AfD, BSW und der Frieden
Ein Vergleich der Positionen der beiden Parteien zum Krieg gegen die Ukraine
Quelle
Ukraine-Liveblog: ++ Russland soll schwere Verluste in Kursk erleiden ++ | tagesschau.de
Libertär, agnostisch und materialistisch
10.01.2025
Florian Hartleb
Sowohl das Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) als auch die AfD werden von ihren Anhängern häufig als “Friedensparteien” bezeichnet. Diese Wahrnehmung gründet sich vor allem auf ihren außenpolitischen Positionen, insbesondere im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine. Beide sprechen sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus und fordern stattdessen eine stärkere Betonung von diplomatischen Lösungen und Verhandlungen. Sie argumentieren, dass militärische Unterstützung den Konflikt nur verlängern und Deutschland weiter in den Krieg hineinziehen könnte. Die Argumentation beider Akteure reduziert den Ukraine-Krieg auf Schwarz-Weiß-Muster.
Häufig wird die Verantwortung für den Konflikt einseitig dem Westen, der NATO oder den USA zugeschrieben, während die Rolle Russlands als Aggressor verharmlost oder verschwiegen wird.
Diese einseitige Schuldzuweisung ist nicht nur irreführend, sondern auch strategisch, da sie gezielt Ressentiments gegenüber westlichen Institutionen und Regierungen verstärkt. Die Forderung nach einem sofortigen Waffenstillstand oder Verhandlungen, ohne klare Bedingungen zu nennen, kann manipulativ wirken, da sie die Realität ignoriert, dass Verhandlungen oft nicht möglich sind, solange eine Seite – in diesem Fall Russland – völkerrechtswidrige Ziele verfolgt und keine Bereitschaft zur Kompromisslösung zeigt. Durch das Auslassen oder Verharmlosen von Russlands Verantwortung wird ein falsches Bild vermittelt, das den Eindruck erweckt, der Westen trage die Hauptschuld am Konflikt.
Gemeinsamkeiten zwischen AfD und BSW
Die AfD und das BSW teilen in der Außenpolitik und insbesondere in ihrer Haltung zum Ukraine-Krieg trotz ideologischer Unterschiede einige gemeinsame Positionen. Beide sprechen sich deutlich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus, weil diese den Konflikt verlängerten, die Eskalation befeuerten und Deutschland zunehmend in den Krieg hineinziehen könnten.
Beide Seiten fordern, dass die Bundesregierung aktiv auf Friedensgespräche hinarbeitet, anstatt den Konflikt durch militärische Unterstützung weiterzuführen. In diesem Zusammenhang richten sie scharfe Kritik an die NATO und die USA, denen sie vorwerfen, die Eskalation des Konflikts maßgeblich mitzuverantworten. Die NATO wird von beiden Akteuren als treibende Kraft hinter der Konfrontation mit Russland gesehen, während die USA als Akteur dargestellt werden, der vor allem eigene geopolitische und wirtschaftliche Interessen auf Kosten Europas durchsetzt.
Auch die Ablehnung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland verbindet Wagenknecht und die AfD. Beide argumentieren, dass diese Sanktionen vor allem Deutschland schaden, etwa durch steigende Energiepreise und wirtschaftliche Belastungen, während Russland vergleichsweise weniger betroffen sei. Schließlich verbindet sie ein ausgeprägtes Misstrauen gegenüber den etablierten Medien. Sowohl Wagenknecht als auch die AfD werfen diesen vor, einseitig die Position der Bundesregierung oder westlicher Akteure zu unterstützen und alternative Perspektiven zu unterdrücken. Diese Kritik dient ihrer Selbstdarstellung als alternativen Stimmen in der öffentlichen Debatte und stärkt ihre Position bei einer Wählerschaft, die den Medien ohnehin skeptisch gegenübersteht. Trotz dieser Überschneidungen basieren die gemeinsamen Positionen eher auf strategischen Interessen als auf einer gemeinsamen ideologischen Grundlage.
