Politisierung der Justiz droht

Bundesverfassungsgericht – Am Freitag wählt der Bundestag drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht. Vor allem eine Kandidatin gilt vielen als untragbar

Quelle
Ein historischer Moment für die Lebensrechtsbewegung
Abtreibungsüberlebende: Vom Dunkel ins Licht | Die Tagespost

09.07.2025

Stefan Rehder

Im Bundestag steht am Freitag die Wahl von drei Kandidaten an, die ausscheidende Richter des Bundesverfassungsgerichts ersetzen sollen. Nachdem am Montag alle drei im Richterwahlausschuss die nötige Zweidrittelmehrheit erhielten, soll um 10.10 Uhr zunächst der von der Union nominierte Vorsitzende Richter des Bundesarbeitsgerichts, Günter Spinner, zum Nachfolger des Bundesverfassungsrichters Josef Christ gewählt werden. Seine offizielle Amtszeit war bereits im November des vergangenen Jahres abgelaufen.

Punkt zwölf Uhr soll die Wahl der beiden anderen Kandidatinnen erfolgen. Zunächst soll die auf Wunsch der SPD nominierte Lehrstuhlinhaberin für Staats- und Verwaltungsrecht an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Ann-Katrin Kaufhold, gewählt werden. Sie soll Ulrich Maidowski ersetzen. Im Anschluss daran soll, ebenfalls auf Wunsch der SPD, die Potsdamer Verfassungsrechtlerin Frauke Brosius-Gersdorf als Nachfolgerin der Bundesverfassungsrichterin Doris König, Vorsitzende des Zweiten Senats und Vizepräsidentin des obersten deutschen Gerichts, gewählt werden. Deren Amtszeit lief im Juni aus.

Beide SPD-Kandidatinnen ernten im bürgerlichen Lager Kritik

Im bürgerlichen Lager ernten beide SPD-Kandidatinnen, seit die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (FAZ) Montag vergangener Woche als Erste über die Personalien berichtete, viel Kritik. Beide gelten als “ultralinks”. Mehr noch als Kaufhold, die die Enteignung von Immobilienbesitzern angesichts des Wohnungsnotstandes für mit dem Grundgesetz vereinbar hält, haben zahlreiche, von Brosius-Gersdorf vertretene Positionen in Teilen der Zivilgesellschaft einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. In der gesamten überregionalen bürgerlichen Presse (NZZ, FAZ, Welt, Focus, Bild) wird die 54-Jährige durchweg als “Aktivistin” beschrieben.

Neben ihrem Eintreten für eine allgemeine Impflicht während der Corona-Pandemie und ihrem Vorschlag, Ungeimpften die Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle zu verweigern, sowie ihrer Sympathien für ein AfD-Verbot, sind es vor allem ihre Haltungen zur Familie und zum Lebensschutz, die Anstoß erregen. Wie “Die Tagespost” berichtete, wurde Brosius-Gersdorf wegen ihrer dezidiert ablehnenden Haltung des klassischen Familienbildes, das unter dem “besonderen Schutz” des Grundgesetzes (Artikel 6 GG) steht, von Professoren-Kollegen als “Reinkarnation von Margot Honecker” bezeichnet. 2020 verfasste sie im Auftrag des “Instituts für Weltanschauungsfragen”, einer Ausgründung der “Giordano Bruno-Stiftung”, die als Speerspitze des kämpferischen Atheismus in Deutschland gilt, ein Gutachten mit dem Titel “Der Fall Hänel”. In ihm vertrat sie die These, der von der Ampelregierung hernach gestrichene Paragraf 219a Strafgesetzbuch (Werbeverbot für Abtreibung), sei verfassungswidrig.

Entkoppelung von Menschenwürde- und Lebensschutz?

Im Abschlussbericht der von der Ampel eingesetzten “Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin” verantwortete sie das Kapitel fünf: “Verfassungsrechtlicher Rahmen für eine Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs” (S. 198ff). Entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (“Wo menschliches Leben existiert, kommt ihm Würde zu”) hält Brosius-Gersdorf dort dafür, es gäbe “gute Gründe”, die für “eine Entkoppelung von Menschenwürde- und Lebensschutz und die Geltung von Art. 1 Abs. 1 GG erst für den Menschen ab Geburt” sprächen.

In der 2024 erschienenen Festschrift zum 70. Geburtstag des emeritierten Würzburger Rechtsphilosophen Horst Dreier wird sie noch deutlicher. Dort schreibt sie: “Die Annahme, dass die Menschenwürde überall gelte, wo menschliches Leben existiert, ist ein biologistisch-naturalistischer Fehlschluss. Menschenwürde- und Lebensschutz sind rechtlich entkoppelt.” Als zum Richter am Bundesverfassungsgericht gewählt gilt, wer im Plenum zwei Drittel der Stimmen erhält. Die Wahl ist geheim.

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