Evangelisierung hat Priorität
Der synodale Weltprozess ist zu Ende. Vielleicht schafft es die neue Papst-Enzyklika, den Kern jeder wahren Reform freizulegen
Quelle
2026 tagt der “Synodale Weg” das letzte Mal | Die Tagespost
23.10.2024
Das eigentlich Ermüdende an der nun zu Ende gehenden Bischofssynode in Rom war die völlige Abwesenheit der Frage, wie die Gestalt Jesu Christi, die Gestalt des vor 2.000 Jahren Fleisch gewordenen Wort Gottes, die noch vorhandene Glut des Glaubens in den traditionell christlichen, aber unter einem hohen Säkularisierungsdruck stehenden Regionen der Kirche wieder entfachen kann. Und wie derselbe Gottessohn, der in den Sakramenten wirkt und heilt, die jungen Ortskirchen stärken und gegen den materialistischen Kolonialismus der weltlichen Welt immun machen kann. Stattdessen werden jetzt am Wochenende einige Theologen, einige wenige Bischöfe und hier und dort auch Medienvertreter das Abschlussdokument der Synode durchforsten.
Was hat die Synode mit welcher Mehrheit zu Fragen der Frauenweihe beschlossen? Was sagt sie zur LGBT-Pastoral? Erhalten die Bischofskonferenzen oder die kontinentalen Zusammenschlüsse von Bischofskonferenzen mehr Kompetenzen in Fragen der Lehre und der kirchlichen Disziplin? Nach der zu erwartenden Ernüchterung beginnt dann das Warten auf das postsynodale Schreiben des Papstes, aus dem hervorgehen wird, welche Schlüsse Franziskus denn aus dem dreijährigen synodalen Weltprozess zu Synodalität, Teilhabe und Mission gezogen hat.
Evangelisieren statt verwalten
Nachdem sich die Synodalen vier Wochen im Schatten des Petersdom besser kennenlernen und austauschen konnten, treten sie jetzt wieder in das gleißende Licht einer von Kriegen und Krisen erschütterten Welt, in der vor allem junge Menschen danach fragen, worauf sie ihre Hoffnung setzen können. Der knappe Monat in der Synodenhalle mit ihren runden Tischen hat den Teilnehmern eine Erfahrung von Weltkirche ermöglicht, ein Schauen auf die Herausforderungen und Nöte der anderen, die die eigenen Alltagssorgen relativieren. Das gilt auch für die deutschen Bischöfe auf der Synode: Felix Genn, Bertram Meier, Georg Bätzing, Franz-Josef Overbeck und Stefan Oster haben über den eigenen Tellerrand hinausgeblickt und erfahren dürfen, dass sie mit vielen jungen Ortskirchen eines gemein haben: Sie leben in einer missionarischen Situation.
Bei einem der letzten Presse-Briefings während der Synode konnte der Ruhrbischof, der auch Vorsitzender von Adveniat ist, erleben, wie sich ein fragender Journalist aus Lateinamerika zunächst bei ihm dafür bedankt hat, was Adveniat seit Jahrzehnten für die Ortskirchen in seiner Heimat tut. Aber jetzt muss die Kirche in deutschen Landen ihre aus den Zeiten einer florierenden Volkskirche und eines üppigen Verbands- und Vereinswesens stammenden Strukturen zurückbauen und den Kirchenapparat an eine Lage anpassen, die in vielem der in den jüngeren Regionen der Weltkirche gleicht: evangelisieren statt verwalten; Stichwort Priestermangel; Laien, die sich nicht mehr als passive Kulturchristen verstehen, sondern Verantwortung übernehmen; Katechese und Dienst am Nächsten.
Synode stößt zum Wesentlichen vor
Morgen wird im Vatikan die vierte Enzyklika von Franziskus vorgestellt. Sie wird “die menschliche und göttliche Liebe des Herzens Jesu Christi” behandeln. Dieses neue Schreiben über die Herz-Jesu-Verehrung soll, wie der Papst bereits bei einer Generalaudienz im Juni angekündigt hat, helfen, über die Aspekte “der Liebe des Herrn nachzudenken, die den Weg der kirchlichen Erneuerung erhellen können; aber auch, dass Er einer Welt, die ihr Herz verloren zu haben scheint, etwas Wichtiges sagen möge”. Mit diesem Text scheint die römische Synode auf den letzten Metern doch noch zum Wesentlichen vorzustoßen, was das Fundament jeder Synodalität, jedes Kirche-Seins darstellt. Wahre Reform bedeutet immer, Überflüssiges abzuschaffen und wieder zum Kern des christlichen Ereignisses vorzustoßen.
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