Geistliche Kommunion
P. Bernward Deneke FSSP, Wigratzbad
Quelle/Weitere Beiträge zum Thema – Samstag, 10. Dezember 2011
KardinalWoelki: ‘Hier geht es um Leben und Tod’
Selbstverwirklichung ohne Gnade?
Vor Jahren gelangte eine Schrift in meine Hände, deren Titel mir nicht sonderlich spannend vorkam: „Die Übung der Mutter Klara Fey“. Worin sich die 1894 im Ruf der Heiligkeit verstorbene Gründerin der Schwestern vom armen Kinde Jesu geübt haben mag, das scheint dem heutigen Katholiken von eher untergeordnetem Interesse zu sein. Zu gross sind die Veränderungen in Kirche und Welt, zu tiefgreifend auch die Wandlungen auf dem Gebiet der Spiritualität, als dass wir uns in den religiösen Anmutungen und Verrichtungen einer solchen Nonne wiederfinden oder gar durch sie bereichert sehen könnten. So die verbreitete Meinung.
Dennoch las ich das Büchlein und erfuhr, zu welcher Übung Mutter Klara Fey ihre Mitschwestern anleitete: Es gelte, sich oftmals während des Tages für einige Augenblicke mit der Vorstellungskraft vor seinen Lieblingsaltar zu versetzen, um dort im Geiste den eucharistischen Leib des Herrn zu empfangen. Wenn die Schwestern dann zur Verrichtung ihrer Pflichten zurückkehrten, sollten sie alles so tun, als wären sie tatsächlich gerade von der Kommunionbank zur Arbeit gerufen worden. Klara Fey gibt zu bedenken, wie anders man doch mit den anvertrauten Menschen und Dingen umgehe, wenn man unter dem beseligenden und kraftvollen Eindruck der Gegenwart Jesu in der Seele stehe.
Wir mögen diese Übung für eine Art Phantasiespiel, für eine Weise frommer Selbstmotivation halten, die mit dem wirklichen Leben nicht viel zu tun hat und einer nüchternen theologischen Prüfung nicht standhält. Tatsächlich aber ist sie nichts anderes als eine bildhaft angereicherte Form der „geistlichen Kommunion“. Was haben wir uns darunter vorzustellen?
Das Konzil von Trient unterscheidet in seinem Eucharistiedekret aus dem Jahre 1551 drei Arten von kommunizierenden Menschen. Da sind diejenigen, die das äußere Zeichen des Sakramentes und dessen übernatürliche Wirkung empfangen, da sie im Stand der heiligmachenden Gnade zur Kommunion gehen. Sodann gibt es leider auch solche, die zwar die Gestalt der konsekrierten Hostie, nicht aber deren Gnadengehalt aufnehmen, weil sie sich in schwerer Sünde befinden. Und drittens erwähnt das Konzil Gläubige, die „durch ihren Vorsatz in lebendigem Glauben“ den Sakramentsinhalt auch ohne das äussere Zeichen, ohne die konsekrierte Brotsgestalt empfangen; sie kommunizieren nicht sacramentaliter, sondern spiritualiter, das heisst „auf geistliche Weise“.
Um das zu verstehen, müssen wir uns an folgende Wahrheit erinnern: Jesus Christus hat zwar die Sakramente als sichtbare Heilszeichen eingesetzt und uns an sie gebunden, doch er selbst ist nicht an sie gebunden. Er kann also allen Menschen, die sich ihm nicht verschließen, sondern ein gläubiges Verlangen nach dem göttlichen Leben haben, seine Gnade auch auf anderem Wege zuleiten.
Genau das geschieht bei der geistlichen Kommunion. Deshalb empfiehlt die heilige Theresia von Avila (1515-82) in ihrem Weg der Vollkommenheit: „Wenn ihr nicht kommuniziert und an der Messe teilnehmt, so kommuniziert geistlich. Diese Übung birgt viele Vorteile… Dadurch wird in euch viel von der Liebe unseres Herrn eingeprägt”.
Besonderes Gewicht erhält die geistliche Kommunion dort, wo jemand nicht selbst zur Heiligen Messe gehen, sondern sich ihr nur innerlich anschließen kann. Ebenso ist sie eine Möglichkeit für diejenigen, die nach einer schweren Sünde noch nicht gebeichtet haben, aber bereits bereuen und Sehnsucht nach dem eucharistischen Herrn verspüren. Hier zeigt sich die Aktualität des Themas: Anstatt, wie es fast überall geschieht, unterschiedslos alle Anwesenden zum Empfang des Sakramentes einzuladen, sollte in unseren Kirchen wieder mehr auf die geistliche Kommunion hingewiesen werden!
Prominentes Beispiel für deren Wirksamkeit ist der heilige Niklaus von Flüe (1417-84). Es ist allgemein bekannt, dass er von einem bestimmten Tag an keine Nahrung mehr zu sich nehmen konnte, da er allein von der Eucharistie lebte. Weniger bekannt aber ist die Tatsache, dass Niklaus keineswegs täglich das heilige Sakrament empfing, sondern zumeist nur geistlich kommunizierte. Seinem Beichtvater berichtete er selbst, „wenn er bei der Messe sei und der Priester das Sakrament genieße, dann empfange er davon eine Stärkung, so dass er ohne Essen und Trinken sein möge; sonst möchte er das nicht erleiden“.
Diese außergewöhnliche Wirkung soll uns sicher nicht auf den Gedanken bringen, ähnliches auch für uns zu erstreben. Doch will uns Gott damit wohl die Macht zeigen, die in der geistlichen Kommunion liegt, und uns auffordern, „durch Vorsatz und lebendigen Glauben“, in der Kraft innigen Verlangens, uns oft mit Jesus zu vereinigen. Das ist nicht nur während der Heiligen Messe, sondern auch im alltäglichen Leben möglich. Und warum sollte es nicht auf die Weise geschehen, die Mutter Klara Fey so anschaulich beschrieben hat?
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