Leihmutterschaft

Leihmutterschaft: Internationale Solidarität gefragt

Schöpfung Augst 2014Quelle

Katholische Frauenbewegung Österreichs für weltweites Verbot kommerzialisierter Leihmutterschaft

Wien, 7.3.2016, PA

Eine globale Perspektive auf das Thema  „Leihmutterschaft“ und internationale Solidarität im Kampf gegen die expandierenden Geschäfte damit  fordert die Katholische Frauenbewegung Österreichs anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März: „Als älteste entwicklungspolitische Frauenorganisation Österreichs haben wir unseren Blick auf Partnerinnenorganisationen etwa in Indien gerichtet, von wo uns alarmierende Nachrichten über die Ausbreitung kommerzieller Leihmutterschaft erreichen, aber auch Informationen über den wachsenden Widerstand dagegen“, so Veronika Pernsteiner, Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs. Die Katholische Frauenbewegung ruft daher dazu auf, weltweit Bemühungen auf allen entscheidenden Ebenen zu bündeln, um ein globales Verbot der kommerziellen Leihmutterschaft zu erwirken: „Wie insbesondere die Situation in Indien zeigt, verstösst geschäftsmässig betriebene Leihmutterschaft nicht nur gegen die Kinderrechtskonvention, sondern vor allem gegen die Menschenwürde von Frauen: Frauen werden Opfer ökonomischer Vorgänge, die in erster Linie der Medizinindustrie Gewinne bescheren und sich dabei das Gefälle zwischen Armen und Reichen dieser Welt zunutze machen.“

In mehr als 3000 Kliniken werden derzeit von indischen Frauen Kinder vornehmlich ausländischer Paare ausgetragen, der jährliche Umsatz dieser Kliniken liegt nach Schätzung der indischen Nichtregierungsorganisation CSR (Center for Social Research) bei insgesamt knapp zwei Milliarden Euro. Die Leihmutter erhält zwischen 10 und 30 Prozent der Summe, die ein Paar für ein Kind bezahlt  – in Indien sind das zwischen 5.000 und 10.000 Dollar -, sofern es keine Komplikationen gibt und ein gesundes Kind geboren wird. „Die indische Fertilitätsindustrie ist ein integraler Bestandteil des expandierenden medizinischen Marktes sowie der medizinischen Tourismusbranche“, berichtet Jennifer Liang aus dem Netzwerk der kfbö-Projektpartnerinnen in Indien. „In 90 Prozent aller Fälle handelt es sich bei den Leihmüttern um arme, sozial stigmatisierte oder anderweitig marginalisierte Frauen“, so Netzwerkpartner Bappaditya Mukherjee, Leiter eines Unterstützungs-Programmes für ausgegrenzte Jugendliche in Kalkutta, „sie rekrutieren sich fast ausschliesslich aus den grossen Städten, wo die Kliniken angesiedelt sind“.

Leihmutterschaft: Kein Instrument der Armutsbekämpfung

In der Werbemaschinerie der Baby-Agenturen und –Klinken kommen sie kaum vor. Sie sichtbar zu machen ist ein Anliegen von SAMA, einer in Delhi ansässigen Frauengesundheitsorganisation, die sich den Kampf gegen „die Kommerzialisierung und zügellose Ausbreitung von assistierten Reproduktionstechnologien (Assisted Reproductive Technology/ART)“ zur Aufgabe gemacht hat: „Wir deklarieren uns mit SAMA klar gegen kommerzialisierte Leihmutterschaft“, so Liang, „sie birgt hohe gesundheitliche Risiken und kann auch nicht ernsthaft als Mittel im Kampf gegen Frauenarmut verstanden werden – im Gegenteil: sie führt zu weiterer Ausbeutung in einem patriarchalen Kontext, in dem Frauen schon unter normalen Umständen einen extrem niedrigen Status und keine Kontrolle über ihre Körper haben.“ Derzeit formiert sich, ausgehend von Organisationen wie SAMA, Widerstand in Indien, der auf gesetzliche Änderungen, letztlich ein Verbot kommerzieller Leihmutterschaft zielt.

Nicht nur in Ländern des Südens wie Indien oder Thailand, auch in Ländern des Nordens, so etwa in der Ukraine oder in achtzehn US-amerikanischen Bundesstaaten, basiert das legale Geschäft mit der Leihmutterschaft auf einem sozialen Gefälle. In den USA beträgt der Preis für ein Kind rund 100.000 Dollar, in der Ukraine rund 30.000 Dollar. Eine geschätzt fünfstellige Zahl von Menschen ist in den vergangenen 30 Jahren auf diese Weise zur Welt gekommen, die damit einhergehende Industrie wächst ständig und boomt vor allem in den armen Ländern der Erde.

Appell an Europarat

„Unsere Forderung nach einem weltweiten Verbot von kommerzieller Leihmutterschaft heisst auch, dass wir an den Europarat appellieren, sich klar dagegen auszusprechen“, so Veronika Pernsteiner. Im Gegensatz zum EU-Parlament, das eine eindeutige Aussage getroffen habe, seien auf Ebene des Europarats die Diskussionen noch im Gange, und auch bei der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht gebe es derzeit Gespräche hinsichtlich einer Standardisierung des globalen Geschäfts mit Leihmutterschaft.

Kräfte bündeln für internationales Engagement

In Österreich möchte die Katholische Frauenbewegung das Bewusstsein der vorhandenen kritischen Kräfte für die internationale Ebene schärfen und bündeln. So verweist sie u.a. auf  die einschlägigen Diskussionen im Frauenring oder etwa das Forderungsprogramm der Homosexuellen-Initiative HOSI, das den „Kinderwunsch von schwulen Männern“ der „Notwendigkeit des Schutzes von Frauen vor Ausbeutung“ gegenüberstellt: „Angesichts der wirtschaftlichen Ungleichheit zwischen arm und reich sowie zwischen dem Globalen Norden und dem Globalen Süden sehen wir die Gefahr, dass die wirtschaftliche Situation von Frauen ausgenutzt wird und sie in manchen Regionen der Welt sogar dazu gezwungen werden. Vor diesem Hintergrund lehnen wir die Leihmutterschaft ab“, heisst es im HOSI-Forderungsprogramm.

Christa Wichterich zum „Streitfall Leihmutterschaft“

Einen Beitrag zur Beförderung der öffentlichen Debatte um das Thema leistet die Katholische Frauenbewegung Österreichs gemeinsam mit WIDE (Entwicklungspolitisches Netzwerk für Frauenrechte und feministische Perspektiven) am 6. April in Wien mit der Veranstaltung „Streitfall Leihmutterschaft. Transnationale Reproduktionsmärkte, Rechte und Handlungsmacht“. Referentin ist die deutsche Soziologin und Expertin in Fragen von Entwicklungszusammenarbeit und Gender, Christa Wichterich. Die Einladung zur Veranstaltung mit Dr.in Christa Wichterich finden Sie hier.

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