Aufklärung für Kinder – Sexualpädagogik: Schützen, was wertvoll ist
Staunen, wie der Körper sich verändert, sodass ein Mensch entstehen kann: Der Verein “My Fertility Matters” bringt wertorientierte Sexualpädagogik an Schulen
Quelle
Wer wartet, ist nicht von gestern
Empfängnisregelung: “Ein Priester überrascht”
MFM Projekt – Start – MFM Deutschland e.V.
KörperWunderWerkstatt – MFM Deutschland e.V.
NFP Zentrum Leipzig | Natürliche Familienplanung & wertschätzende Sexualbildung
“Nur was ich schätze, kann ich schützen“ – unter diesem Leitsatz bringt der Verein MFM seit über 25 Jahren wertorientierte Sexualpädagogik an deutsche Schulen. Zwölf Bistümer in Deutschland unterstützen das Programm für Sexualaufklärung von Kindern und Jugendlichen. MFM steht für “My Fertility Matters” (Meine Furchtbarkeit ist wichtig). Der gemeinnützige Verein MFM Deutschland e.V. hat seine Wurzeln in der NFP-Bewegung (NFP: Natürliche Familienplanung), setzt aber grundsätzlicher an.
Durch eine ganzheitliche, wissenschaftlich profunde und zugleich spielerische Sexualaufklärung sollen die Kinder und Jugendlichen sich selbst und ihren Körper kennen und annehmen lernen. Über die standardmäßige Aufklärung im schulischen Biologieunterricht hinaus wird das Geschehen im Körper in der Pubertät, im weiblichen Zyklus und im Sexualakt dezidiert positiv konnotiert und als schön und staunenswert dargestellt.
Emotionale Aneignung körperlicher Prozesse
In verschiedenen Kursen, die auf unterschiedliche Altersklassen ausgerichtet sind, lernen Kinder und Jugendliche, sich konkret mit ihrem Körper, den Veränderungen während der Pubertät und der Entstehung neuen Lebens auseinanderzusetzen. Die Idee ist: Wenn Kinder erfahren, wie komplex die Vorgänge im Körper sind, die dafür sorgen, dass neues Leben entsteht, dann können sie verstehen, wie einzigartig sie selber sind. Für Viertklässler bietet MFM die KörperWunderWerkstatt an, die die Pubertät grundsätzlich in den Blick nimmt. Mädchen und Jungen wird in getrennten Workshops der eigene Körper als staunenswert nahegebracht. Fünft- und Sechstklässler setzen sich expliziter mit der körperlichen Entwicklung in der Pubertät und dem Prozess der Befruchtung einer Eizelle auseinander. Jungen dürfen im Workshop “Agenten auf dem Weg” den Weg eines Spermiums nachvollziehen, wobei sie sich zunächst mit den Vorgängen in ihrem eigenen Körper und dann auch mit dem Geschehen im weiblichen Körper auseinandersetzen.
“Das Spielen hat den Sinn einer emotionalen Aneignung”, sagt Mechthild Alber, regionale Projektverantwortliche von MFM bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart. “Die Kinder können so positiv erleben, dass all die körperlichen Vorgänge ein Wozu haben: die Entstehung eines Menschen.” Das Pendant für Mädchen in dieser Altersklasse ist die “Zyklusshow”, in der sie den weiblichen Zyklus inklusive Hormongeschehen detailliert kennenlernen. Äußerlich sieht man nur die periodische Blutung, aber was ereignet sich dabei im Körper? Was passiert eigentlich hinter diesem “roten Vorhang”? Mechthild Alber erklärt: “Durch die anschauliche Darstellung der ‘Bühne des Lebens’ lernen die Mädchen die Vorgänge in ihrem eigenen Körper kennen und lernen, über das Potential der Fruchtbarkeit zu staunen, statt sich gleich zu fragen: Wie kann ich das wegorganisieren?“
Aufgeklärte Entscheidungsfreiheit
Im Konzept von MFM lernen die Kinder und Jugendlichen nicht nur, sich selbst anzunehmen und wertzuschätzen, sondern auch das andersgeschlechtliche Gegenüber. Dieser Aspekt wird vor allem im Kurs “WaageMut” für Acht- und Neuntklässler vertieft, der nun nicht mehr geschlechtergetrennt ist. Hier setzen sich die Jugendlichen mit Freundschaft, Sexualität und Verhütung auseinander. Dabei betont MFM die eigene Entscheidung der Jugendlichen. Beispielsweise werden keine speziellen Verhütungsmethoden propagiert oder abgelehnt, vielmehr sollen Mädchen begreifen, was in ihrem Körper passiert, wenn sie etwa die Pille nehmen. Sie sollen fundiertes Fachwissen an die Hand bekommen und in ihrem (körperlichen) Selbstbewusstsein gestärkt werden, um dann ihren eigenen Weg gehen zu können, der möglicherweise auch gegen den Mainstream geht.
Workshops finden zumeist an Schulen statt
Die Kurse von MFM werden von freiberuflichen Referenten zumeist an Schulen angeboten, finden aber auch an anderen Orten, beispielsweise in Familienbildungsstätten oder Gemeinden, statt. Koordiniert wird diese Arbeit durch die regionalen MFM-Zentralen, deren Träger aktuell dreizehn katholische (Erz-)Diözesen sind, darunter zum Beispiel Eichstätt, Passau, Regensburg, Würzburg, Köln und Berlin. Viele Schulen lassen regelmäßig MFM-Workshops durchführen, weil sie gute Erfahrungen gemacht haben, lautet es aus dem Verein.
Im Vorfeld eines Workshops werden die Eltern der Kinder und Jugendlichen in einem eigenen Elternabend über die Themen informiert, die an die Kinder herangetragen werden. Mechthild Alber erzählt, dass die Eltern dort zumeist positiv überrascht seien. Sie höre dort Sätze wie: “Da lerne ich ja selber noch etwas!”, oder: “Das ist eine Weise der Aufklärung, die die kindlichen Schamgefühle ernstnimmt.” Manche Eltern seien so begeistert, dass sie selbst eine Ausbildung zum MFM-Programm beginnen. Die positive Resonanz auf die Angebote des Vereins lässt sich auch am großen Wachstum von MFM seit der Gründung im Jahr 1999 ablesen: Mittlerweile gibt es MFM-Programme in 15 Ländern weltweit, darunter auch Österreich und die Schweiz.
Weitere Informationen:
www.mfm-programm.de
Isabel Kirchner ist freie Autorin, Theologin und Musikerin.
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