Santa Marta oder Apostolischer Palast?
Vor dem Konklave – So sehen die ersten Schritte und Entscheidungen des neuen Papstes aus. Einige werden Signalwirkung haben
06.05.2025
Giulio Nova
Das allererste, was ein Papst tun muss, nachdem ihn mindestens zwei Drittel der wahlberechtigten Kardinäle gewählt haben, ist, die Nominierung anzunehmen und den Papstnamen zu wählen. Das ist natürlich nur dann der Fall, wenn er einer der wählenden Kardinäle in der Sixtinischen Kapelle war. So ist das jetzt schon seit Jahrhunderten. Der letzte Pontifex, der gewählt wurde, obwohl er kein Kardinal war, war Urban VI. im Jahr 1378.
Sobald er sein Amt angenommen hat, kommt auf den neuen Bischof von Rom die ganze Fülle seiner Pflichten zu. Als erstes hat er sich als Papst zu kleiden und muss auf der Loggia des Petersdoms zum üblichen Segen zu erscheinen. Was wird er bei diesem ersten Auftritt vor dem Volk Gottes und der Welt tun? Wird er mit dem schlichten “Guten Abend” von Papst Franziskus beginnen, mit “Liebe Brüder und Schwestern” von Papst Benedikt XVI., mit “Gelobt sei Jesus Christus!” wie Johannes Paul II. oder wird er stattdessen (was unwahrscheinlich ist) einfach den Apostolischen Segen erteilen, wie es seine Vorgänger früher getan haben? Und wird er dann die rote Mozetta tragen oder wird er der von Papst Bergoglio eingeführten Neuerung folgen, sich direkt im einfachen weißen Habit zu präsentieren?
Was wird mit Castel Gandolfo geschehen?
Dies sind die ersten Amtshandlungen des neuen Papstes. Aber gleich danach kommen wichtigste Entscheidungen, vor allem nach einem so innovativen Pontifikat wie dem von Franziskus. Zunächst die Wahl des Wohnsitzes: Möchte er im “Domus Sanctae Marthae” wohnen oder wird er in den Apostolischen Palast zurückkehren? Letzterer wäre institutionell besser geeignet und weniger kostspielig für die vatikanischen Kassen. Eine solche Entscheidung wäre jedoch sehr mutig, denn sie könnte imagegefährdend sein, da sie als “restaurative” Geste interpretiert werden könnte. Sobald die Residenz eingerichtet ist, wird er sich entscheiden müssen, wen er als Sondersekretär wünscht und ob er ihn dauerhaft installiert oder – nach dem Rotationsprinzip wie Franziskus – für eine begrenzte Zeit.
Der neue Papst wird dann entscheiden müssen, wann er die feierliche Messe zum Beginn seines Pontifikats auf dem Petersplatz feiert und wann er die Lateranbasilika, die Bischofskathedrale in Rom, in Besitz nimmt. Franziskus, der am 13. März 2013 gewählt wurde, leitete die erste dieser Liturgien am 19. März, dem Hochfest des heiligen Josef, und die zweite am Sonntag, dem 7. April. Der neue Papst wird auch entscheiden müssen, was mit dem Apostolischen Palast in Castel Gandolfo geschehen soll, einer traditionellen Sommerresidenz für die Päpste, die Franziskus nie als solche genutzt hat, sondern in ein Museum für Touristen umgewandelt hat.
Nachdem diese logistischen Aufgaben erledigt sind, geht es um die wichtigeren Fragen, nämlich die der Verwaltung. Während der Sedisvakanz sind mit wenigen Ausnahmen alle Spitzenkräfte der römischen Kurie aus dem Amt geschieden. Der Papst wird also über ihr Schicksal entscheiden müssen: Ob er die Kardinäle und Erzbischöfe, die im vorangegangenen Pontifikat an der Spitze der Dikasterien standen, bestätigt, und ob er das vorläufig oder dauerhaft tun wird.