Selbstinszenierung als “Friedenspartei”
Die Bezeichnung als “Friedenspartei” spiegelt letztlich weniger eine neutrale Analyse der Situation wider, sondern vielmehr eine strategische Selbstinszenierung, die bei bestimmten Wählergruppen auf Zustimmung stößt. Ob diese Positionen tatsächlich Frieden fördern oder lediglich die politischen Ziele der jeweiligen Parteien stützen, bleibt umstritten. Die Frage stellt sich, aus welcher Motivation heraus, militärische Gewalt wie beispielsweise Krieg abgelehnt wird. Pazifismus, Antimilitarismus und Isolationismus sind die wesentlichen ideologischen Konzepte zur Erfassung unterschiedlicher Ausprägungen der Ablehnung von militärischer Gewalt.
Wird militärische Gewalt generell abgelehnt, so spricht man von Pazifismus. Antimilitarismus lässt sich im politischen Spektrum ebenso wie Pazifismus links verorten: Antimilitarismus lehnt staatliche militärische Gewalt, und dabei insbesondere militärische Aggressionen, ab. Isolationismus beabsichtigt, sich nicht international politisch einzumischen und eine entsprechende nicht offensive Außenpolitik zu gestalten. Dies gilt auch für militärische Konflikte und Kriege. Isolationismus spricht sich für Neutralität und gegen internationale militärische Bündnisse und Kooperationen aus.
Bereits die Protestbewegungen der 1970er und 1980er Jahre nahmen agitatorisch schwerpunktmäßig die Friedensthematik in Augenschein. Hier ließen sich nicht zuletzt durch emotionale Betroffenheit enorme Mobilisierungserfolge einstellen. Die eine Friedensbewegung gab es nicht, zu groß war deren Heterogenität. Die verbreitete Friedenssehnsucht wurde dabei kanalisiert, organisiert, idealisiert und instrumentalisiert. Die Friedensbewegung neigte in ihren Aktionen zu unorthodoxen Maßnahmen wie Sit-ins und Go-ins, zu systematischen Regelverletzungen. Unangemeldete Demonstrationen und plakative Sprüchen gehörten dazu.
Friedensrhetorik ersetzt konkrete Politik
Zusätzlich wird Friedensrhetorik häufig genutzt, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Politische Akteure, die in anderen Bereichen wenig Lösungen bieten können, präsentieren sich durch ihren Einsatz für “Frieden” als moralisch überlegen. Dadurch versuchen sie, innenpolitische Schwächen oder Kontroversen in den Hintergrund zu rücken. Die Argumentation beider Parteien erweckt oft den Eindruck, dass Frieden durch einfache Maßnahmen wie den Stopp von Waffenlieferungen oder sofortige Verhandlungen leicht zu erreichen sei. Dies ignoriert jedoch, dass nachhaltiger Frieden oft komplexe und langfristige Prozesse erfordert, insbesondere wenn grundlegende Prinzipien wie Souveränität und Völkerrecht auf dem Spiel stehen. Diese vereinfachte Darstellung verschleiert die tatsächliche Schwierigkeit, Konflikte zu lösen. Die Manipulation mit der Friedensbewegung zeigt somit, wie der Wunsch nach Frieden gezielt für politische Zwecke eingesetzt werden kann.
Es ist daher wichtig, solche Strategien kritisch zu hinterfragen und zwischen echter Friedensarbeit und politischer Instrumentalisierung zu unterscheiden. Die manipulative Nutzung von Friedensrhetorik für politische Eigeninteressen kann den Begriff “Frieden” entwerten. Wenn “Frieden” nicht mehr mit Gerechtigkeit, Sicherheit und Freiheit verbunden wird, sondern lediglich als Verzicht auf Widerstand verstanden wird, verliert der Begriff seine moralische und politische Bedeutung.
Katholischen Journalismus stärken
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen? Stärken Sie katholischen Journalismus!
Unterstützen Sie die Tagespost Stiftung mit Ihrer Spende.
Spenden Sie direkt. Einfach den Spendenbutton anklicken und Ihre Spendenoption auswählen:
Die Printausgabe der Tagespost vervollständigt aktuelle Nachrichten auf die-tagespost.de mit Hintergründen und Analysen.
Themen & Autoren
Florian Hartleb
Alternative für Deutschland
Angriffskriege
Friedensverhandlungen
Waffenruhen
Schreibe einen Kommentar