Interessant ist es, wie Jesus mit seiner Verkündigungsaufgabe umgeht. Er hätte diese Aufgabe sicherlich selber erfüllen können. Er tut es aber nicht, sondern er beruft gleich zu Beginn seiner Verkündigung: Mitarbeiter. Hier legt Jesus den Grundstein für seine künftige Jüngerschaft, für seine Kirche. Jesus und sein Jünger, Jesus und die Kirche darf man nicht trennen. Die Aufgabe der künftigen Jünger ist: zur Umkehr aufzurufen und die frohe Botschaft Gottes zu verkünden, wie Jesus es tat.
Die ersten Jünger, die Jesus beruft, haben wohl von der Frohbotschaft Jesu gehört. Jesus ging nach Galiläa zurück und verkündete das Evangelium (Mk 1,14). Die Brüder: Simon und Andreas und: Jakobus und Johannes haben wohl untereinander über Jesus gesprochen. Vielleicht sind Jesus bei seiner Verkündigung die beiden Brüderpaare schon aufgefallen.
Im Evangelium des vergangenen Sonntags (Joh 1, 35-42) erhalten wir einen Hinweis. “Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren. Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden. Messias heisst übersetzt: der Gesalbte – Christus. Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heissen. Kephas bedeutet: Fels – Petrus” (Joh 1, 40 – 42). Eine Schlüsselfigur bei den ersten Berufungen durch Jesus ist Andreas. Über Andreas erfahren wir weiter: “Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus. Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, fragte er sie: Was wollt ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heisst übersetzt: Meister -, wo wohnst du? Er antwortete: Kommt und seht! Da gingen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde” (Joh 1, 37 – 39). Andreas war also bereits bei Jesus und Jesus hat Andreas und noch einen Jünger des Johannes in seine Wohnung eingeladen.
So verwundert es nicht, wenn wir im heutigen Evangelium lesen: “Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihr Netz auswarfen; sie waren nämlich Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, folgt mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Sogleich liessen sie ihre Netze liegen und folgten ihm” (Mk 1, 16.17).
Man kann sich fragen, warum wählt Jesus die zwei Brüderpaare aus, die nur Fischer sind? In Jerusalem hätte er sicherlich fähigere Leute gefunden, die von Theologie wenigstens eine Ahnung gehabt hätten. Nicht die besondere Ausbildung ist für Jesus ausschlaggebend. Jesus macht diese einfachen Fischer zu Menschenfischern. Dies ist ein Hinweis auf eine Berufung heute. Wer zu Jesus ja sagt, den führt Jesus. Was der Berufene tun muss ist: sogleich eine Antwort geben und sich ganz auf Jesus einlassen im Wissen auf die eigene Unfähigkeit, dennoch aber die Sicherheit haben, der Herr macht die Berufenen zu Menschenfischer. Jesus beruft zwei Brüderpaare. Damals wie heute kann man feststellen, dass bisweilen aus einer Familie zwei oder mehrere Geschwister einen geistlichen Beruf ergreifen.
An der Berufungsgeschichte sieht man ferner, Jesus spricht die Menschen an. Jesus wartet nicht, bis die Jünger ihm nachlaufen, er lädt sie in seine Wohnung ein, er geht zu ihnen in ihren Lebensbereich und spricht sie an. Die Priester können sich fragen, wann habe ich das letzte Mal einen Jugendlichen angesprochen, dass er Priester werden soll? Bei der Berufung des Brüderpaares: Jakobus und Johannes wird von Jesus gesagt: “Sofort rief er sie, und sie liessen ihren Vater Zebedäus mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück und folgten Jesus nach (Mk 1, 19.20). Bei Mt 4,22 wird die gleiche Berufung von Johannes und Jakobus so wiedergegeben: “Jesus rief sie, und sogleich verliessen sie das Boot und ihren Vater und folgten Jesus”. Das “sogleich” (eutheos) wird klar auf Johannes und Jakobus bezogen.
Auch heute ist es wichtig, dass Priester, Ordensleute und Erwachsene junge Menschen ansprechen und auf den geistlichen Beruf hinweisen. Wenn der günstige Augenblick verpasst wird, dann ist die Bereitschaft, dem Ruf zu folgen, bisweilen für immer verpasst.
Auch der Gerufene kann den richtigen Augenblick verpassen. Wer sich auf Jesus, auf Gott einlässt, darf nicht 1000 Fragen stellen. Von Simon und Andreas heisst es: “Sogleich liessen sie ihre Netze liegen und folgten ihm” (Mk 1, 16.17). Bei Markus wird für “sogleich” zweimal (euthüs) verwendet. Auf dieses “sofort”, im Englischen würde man sagen: “immediately”, “umgehend”, “unverzüglich”, kommt es an.
Von Gott gerufen zu sein, bedeutet nicht, sich selbst die “Ehre” zu geben. Wer selber ein von Gott Gerufener ist und diese Berufung trotz der Schwierigkeiten gerne lebt, überlässt sich und die Schwierigkeiten total Gott; er setzt allein auf Gott seine Hoffnung. Man muss auch sehen, Jesus hat keine Engel berufen, sondern Menschen, d.h. Menschen mit Fehlern. Entscheidend ist, wie eine Gemeinde den Priester beurteilt. Sieht sie im Priester Christus oder sieht sie nur die Fehler des Priesters. Jesus hat Menschen mit Fehlern berufen; den vollkommenen Priester ohne Fehler gibt es auch bis heute nicht. In manchen Gemeinden wächst seit Jahrzehnten kein Priester-, bzw. Ordensberuf, vor allem, wenn nur über den Priester geschimpft wird und nicht um Priesterberufe gebetet wird. Die betreffende Gemeinde, bzw. die Familien müssen sich fragen, was daran Schuld ist. Viel vermag eine fromme Mutter, ein gottesfürchtiger Vater, wobei der geistliche Beruf nicht erzwungen werden kann, sondern nur erbetet werden kann: “Bittet den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden” (Mt 9,38; Lk 10,2). Dies muss die Bitte jedes einzelnen Christen sein.
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