Im Heiligen Jahr stehen große Veranstaltungen an
Der neue Papst wird dann vermutlich an den großen Veranstaltungen des Heiligen Jahrs teilnehmen müssen, die für den Mai vorgesehen sind: 10. und 11. Mai: das Jubiläum der Musikkapellen, 16. bis 18. Mai: das der Bruderschaften, 25. Mai: das Jubiläum der Kinder. Er wird dann einen neuen Termin für die Heiligsprechung des jungen Carlo Acutis festlegen und die vom Kardinalskollegium während der Sedisvakanz aufgeschobenen Seligsprechungsprozesse bestätigen müssen.
Das gilt für die unmittelbare Zukunft. Aber der Nachfolger von Franziskus wird auch anfangen müssen, mittel- und langfristig zu denken. Der dornigste Knoten wird der des synodalen Prozesses sein. Eine der letzten Handlungen des Jesuiten-Papstes bestand darin, ihn zu verlängern, indem er als Ziel die Feier einer “Kirchlichen Versammlung” im Jahr 2028 festlegte. Diese Entscheidung hat einige Verwirrung gestiftet, da sie in der letzten Phase des Pontifikats getroffen wurde, als ob sie dem Nachfolger eine nicht geringe Hypothek hinterlassen wollte. Ganz abgesehen davon, dass nicht klar ist, was eine “Kirchliche Versammlung” meint, denn für das Kirchenrecht ist das eine unbekannte Realität. Der neue Papst wird sodann entscheiden müssen, ob er dieses Projekt weiterverfolgt oder ob er den synodalen Prozess auf andere Weise fortsetzt. Es ist unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, dass er sich für einen sauberen Abbruch entscheidet.
Und dann sind da noch die Ernennungen in der römischen Kurie. Unabhängig davon, ob sie bestätigt werden oder nicht, haben einige der Leiter der Dikasterien bereits die Altersgrenze von 75 Jahren überschritten, wie die Kardinalpräfekten des Dikasteriums für den Dienst an der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung (der tschechisch-kanadische Jesuit Michael Czerny, aber es gibt bereits den italienischen Kardinal Fabio Baggio als Untersekretär), des Dikasteriums für die Heiligsprechungen (der Italiener Marcello Semeraro), des Dikasteriums für die Familie, die Laien und das Leben (der Amerikaner Kevin Farrell), des Dikasteriums für den Gottesdienst (der Engländer Arthur Roche) und des Dikasteriums für die Ökumene (der Schweizer Kurt Koch). Auch unter den Nuntien befinden sich Ruhestands-Kandidaten: in Syrien, den Vereinigten Staaten und in Israel/Palästina.
Trennung von Weihegewalt und Jurisdiktionsgewalt wieder eingeführt
Was die Römische Kurie betrifft, so wird der neue Papst einen Punkt klären müssen, der während des Pontifikats von Franziskus im Vagen geblieben ist. Nämlich ob Laien, Ordensmänner oder Ordensfrauen ein Dikasterium leiten können, das Jurisdiktionsbefugnis über Bischöfe hat. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil war das nicht möglich, aber Franziskus hat die in vorkonziliaren Zeiten übliche Trennung von Weihegewalt und Jurisdiktionsgewalt wieder eingeführt. Und so hat er eine Nonne (die Italienerin Simona Brambilla) zur Präfektin des Dikasteriums für die Ordensleute ernannt, ihr aber gleichzeitig einen Kardinal (den spanischen Salesianer Angel Fernandez Artime) als Pro-Präfekten zur Seite gestellt.
Der neue Papst muss dann mit der Ernennung der Bischöfe in den verschiedenen Teilen der Welt beginnen. In Deutschland steht das vakante Bistum Münster an, in Österreich muss der Nachfolger von Kardinal Christoph Schönborn für die Erzdiözese Wien ernannt werden.
Schließlich die Frage der apostolischen Reisen. Wird er wie seine Vorgänger auf Weltreisen gehen oder wird er seine Besuche auf das Notwendige beschränken? Papst Franziskus hatte wiederholt den Wunsch geäußert, in die Türkei zu reisen, um mit Bartholomäus, dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel, den 1700. Jahrestag des Konzils von Nizäa zu begehen. Wird der neue Papst diese Reise antreten? Sie könnte schon Ende Mai stattfinden.
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