Trumps großes Gesetz: Wenig Licht, viel Schatten
Mit dem “Big beautiful bill” verzeichnet der US-Präsident einen großen legislativen Erfolg. Doch auch wenn Abtreibungsdienstleister weiter in die Mangel genommen werden – die Nachteile überwiegen
Quelle
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USA: “One Big Beautiful Bill Act” ist durch – Kritik von Erzbischof – Vatican News
04.07.2025
Vorsicht vor der allzu plumpen Verwendung von Adjektiven, lautet eine der obersten Regeln im Journalismus. Anstatt zu schreiben, dass etwas oder jemand “berühmt”, “gefeiert” oder “beliebt” ist, wirkt es viel überzeugender, dies anhand von Beispielen und eher beiläufigen Beobachtungen zu veranschaulichen. “Show, don’t tell”, wie es im Angelsächsischen heißt.
Wendet man diese Maxime auf Donald Trumps umfangreiches Steuer- und Ausgabengesetz an, das der US-Präsident nach Zustimmung des Kongresses am Freitag passend zum Nationalfeiertag unterzeichnen wird, stellt man fest: Das legislative Projekt wählt eher die Holzhammer-Methode. Allein der Titel, “The one big beautiful bill”: Trump-Zungenschlag in Reinform. Groß ist das Gesetzespaket zweifellos, umfasst es doch Trumps gesamte Agenda. Doch wäre es wirklich so wunderschön, müsste der 79-Jährige darauf sicher nicht gleich im Titel hinweisen. Dem kritischen Betrachter kommen da eher Zweifel. Glaubt mir, es ist wirklich großartig, so die Botschaft an die Wähler. Mit den Inhalten müsst ihr euch gar nicht weiter befassen.
Eine Mehrheit der Amerikaner lehnt das Gesetz ab
Eine Mehrheit der Amerikaner hat dies Umfragen zufolge allerdings getan – und 55 Prozent lehnen das Gesetzespaket ab. In der Presselandschaft fällt das Urteil, abgesehen von Trump nahestehenden Publikationen, vernichtend aus. Zurecht? Mit dem wunderschönen Steuergesetz verhält es sich, wie mit so vielem: Es ist nicht nur schwarz oder weiß – auch wenn die Schattenseiten überwiegen.
Loben lässt sich, dass US-Abtreibungsanbietern, allen voran dem Riesen “Planned Parenthood”, das Leben unter dem Gesetz noch schwerer gemacht wird. Einmal, da ihnen die Mittel drastisch gekürzt werden. Gleichzeitig dürfte es in manchen Staaten derart teuer werden, Abtreibung als Leistung in der von Barack Obama eingeführten Krankenversicherung anzubieten, dass viele Versicherer ganz darauf verzichten werden.
Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die von Trump und den Republikanern vorgesehenen Steuererleichterungen und Ausgabenpläne unterm Strich die Reichen noch reicher, die Armen aber noch ärmer machen dürften, wie es der Erzbischof von Washington, Robert McElroy, jüngst in einer kritischen Bemerkung formulierte. Zudem offenbart Trump mal wieder sein selektives Verständnis vom Lebensschutz, indem er das Budget des “Medicaid”-Programms, der staatlichen Krankenversicherung für Geringverdiener und Menschen mit Behinderung, massiv zusammenstreicht.
Steht die Kernklientel am Ende schlechter da?
Was zu einem Kritikpunkt führt, der den Republikanern noch auf die Füße fallen könnte: Es sind nämlich Wähler aus der Arbeiter- und Mittelschicht, die neue Kernklientel der Republikaner, die am Ende wesentlich schlechter dastehen dürften als zuvor. Doch die Republikaner, die schon lange den innerparteilichen Widerstand selbst gegen die kühnsten Pläne ihres Präsidenten aufgegeben haben, nehmen dies sehenden Auges in Kauf. Und das nur ein gutes Jahr vor den Zwischenwahlen 2026.
Fürs Erste verzeichnet Trump einen klaren legislativen Erfolg. Er hat nun den Segen des Kongresses, um seine Wahlversprechen Punkt für Punkt abzuarbeiten. Doch das hat im wörtlichen Sinne seinen Preis. Denn die Neuverschuldung wird um mehr als 3,3 Billionen wachsen – eine gigantische Summe, wenn man bedenkt, dass die USA heute schon mit 121 Prozent des Bruttoinlandsprodukts eine enorme Staatsschuldenquote mit sich schleppen. Diese zu drücken galt lange Zeit als eines der obersten Ziele der Republikaner. Unter Trump ist davon nichts mehr geblieben. Die Republikaner haben sich – ob zum Guten oder zum Schlechten – ganz der MAGA-Bewegung ergeben. Und damit auch das Schicksal Amerikas in deren Hände gelegt.
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