Immer mehr Gewalttaten gegen Christen

Zum Internationalen Tag der Toleranz – Die Zahl der Verbrechen gegen Christen in Deutschland hat sich in einem Jahr mehr als verdoppelt, so die Wiener Beobachtungsstelle OIDAC. Die NGO geht von einer hohen Dunkelziffer aus

Quelle
4._Internationaler_Tag_der_Toleranz.pdf

15.11.2024

Meldung

Hass- und Gewaltverbrechen gegen Christen nehmen zu. Das geht aus einem gemeinsamen Bericht von der Beobachtungsstelle für Intoleranz und Diskriminierung von Christen in Europa (“OIDAC Europe”) aus Wien und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hervor, der vor dem Hintergrund des “Internationalen Tages der Toleranz” am heutigen Freitag veröffentlicht wurde.

Europaweit hat es im Jahr 2023 insgesamt 2.444 antichristliche Hassverbrechen gegeben, darunter 232 persönliche Angriffe wie Belästigungen, Drohungen und körperliche Gewalt. Laut dem ebenfalls heute publizierten “Hate Crime Data Report” des OSZE-Menschenrechtsbüros (ODIHR), meldeten zehn europäische Staaten für das Jahr 2023 1.230 antichristliche Hassverbrechen. 2022 waren es 1.029.

“OIDAC Europe”-Direktorin Anja Hoffmann plädiert in einer Pressemitteilung dafür, die “Bemühungen zum Schutz der Religions- und Glaubensfreiheit” zu verstärken und spricht sich für “die Schaffung des Amtes eines EU-Koordinators für die Bekämpfung antichristlicher Hassverbrechen, parallel zu den bestehenden Mandaten für die Bekämpfung von Antisemitismus und antimuslimischen Hassverbrechen” aus.

Nicht alle Gewalttaten gegen Christen werden erfasst

Während die Zahl der Verbrechen gegen Christen in Amerika nur geringfügig angestiegen ist (2022: 609; 2023: 702), haben sich die Gewalttaten in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr mehr als verdoppelt — von 135 Fällen im Jahr 2022 auf 277 im Jahr 2023 — das ist ein Anstieg um 105 Prozent — wobei die OIDAC zusätzlich von einer hohen Dunkelziffer ausgeht. Die Zahl der Sachbeschädigungen an religiösen Einrichtungen in Deutschland belaufe sich auf 2.000.

Die Art der Verbrechen reiche “von Graffiti über Vandalismus bis hin zu körperlichen Angriffen auf Christen, die religiöses Material verteilen”, heißt es im Bericht, wobei in Deutschland “nur politisch motivierte Hassverbrechen erfasst” würden, so Hoffmann. Vandalismus, der 81 Prozent der Fälle ausmacht, oder Brandanschläge auf Kirchen (acht Prozent) würden nicht gezählt, wenn kein politisches Motiv festgestellt werden konnte, wie es in Sachsen der Fall gewesen sei: Dort “wurde beispielsweise in einer Kirche eine Bibel verbrannt, eine andere Kirche mit rohen Eiern beworfen und mehrere christliche Gotteshäuser mit satanistischen Graffiti beschmiert”, zählt die OIDAC-Diektorin auf. “Keiner dieser Fälle scheint in der bundesweiten Statistik auf.”

Gleiches gilt für andere Länder, wie England, und besonders Frankreich, dem Spitzenreiter auf dem Gebiet der Gewaltverbrechen gegen Christen. Dort wurden im letzten Jahr 1.000 antichristliche Hassverbrechen registriert, in Großbritannien waren es mehr als 700. Hoffmann erläutert: “Da Frankreich und einige andere Länder mit hohen Zahlen keine Statistiken an die OSZE übermitteln, sind die tatsächlichen Zahlen wesentlich höher als die OSZE-Daten vermuten lassen.” Sie ermutigt die Opfer, Vorfälle an OSZE und OIDAC zu melden.

Kündigungen, Suspendierungen und gerichtliche Verfahren

Daneben zählen dem Bericht zufolge auch Diskriminierungen wie der Verlust des Arbeitsplatzes, unbegründete strafrechtliche Ermittlungen, Schließung von Bankkonten, Demütigung oder Mobbing zum Repertoire der Diskriminierung von Christen, “die ihre religiösen Überzeugungen in der Öffentlichkeit zum Ausdruck brachten”, wie Hoffman es formuliert. Und im Bericht ist zu lesen: Äußerungen wie “Die Ehe ist eine Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau” oder “Das menschliche Leben beginnt mit der Empfängnis” seien unter anderem Gründe gewesen, “warum Christen ihren Arbeitsplatz verloren haben”.

Auch Betroffene kommen im Bericht zu Wort. So berichtet ein älterer Mann: “Jede Erwähnung des Glaubens in einem Lebenslauf schließt einen von einem Vorstellungsgespräch aus. Meine jährliche Beurteilung wurde herabgesetzt, weil ich von Christus sprach.” Und eine Frau mittleren Alters gibt zu Protokoll: “Ich wurde an meinem Arbeitsplatz gemobbt, ich fühlte mich weniger wert, obwohl ich in meiner Arbeit in anderen Bereichen sehr erfolgreich war…”

Zudem erinnert der Bericht an einen Fall aus diesem Jahr, wo ein Mann wegen stiller Gebete vor einer Abtreibungsklinik zu einer Geldstrafe von über 9.000 Pfund (ca. 10.800 Euro) verurteilt worden ist. Nach eigener Aussage hat er für seinen verstorbenen Sohn gebetet. “Sein geneigter Kopf und seine gefalteten Hände hätten gegen das Gesetz verstoßen”, so habe das Gericht befunden. Das sei eine Einschränkung der Religionsfreiheit, so Hoffmann. “Diese Formen der Diskriminierung haben eine abschreckende Wirkung.”

Angst vor freier Meinungsäußerung

Tatsächlich geht aus dem im Bericht erwähnten Deutschen Freiheitsindex hervor, dass die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung 2023 an einem Tiefpunkt angelangt ist. Während 1971 noch 83 Prozent der Deutschen angaben, sich frei äußern zu können, waren es 2011 noch 66 Prozent und 2023 nur noch 44 Prozent.

Christen würden sich, so die “ODAIC”, zunehmend einer Selbstzensur unterziehen. Eine Umfrage aus diesem Jahr in Großbritannien hat ergeben, dass 36 Prozent der Christen unter 35 Jahren sich nicht frei fühlten, am Arbeitsplatz ihre christlichen Ansichten zu gesellschaftlichen Fragen zu äußern.

Neben der Diskriminierung von Christen prangert der Bericht entschieden auch die Diskriminierung von Muslimen und Juden an. Die Zahl an Hassverbrechen sei im vergangenen Jahr besonders hoch gewesen: Die ODAIC registrierte 8.951 antisemitische und 5.987 antimuslimische Hassverbrechen.

DT/dsc

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