Das Hauptlaster des Stolzes lauert immer und überall

29. Sonntag im Jahreskreis

Quelle
Unser Sonntag: Karriere nach unten – Vatican News
“Große Sensation”: Über 1.200 Jahre alter Kelch kommt nach Deutschland – katholisch.de
Predigt: 29. Sonntag im Jahreskreis B 2024 (Dr. Josef Spindelböck) – Mission heisst Sendung

Von Aldo Vendemiati

17. Oktober 2024

CNA Deutsch präsentiert die folgende Predigt zum bevorstehenden 29. Sonntag im Jahreskreis.

An diesen Sonntagen erzählt uns das Markusevangelium vom Weg Jesu hin nach Jerusalem, hin zum Kreuz. Unterwegs wiederholt Jesus seine Einladung, ihm zu folgen, doch diese Einladung trifft auf das Unverständnis der Jünger, das ein Spiegel unseres Unverständnisses ist und die Härte unseres Herzens enthüllt.

Am letzten Sonntag haben wir Jesus gehört, der den Jüngern, die alles aufgegeben haben, um ihm nachzufolgen, das Hundertfache in dieser Welt und das ewige Leben versprochen hat. Jakobus und Johannes nutzen die Chance. Auch sie haben alles aufgegeben, um Jesus nachzufolgen. Sie wollen sich daher einen bedeutenden Platz in seinem messianischen Reich, in seiner Herrlichkeit sichern (Mk 10,35-45).

Offensichtlich erwarten sie irdischen, politischen und militärischen Ruhm. Sie haben nicht verstanden, was Jesus in Jerusalem tun wird. Sie bitten darum, einer zu seiner Rechten und einer zu seiner Linken sitzen zu dürfen, das heißt, die ersten Würdenträger des Königreichs zu sein. Sie wollen Macht. Im Übrigen erbitten sie es auch mit einer gewissen Arroganz, wie eine Art Forderung: “Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Wir haben alles verlassen, um dir zu folgen, wir haben das Recht auf einen Posten.”

Jesus sagt deutlich: “Ihr wisst nicht, um was ihr bittet. Ihr habt immer noch nicht verstanden, wer ich bin und was ich in Jerusalem tun werde.”

Der Prophet Jesaja (53,10–11) – wie wir in der ersten Lesung hören – hatte es vorhergesagt: Christus würde ein Zermalmter sein, er würde sein Leben als Schuldopfer einsetzen und die Sünden der Menschen auf sich laden.

“Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?” Und die Jünger antworten, ohne zu verstehen, mit “ja”. Vielleicht denken sie, dass es darum geht, einen besonderen Ritus zu feiern: aus demselben Kelch zu trinken (wie man es beim jüdischen Paschamahl machte), gemeinsam im Wasser unterzutauchen (wie es Johannes der Täufer tat).

Und sicherlich erinnert die Antwort Jesu an zwei Sakramente: an die Taufe und an die Eucharistie (den Kelch). Aber wir würden in den gleichen Irrtum verfallen wie die Jünger, wenn wir glauben würden, dass die materielle Wiederholung der Riten dieser Sakramente uns das Recht auf irgendeinen Triumph unseres Stolzes geben würden.

Die Taufe Jesu zu empfangen bedeutet, in seinen Tod einzutauchen, uns selbst zu sterben, sich das selbstsüchtige Leben nehmen zu lassen, um zu einem neuen Leben aufzuerstehen, so dass – wie der heilige Paulus sagt – es nicht mehr wir selbst sind, die leben, sondern Christus in uns lebt (vgl. Gal 2,20). Den Kelch Jesu zu trinken, die Eucharistie wirklich zu feiern, bedeutet, sein Leiden zu teilen und in die Logik seiner Liebe “bis zur Vollendung” (Joh 13,1) einzutreten – jene Liebe, die das Leben für die Freunde hingibt (Joh 15,13).

Die Bitte von Jakobus und Johannes war von Machthunger bestimmt, ebenso wie die Reaktion der restlichen zehn. Jesus stellt die Erwartungen der Menschen auf den Kopf und sagt: “Ihr wisst, dass die, die als Herrscher gelten, ihre Völker unterdrücken und ihre Großen ihre Macht gegen sie gebrauchen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein.”

Ist das bei uns wirklich nicht so? Der Wunsch, den ersten Platz einzunehmen und Herr über andere zu sein – das Hauptlaster des Stolzes – lauert immer. Überall. Auch innerhalb der Kirche, wie wir leider jeden Tag sehen: von Seiten der Hirten, aber auch von Seiten der Laien und von jedem, der ein Minimum an Macht erlangt. Und das bedeutet, sich von Christus zu entfremden, der
“nicht gekommen ist, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele”.

Wer ihm folgt, der muss ihn nachahmen. Das Lösegeld ist der Preis, der für die Befreiung eines Sklaven gezahlt wird. Mit seinem Leben bezahlt Jesus für die anderen und anstelle der anderen. Er bezieht uns in sein Liebeswerk mit ein: Wir nehmen am Erlösungswerk teil.

Und dann verwirklicht sich auch in uns das Wort Jesajas, das in Christus schon verwirklicht ist: “Er, der sein Leben als Schuldopfer einsetzt, wird Nachkommen sehen und lange leben. Was dem Herrn gefällt, wird durch ihn gelingen. Nachdem er vieles ertrug, erblickt er das Licht. Er sättigt sich an Erkenntnis.”

Aldo Vendemiati ist Priester und Professor an der Philosophischen Fakultät der Päpstlichen Universität Urbaniana. Sein Blog findet sich HIER. Die Predigt wurde mit freundlicher Genehmigung veröffentlicht.

Hinweis: Meinungsbeiträge wie dieser spiegeln die Ansichten der jeweiligen Gast-Autoren wider, nicht notwendigerweise jene der Redaktion von CNA Deutsch.

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Predigt
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