Medienoffensive – Russische Propaganda in Afrika

Russland verstärkt seine Einflussnahme auf afrikanische Medien, um die Akzeptanz für seine Tätigkeiten auf dem Kontinent zu erhöhen. Die EU versucht gegenzusteuern

Quelle
Lomonossow-Universität Moskau – Wikipedia
Stalins “Sieben Schwestern”: Das Hauptgebäude der Lomonossow-Universität von der Größe einer Stadt – Russia Beyond DE (rbth.com)

05.08.2024

Veronika Wetzel

Russland stellt seine Machtausdehnung in Afrika auf neue ideologische Beine: Seit Beginn des Angriffskriegs auf die Ukraine hat Russland eine Medienoffensive auf dem Kontinent gestartet. Seit 2022 bildet die Föderation verstärkt afrikanische Journalisten an russischen Institutionen aus. Zuletzt veranstaltete der russisch-afrikanische Klub der staatlichen Lomonossow-Universität in Moskau einen internationalen Medienwettbewerb mit dem Schwerpunktthema “Große Persönlichkeiten in der Geschichte der sowjetisch-russisch-afrikanischen Beziehungen”. Die Veranstaltung diene dem “tiefen Verständnis der historischen russisch-afrikanischen Beziehungen in allen Schlüsselbereichen”, schreibt die nigerianische Zeitung “Opinion Nigeria”. “Die immensen Beiträge der Sowjetunion zum Befreiungskampf Afrikas und die endgültige Erlangung von Staatlichkeit, politischer Unabhängigkeit und Souveränität waren historische symbolische Leistungen”, so die Zeitung.

Der Russisch-Afrikanische Klub wurde im Sommer 2022 an der Lomonossow-Universität gegründet und steht unter der Leitung des Rektors der Universität. Die Aktivitäten des Klubs zielen auf die “Stärkung der freundschaftlichen Beziehungen und der umfassenden Bindungen zwischen afrikanischen Ländern und Russland” ab. Dieselbe Universität richtete Ende April das “Zweite Internationale Journalistenforum Russlands und Afrikas” aus, um die “Entwicklung einer Informationsstrategie zur Stärkung der Beziehungen” zwischen den beiden Regionen zu besprechen. Das Forum markierte den Jahrestag des “Memorandums zur Informationszusammenarbeit” zwischen Russland und afrikanischen Staaten, das vergangenes Jahr beschlossen wurde. Neben dem Russisch-Afrikanischen Klub zählte unter anderem das Partnerschaftsforum Russland-Afrika des russischen Außenministeriums zu den Veranstaltern. An dem Forum nahmen laut der russischen Nachrichtenagentur “African Initiative 2023” Vertreter aus 32 Ländern teil. Ziel der Veranstaltung war es, für die bevorstehende russisch-afrikanische Ministerkonferenz, die im November in der Stadt Sotschi stattfinden wird, “eine solide Informationsgrundlage” zu schaffen, wie der Leiter des Sekretariats des Partnerschaftsforums Russland-Afrika, Oleg Ozerov, betonte.

Negative Stereotype überwinden

Auch Außenminister Sergej Lawrow richtete sich mit einer Botschaft an die Teilnehmer des Forums: “Eines der Ziele ist es, endlich die negativen Stereotype zu überwinden, die vom Westen auferlegt wurden. Man kann die Rolle der Medien, vor allem der Nachrichtenagenturen, bei der weiteren Stärkung von Freundschaft, Vertrauen und Verständnis gar nicht hoch genug einschätzen”, unterstrich er.

Die ersten Grundsteine für die russisch-afrikanische Informationsstrategie wurden auch schon gelegt: So gründete sich beispielsweise die russische Nachrichtenagentur “African Initiative 2023”, die die Leser “über die vielen Möglichkeiten für Russland in Afrika”, sowie das “neokoloniale Erbe”, mit dem die afrikanischen Länder seit Jahrzehnten zu kämpfen hätten, informieren möchte. Um ein möglichst breites Publikum zu erreichen, sind die Nachrichten auf Russisch, Englisch, Arabisch und Französisch verfügbar. Der stellvertretende Chefredakteur der Afrika-Initiative, Maxim Reva, berichtete bei dem Forum über die Arbeit der drei Korrespondentenbüros der Nachrichtenagentur, die bereits in Mali, Niger und Burkina Faso eingerichtet wurden.

