Wenn privilegierte Frauen auch mal Opfer sein wollen

Der immer gleiche Ruf nach dem Frauenpriestertum verstellt den Blick auf das, was die Kirche wirklich für Frauen in existenziellen Nöten tun sollte

Quelle
Warum die Kirche keine Frauen weihen kann | Die Tagespost
Ehefrau von Bundespräsident Steinmeier spricht sich für Frauenordination aus

28.01.2025

Franziska Harter

Wieder einmal gibt eine namhafte deutsche Tageszeitung einer Kirchenfunktionärin eine Bühne, um die “herrschende patriarchale Diskriminierung von Frauen” anzuprangern. Nein, es geht nicht um Frauen, die in der Porno-Industrie unterdrückt werden, sich unter das Joch der Prostitution zwingen lassen, in die Fänge von Menschenhändlern geraten, sich unter Kopftüchern verstecken müssen, von reichen Paaren als Leihmütter missbraucht oder in Kinderehen verkauft werden.

Stattdessen handelt es sich bei dem Gastbeitrag von ZdK-Präsidentin Irme Stetter-Karp in der “Welt” um eine wenig originelle Neuauflage der immer gleichen Leier: Frauen haben in der katholischen Kirche keinen Zugang zu den Weiheämtern und seien deswegen Diskriminierung ausgesetzt. Kirche redet über Kirche redet über Kirche. Angesichts des vielen Leids, das Frauen in der Welt, aber auch vor unserer Haustüre geschieht, ist man (und vor allem frau) es eigentlich leid.

Der Papst fährt keinen Zick-Zack-Kurs

Ja, auch in der katholischen Kirche darf und muss man zurecht Missstände im Umgang mit Frauen anprangern. Wie viele Ordensfrauen können ein Lied davon singen, in ihrem Leben durch geistliche Herren als Dienstbotin behandelt worden zu sein. Viele Priester dürfen im Umgang mit Frauen gerne noch dazulernen. Dass Frauen bei der Leitung von kirchlichen Einrichtungen, Bistümern und auch vatikanischen Behörden mitwirken sollten, ist eine Erkenntnis der Vernunft, die sich bereits an vielen Orten durchgesetzt hat.

Dem Papst, der Frauen in Leitungspositionen im Vatikan beruft, einen Zick-Zack-Kurs vorzuwerfen, weil er gleichzeitig die Tür zum Frauenpriestertum schließt, ist unfair, denn Papst Franziskus hat in Bezug auf das Priestertum nie Zweifel an seiner Position gelassen. Und er steht nicht allein da: Man kann sehr wohl dafür plädieren, dass Frauen in der kirchlichen Sendung sichtbarer werden und gleichzeitig die theologische Position vertreten, dass das Priestertum Männern vorbehalten ist. Viele namhafte deutsche und internationale Theologinnen tun dies, auch wenn eine Handvoll selbsternannter deutscher Kirchenvertreter im Synodalen Weg zu einem anderen Ergebnis gekommen ist.

Nicht Macht, sondern Dienst

Denn was ist die Sendung der Kirche? Irme Stetter-Karp beschwert sich, dass Männern “die Repräsentation Jesu Christi im Gottesdienst und auch in der Führung im Wesentlichen bis heute vorbehalten ist” – und entlarvt damit zugleich, worauf es denen, die nach einem Weiheamt rufen, wohl ankommt: Repräsentation und Führung. Also Macht und Aufmerksamkeit. Wer danach strebt, sollte auf keinen Fall Priester werden – das gilt auch für Männer. Ja, der Priester soll Christus repräsentieren. Als Opferlamm, das sich für die Seinen ans Kreuz nageln lässt und seinen letzten Tropfen Blut zur Rettung der Vielen hingibt.

Dass manche Priester ihre Stellung missbrauchen, um selbstsüchtig nach Macht zu streben anstatt danach, sich im Dienst an den Menschen aufzureiben, ist furchtbar traurig, aber kein Gegenargument. Wer im kirchlichen Leben verwurzelt ist, wird hoffentlich viele Priester kennen, die still, treu und ohne nach Aufmerksamkeit zu heischen ihren Dienst tun. Voraussetzung für die kirchliche Sendung ist eben nicht Macht für alle, sondern Dienstbereitschaft seitens aller. Übrigens egal, ob Weiheamt oder nicht.

“Nicht wenige Frauen sagen, ihre Geduld sei zu Ende und treten aus Enttäuschung aus: nicht aus dem christlichen Glauben, sondern aus dieser verfassten Kirche”, erklärt die ZDK-Präsidentin und bezieht sich auf die 6. Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung von 2023. Diese Studie der Evangelischen Kirche umfasst zum ersten Mal auch die Katholiken und ist repräsentativ für die gesamte deutsche Bevölkerung ab 14 Jahren. Und tatsächlich besagt dieselbe Studie eigentlich etwas ganz anderes als Frau Stetter-Karp:

Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung widerspricht Stetter-Karp

Erstens haben sich gesamtgesellschaftlich gesehen 26 Prozent der Frauen schon einmal wegen ihres Geschlechts benachteiligt gesehen; Katholikinnen weichen davon nicht ab, was nicht gerade dafürspricht, dass ihre Diskriminierungserfahrungen in der Kirche besonders hoch wären. Die Studie hält des Weiteren fest, dass es keinerlei signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede gebe beim Vertrauen in die Kirche, bei allen Arten von Kontakten zu in der Kirche tätigen Personen und bei der eigenen Beteiligung am kirchlichen Leben. Die Studie räumt also einerseits mit der immer noch weit verbreiteten (und zu früheren Zeiten zutreffenden) Ansicht auf, Frauen seien engagierter in der Kirche als Männer, und widerspricht andererseits der Behauptung, Frauen seien flächendeckend enttäuscht mit ihrer Kirche.

In der Liste der 14 Gründe für Kirchenaustritte steht die Begründung, “weil die Kirche der Gleichstellung von Frauen nicht nachkommt”, bei Katholiken immerhin an sechster Stelle, bei Protestanten aber schon an achter. Wäre wirklich das Weiheamt das Problem, müsste man doch eigentlich annehmen, dass dieser Grund in der Evangelischen Kirche, die die Frauenordination kennt, wegfallen müsste. Die wichtigsten drei Gründe, die ehemalige Katholiken und Protestanten für ihren Kirchenaustritt nennen, sind: der sexuelle Missbrauch, weil die Kirche als unglaubwürdig empfunden wird und “weil ich auch ohne die Kirche christlich sein kann”.

Eigene Privilegien mal beiseitelassen

Menschen treten also aus, weil ihnen nicht mehr bewusst ist, welchen Mehrwert die Kirche hat und weil sie in dem, was sie tut, nicht mehr glaubwürdig erscheint. Das sollte alarmieren. Wer sich ernsthaft fragt, wie man die Menschen wieder zu Gott führen kann, sollte hier ansetzen. Vielleicht wäre es ein guter Anfang, den Kampf um die eigenen Privilegien im kirchlichen Raum mal beiseite zu lassen und sich stattdessen auf die existenzielle Not zu konzentrieren, die auch vor der eigenen Haustür nicht fehlt.

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