Hoffnung auf Ökumene-Impuls
Kommenden Sonntag verlässt Papst Franziskus wieder den Vatikan und macht sich auf den Weg in die Via Sicilia
Sie befindet sich unweit von dem Park der Villa Borghese und der berühmten Luxus-strasse Via Veneto. In der Via Sicilia befindet sich die evangelische Kirche Roms, weniger prunkvoll als so manch andere römische Kirche.
Seit 14 Jahren ist die Pastorentochter Dörte Schmidt Teil der lutherischen Gemeinde in Rom, die mit Spannung den Papstbesuch erwartet. Johannes Paul II. war der erste Papst, der die Pforte zur lutherischen Gemeinde überschritt. 1983 war das, anlässlich des fünfhundertsten Geburtstags von Martin Luther. Es war zum ersten Mal seit der Reformation, dass ein Papst den Fuss in eine lutherische Kirche setzte. Am 14. März 2010 kam Benedikt XVI. vorbei. Dörte Schmidt erinnert sich noch:
“Benedikt hatte was von der Kanzel gesagt, das war eigentlich nicht im Programm, etwas zur Ökumene, nämlich dass wir dankbar sein können für das, was Katholiken und die Lutheraner alles schon gemeinsam machen können: nämlich singen, das Wort Gottes hören… aber natürlich gibt es immer noch das Problem, dass wir das Abendmahl nicht gemeinsam feiern können, und das kann eigentlich nur der Heilige Geist erreichen. Vielleicht gibt es ja jetzt einen neuen Impuls…wir finden das ganz toll, dass Franziskus jetzt zu uns kommt, wo wir eigentlich nur eine kleine Gemeinde sind.”
Rund 8.000 Luteraner soll es in Italien geben. Insgesamt sprechen (nicht ganz aktuelle) Statistiken von 435.000 italienischen Protestanten. In Deutschland, von wo der Protestantismus ausgegangen ist, sollen es laut Statistikportal rund 23,4 Millionen Protestanten geben. Wie viele von ihnen am Sonntag in der Kirche sein werden, ist schwierig zu sagen. In der Kirche werden hauptsächlich Mitglieder aus der Gemeinde sein, betont die Lutheranerin. Pastor Jens-Martin Kruse hat die damalige Liste von Benedikt XVI. einfach aktualisiert, aber natürlich dürfen auch Partner und Kinder der Gemeindemitglieder anwesend sein. Sie sollen es sogar. Dörte Schmidt wird zum Beispiel ihren katholischen Lebenspartner mitnehmen. Die Realität der Gemeinde werde also präsent sein und den Papst ganz nah erleben dürfen. Offiziell hat der Pastor bei der letzten Messe erwähnt, dass es ein Abendgebet sein wird um 16:00 – das Detail, dass der Papst anwesend sein wird, sparte er jedoch aus. Vielleicht um einen Ansturm zu vermeiden, so die Deutsche.
“Ich habe am Sonntag den Pastor gefragt, wie läuft es denn mit den Vorbereitungen und er hat gesagt: ‘Unsere Seite haben wir vorbereitet, jetzt muss er kommen und er macht da den Rest. So ist die Stimmung. Es wird eine Begegnung sein, wir werden zusammen feiern. Wir freuen uns darauf. Für uns ist es eine tolle Gelegenheit.”
Schmidt erwartet sich bei dieser Gelegenheit einen neuen ökumenischen Impuls. Auch wenn Benedikt XVI. sich 2010 nicht an seinen Redetext gehalten hat, so denkt sie, wird es diesmal noch intensiver sein.
“Dieser Papst ist eben viel direkter und sehr stark immer auf das Evangelium bezogen und das ist auch das, was damals vor 500 Jahre Luther wollte. Dass eben auch jeder das Evangelium lesen kann. Der grosse Unterschied ist ja, dass unser Abendmahl nicht akzeptiert wird, weil es nicht von einem ordinierten Priester verteilt wird. Man wird sehen, ob er dazu etwas sagen wird. Auf jeden Fall schätzt er die Unterschiede, weil sie immer eine Bereicherung sind. Der Rahmen ist die Einheit, dass wir alle Christen sind. Gerade jetzt in diesem Moment, denke ich mir, wo es schwierig ist für viele Christen, nicht in diesem Teil der Welt, aber anderswo, und dass wir uns eigentlich darauf besinnen, dass wir eigentlich wirklich zusammen gehören.”
Das vatikanische Konzil, die Erklärung der Rechtfertigungstheorie 1999 oder auch das alljährliche Gebet für die Einheit der Christen jeden 25. Januar zum Tag der Bekehrung von Paulus in der Papstbasilika Sankt Paul vor den Mauern sind aus Sicht der Protestantin wichtige Zeichen. Franziskus, der manchmal auch als katholischer Lutheraner bezeichnet werde, als Reformator, habe „die Macht, uns näher zusammen zu bringen”.
Das sehe sie, fährt Dörte Schmidt fort, allein an seiner Sprache. Diese sei nämlich „einleuchtend, sehr einfach. Und diese Einfachheit ist das, was wir in unserer Kirche haben. Auch wenn man in unsere Kirche geht, sieht man das sofort, im Vergleich mit vielen anderen prunkvollen römischen Kirchen. Dagegen ist damals auch Luther losgezogen, ich denke da, haben wir den Papst wahrscheinlich auf unserer Seite. Man ist gespannt, was dann tatsächlich am Sonntag passieren wird.“
Die Lutheraner begehen 2017 das 500-jährige Reformationsjubiläum. Am 31. Oktober 1517 hat Luther die 95 Thesen publik gemacht, in denen er gegen die Missbräuche beim Ablass und besonders gegen den geschäftsmäßigen Handel mit Ablassbriefen auftrat. Luther entwickelte in den folgenden Jahren seine Lehren, die sich rasch über den europäischen Kontinent ausbreiteten. Die dadurch ausgelösten Religionskonflikte mündeten schließlich in den Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648), an dessen Ende die Religionsfreiheit in Deutschland und Europa vertraglich besiegelt wurde.
rv 13.11.2015 no
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