Russland weitet Sendeangebot in Afrika aus

Neben der Ausbildung von afrikanischen Journalisten weitet Russland auch sein eigenes Sendeangebot auf dem Kontinent aus: Nachdem der russische staatlich kontrollierte internationale Nachrichtensender RT nach dem Angriff auf die Ukraine in sämtlichen westlichen Ländern gesperrt worden war, kündigte RT an, ein englischsprachiges Büro in Afrika zu eröffnen. Ursprünglich wollte RT sein afrikanisches Büro in Nairobi, Kenia, einrichten. Nun soll RT jedoch stattdessen nach Südafrika umgezogen sein, wie das südafrikanische Medienhaus News24 berichtete. Sputnik, ein weiterer staatlich finanzierter russischer Sender, der dafür bekannt ist, die Linie des Kremls wiederzugeben, startete im selben Jahr die französischsprachige Plattform “Sputnik Afrique”.

Wichtiger als der Aufbau eigener Sendeanstalten auf dem Kontinent ist für Russland aber, die Hand auf afrikanischen Medienhäusern zu haben, um die Akzeptanz für die russischen Vorhaben auf dem Kontinent zu erhöhen. Ein wichtiges Sprachrohr für den Kreml ist hierbei beispielsweise der französischsprachige Fernsehsender “Afrique Média” mit Sitz in Kamerun. Der Sender zählt laut dem “Reuters Institute for the Study of Journalism” zu den einflussreichsten frankophonen Nachrichtenquellen in der Region und sei gleichzeitig einer, der am stärksten mit Kreml-Propaganda durchsetzt sei. Ende 2022 kündigte “Afrique Média” eine Partnerschaft mit RT an, um “irreführende westliche Propaganda” zu bekämpfen. Ein Vertreter des Senders begründete die Partnerschaft damit, dass “Afrika und Russland gemeinsame Feinde haben”. Die pro-russische Berichterstattung soll sich insbesondere die ehemalige Wagnergruppe, jetzt Afrika-Korps, nach Recherchen der französischen Tageszeitung “Le Monde” auch einiges haben kosten lassen: So habe Wagner den Radiosender “Lengo Songo” in der Zentralafrikanischen Republik ab Dezember 2018 unterstützt, ebenso soll die zentralafrikanische Nachrichten-Webseite “Ndjoni Sango” im April und Mai 2021 rund 3 900 US-Dollar von der Söldner-Gruppe erhalten haben. Nach dem Militärputsch in Mali habe Wagner außerdem Journalisten bestochen, um eine pro-russische Berichterstattung zu fördern.

Neben der Einflussnahme auf herkömmliche Medien bezahlt Russland afrikanische Influencer für Desinformationskampagnen, wie das “Africa Center for Strategic Studies”, eine Einrichtung des US-Verteidigungsministeriums, berichtet. Seit 2022 habe sich die Verbreitung von Falschnachrichten durch Russland vervierfacht. Das Land habe 80 dokumentierte Kampagnen gesponsert, die sich gegen mehr als 22 afrikanische Länder gerichtet hätten. Ursprünglich sei die Wagner-Gruppe das wichtigste Instrument des Kremls für die Verbreitung von Desinformationen in Afrika gewesen – mit direkten Verbindungen zu etwa der Hälfte aller Kampagnen mit russischer Beteiligung auf dem Kontinent. Nach dem Tod des Wagner-Gründers Jewgeni Prigoschin im vergangenen Jahr würden die russischen Desinformationsoperationen vom russischen Afrika-Korps und der “Afrika-Initiative 2023” weitergeführt, die in Verbindung mit den russischen Geheimdiensten stünden. Die “Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien” nennt als ein Beispiel für Falschnachrichten, die in Afrika kursierten, ein Video, das im September 2023 in den sozialen Medien in Niger, Nigeria und Südafrika verbreitet wurde: Es zeigte ein großes Flugzeug, das über einer staubigen Stadt landete, wobei behauptet wurde, es handele sich um ein “durchgesickertes” Video eines russischen Flugzeugs, das in Niger gelandet war und Söldner der Wagner-Gruppe an Bord habe. Eine Faktenüberprüfung ergab allerdings, dass das Video bereits 17 Jahre alt war.

Russlands Überlegenheit im Informationskrieg

Die EU versucht, der russischen Einflussnahme auf afrikanische Medien und der gezielten Verbreitung von Falschnachrichten nun entgegenzuwirken. So überprüft die von der EU finanzierte “Europäische Beobachtungsstelle für digitale Medien” gemeinsam mit der Fakten-Prüfungsorganisation “Africa Check” die russischen Darstellungen. Das Projekt hat aber einen strategischen Nachteil: “Afrika Check” verfügt nur über Büros in vier Ländern – in Südafrika, Nigeria, Kenia und dem Senegal –, Russland ist dagegen mit der Verbreitung von zusammenhangslosen, alten oder sogar gefälschten Videos und Bildern über afrikanische soziale Medien nicht nur viel schneller, sondern hat auch eine wesentlich größere Reichweite. Russland ist damit auf dem Schlachtfeld des Informationskriegs auf dem afrikanischen Kontinent weit überlegen.

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