Sollen setzt Können voraus *UPDATE

Das Asylsystem kommt an seine Grenzen. Entstandene Herausforderungen wurden von der Politik zu lange ignoriert. In dieser aufgeheizten Situation bedarf es Besonnenheit

Quelle
D: Familie der Opfer in München will keine Instrumentalisierung – Vatican News
*München: Ökumenischer Trauergottesdienst für Opfer des Attentats – Vatican News
München: Ökumenischer Trauergottesdienst für Opfer des Attentats – Vatican News

06.02.2025

Thomas Rusche

Die Flüchtlingskrise hat Deutschland an die Grenzen seiner Belastbarkeit geführt. Das Recht auf Asyl ist ein hohes Gut und im Grundgesetz verankert. Doch die praktische Umsetzung des Asylrechts steht vor Herausforderungen, die vom bundespolitischen Spitzenpersonal zu lange unterschätzt wurden. Ein zentraler Gedanke kommt hier ins Spiel: “Sollen setzt Können voraus”. Dieser Grundsatz beschreibt nicht nur eine formale Bedingung moralischen Handelns, sondern bietet eine verantwortungsethische Orientierung für die Lösung der Flüchtlingskrise.

Deutschland hat seit 2015 eine international beispiellose Willkommenskultur gezeigt. Millionen von Flüchtlingen wurden aufgenommen und mit weitreichenden Sozialleistungen versorgt. Doch die Ressourcen sind nicht endlos: überfüllte Unterkünfte, überforderte Behörden und eine wachsende Unruhe in der Bevölkerung machen deutlich, dass eine unbegrenzte Aufnahme die Möglichkeiten Deutschlands übersteigt.

Es stellt sich die Frage, wie staatliche Institutionen ihrer Verantwortung in Kommunen und Kreisen gerecht werden können, ohne dabei zu kollabieren, weil von ihnen mehr gefordert wird, als sie zu leisten vermögen. Die Spannung zwischen Sollen und Können wird durch den massenhaften Missbrauch des Asylrechts verschärft. Insbesondere eine ökonomisch motivierte Migration, die nicht den Kriterien des Asyls entspricht, untergräbt die Akzeptanz des gesamten Systems.

Ein Blick auf die Flüchtlingskrise

Eine strikte, aber faire Prüfung der Anträge ist ebenso unabdingbar wie konsequente Grenzkontrollen und Abschiebungen. Missbrauch muss verhindert und sanktioniert werden, damit die begrenzten Hilfsmöglichkeiten jenen zugutekommen, die sie wirklich benötigen. Integration ist keine Frage von Jahren, sondern von Jahrzehnten, wenn nicht Generationen. Sie erfordert umfassende Bildungs- und Arbeitsmarktstrategien, ausreichende Wohnraumangebote und vor allem gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Gerade dieser Zusammenhalt wird jedoch immer mehr durch berechtigte Ängste und politisch geschürte Vorurteile belastet. Die Bürger spüren es auf den Straßen, wenn der Staat versagt und von den Menschen vor Ort mehr abverlangt wird, als sie zu leisten vermögen. Auf diese Weise entsteht ein Überdruck, der sich nicht zuletzt in Wählerstimmen für Extremisten niederschlägt. In dieser aufgeheizten Situation bedarf es einer Besonnenheit, die sich am Grundsatz orientiert: “Sollen setzt Können voraus”.

Angesichts des Migrantenstroms erinnert Papst Franziskus daran bereits 2017 in seinem Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel: “Das Prinzip der Solidarität erfordert, dass diejenigen, die Hilfe leisten, dies im Rahmen ihrer Möglichkeiten tun. Jeder ist aufgerufen, im Rahmen seiner eigenen Kapazitäten zu handeln und Verantwortung zu übernehmen.” Damit ist auch ein jeder von uns aufgerufen, das ihm Mögliche zu tun, damit unsere Demokratie die Bewährungsprobe der Flüchtlingskrise besteht.

Der Autor lehrt Philosophie an der Uni Siegen, der WHU Vallendar, der Hochschule für Philosophie.

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