Streit um den Säkularisierungstrend in Spanien

Das spanische Meinungsforschungsinstitut CIS meldet einen dramatischen Rückgang der Katholiken. Regionale Erhebungen zeigen allerdings ein ganz anderes Bild

Quelle

07.08.2025

José García

Laut der jüngsten Umfrage des staatlichen Zentrums für Soziologische Forschung (CIS), die zwischen dem 8. und 15. April durchgeführt wurde, bezeichnen sich 52,8 Prozent der Spanier als katholisch. Nur 17,3 Prozent bezeichnen sich aber als praktizierend, 35,5 Prozent als nicht praktizierend. Vor zehn Jahren lag der Anteil noch bei 68,8 Prozent, wobei damals nicht zwischen den beiden Gruppen unterschieden wurde.

Zahl der Länder mit christlicher Mehrheit geht zurück

Nur 11,9 Prozent der Befragten geben an, regelmäßig an Sonntags- oder Feiertagsgottesdiensten teilzunehmen. Weitere 4,8 Prozent besuchen sie mehrmals pro Woche. 4,7 Prozent gehören anderen Religionen an. Parallel dazu wächst der Anteil der Konfessionslosen: 15,9 Prozent der Spanier bezeichnen sich als Atheisten (2013: 10,3 %), 10,9 Prozent als Agnostiker und 13,6 Prozent als gleichgültig oder nicht gläubig.

Nur noch 79 Priester neu geweiht

Auch der Sakramentenempfang sinkt: Die Spanische Bischofskonferenz meldet bei Taufen (152.426) und Erstkommunionen (162.580) Werte unterhalb der 50-Prozent-Marke der Geburtenjahrgänge – 1971 waren es rund 99 Prozent. Kirchliche Eheschließungen (33.500) sind auf einem historischen Tiefstand, 2023 kamen auf eine kirchliche mehr als vier standesamtliche Hochzeiten.

Hinzu kommt der Priestermangel: 2023 wurden nur 79 Priester geweiht – benötigt würden rund 300 jährlich. Die Zahl der Priester sank seit 1971 um etwa 40 Prozent, während sich die Bevölkerungszahl nahezu verdoppelte. Auch die Zahl der Ordensleute (32.500) und Missionare schrumpfte weiter. Letztere gingen seit 2015 um 24 Prozent zurück. Dennoch stiegen die Steuerzuweisungen an die Kirche 2024 um 6,6 Prozent auf 382,4 Millionen Euro.

Regionaldaten sprechen andere Sprache

Die Zahlen des CIS stoßen jedoch zunehmend auf Kritik. Auf der Plattform “Religión en Libertad” bezeichnet Pablo J. Ginés sie als “unglaubwürdig” und wirft CIS-Präsident José Félix Tezanos, einem langjährigen Mitglied der Sozialistischen Partei PSOE, politische Einflussnahme vor.

Regionale Umfragen zeigen nämlich ein anderes Bild: In Katalonien, das in Spanien als die am stärksten säkularisierte Region gilt, stieg der Anteil der Katholiken laut offizieller Regionaldaten von 53 Prozent (2020) auf 56,8 Prozent (2023). In Andalusien bezeichneten sich laut dem Meinungsforschungszentrum “Centra” 56,4 Prozent als religiös – zusammen mit den “wenig Religiösen” sogar 76,5 Prozent. Ginés fragt: “Wenn sich im entchristlichten Katalonien, wo 16 Prozent der spanischen Bevölkerung leben, fast 57 Prozent als katholisch bezeichnen – wie kann dann der Landesdurchschnitt nur 55 Prozent betragen, wenn man traditionell religiösere Regionen wie Kastilien, Andalusien oder Navarra mit einrechnet?”

Besonders auffällig ist der Widerspruch bei den jungen Menschen: Das CIS meldet 28 Prozent katholische Jugendliche, während Katalonien 33 Prozent nennt. In Andalusien geben über 50 Prozent der 18- bis 24-Jährigen an, zumindest “etwas religiös” zu sein.

Laut der von Ginés zusammengetragenen Zahlen hat die Religiosität in Teilen Spaniens in den letzten fünf Jahren sogar zugenommen, insbesondere unter jungen Menschen. Die Zahlen des CIS seien daher mit großer Skepsis zu betrachten.

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