Trump schlägt Indien – und meint China
Freier Welthandel war gestern. Donald Trump setzt auf ökonomischen Egoismus und benutzt Zölle zur Erpressung von Handelspartnern. Im Fall Indiens trifft es einen Nutznießer der westlichen Russland-Sanktionen
07.08.2025
Jahrzehntelang war freier Welthandel so etwas wie das Mantra des Westens. Der Abbau von Handelshemmnissen sollte zu mehr Wohlstand für alle, zu engerer Verflechtung der Ökonomien und damit letztlich auch zu mehr Weltfrieden führen. Mehr noch: “Wandel durch Handel” war eine Grundüberzeugung, die – vor allem, aber nicht nur mit Blick auf Russland und China – als gescheitert betrachtet werden darf. Zusammen mit dieser Illusion begräbt Donald Trump jedoch gerade die Vision eines möglichst barrierefreien globalen Marktes.
Der US-Präsident liebt Zölle und die Idee, das ökonomische Comeback der USA durch eine egoistische Handelspolitik zu befeuern. Handelsbilanzdefizite betrachtet er als ungerecht, ja, er unterstellt Handelspartnern wie der Europäischen Union und sogar der Schweiz, die USA über den Tisch zu ziehen. Das will er mit seiner brachialen Zollpolitik, also mit der Erpressung jener, die auf den Export in die USA angewiesen sind, ausgleichen.
China sieht sich den Handelskrieg bequem an
Die am Donnerstag gegen Indien verhängten Strafzölle haben damit nur am Rande zu tun. Selbst Donald Trump weiß, dass ein Handelskrieg mit dem mittlerweile einwohnerreichsten Staat der Welt auch für die USA langfristig mehr Schaden als Nutzen brächte. Trump geht aus zwei Gründen auf Indien los: Erstens, weil Indien die gegen Russland gerichteten westlichen Sanktionen strategisch und mit riesigen Profiten unterläuft, indem es russisches Öl importiert und handelt – und damit reichlich Geld in die eigenen wie in die Kassen Russlands spült. Zweitens aber, weil Trump nicht – oder noch nicht – direkt auf China losgehen kann, das genau dasselbe macht.
Waren aus Indien unterliegen künftig also nicht mehr einem Zollsatz von 25 Prozent, sondern von 50 Prozent. Ausgenommen sind nur Elektronik und Pharmaprodukte, auf deren Import die Amerikaner (wie die Europäer) selbst dringend angewiesen sind. Damit will Trump deutlich machen, dass er das Spiel der russischen Sanktionsumgehung durchschaut hat und die Nutznießer der westlichen Russland-Sanktionen zumindest wirtschaftlich ins Fadenkreuz nehmen will. Tatsächlich ist Indien heute der zweitgrößte Abnehmer russischer fossiler Brennstoffe – nach China. Putins Pate in Peking wird deshalb genau beobachten, wie ernst und wie konsequent Trump den Indern die Daumenschrauben anzieht.
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