Irakische Christen in Angst wegen Konflikten im Heiligen Land und Libanon
Der Krieg im Heiligen Land und die angespannte Lage im Südlibanon verunsichern auch die christliche Minderheit im Irak stark
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Irak
Von Kirche in Not
München – Freitag, 12. Juli 2024
Der Krieg im Heiligen Land und die angespannte Lage im Südlibanon verunsichern auch die christliche Minderheit im Irak stark. Das erklärten der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, und Nizar Semaan, der syrisch-katholische Erzbischof von Adiabene, bei einer Pressekonferenz des weltweiten katholischen Hilfswerks “Kirche in Not” (ACN). Anlass war der bevorstehende 10. Jahrestag der Eroberung mehrheitlich von Christen bewohnter Orte in der Ninive-Ebene durch Truppen des “Islamischen Staates” (IS) am 6. August 2014. Damals waren mehr als 100.000 Christen über Nacht in den kurdischen Teil des Irak geflohen.
“Christen sind immer betroffen”
“Wir haben immer Angst. Was auch immer um uns herum geschieht, im Libanon, im Gazastreifen oder anderswo, die Christen sind immer betroffen”, betonte Semaan. Die aktuellen Konflikte im Nahen Osten machten den Christen einmal mehr bewusst, “dass sie in solchen Situationen oft zur Zielscheibe von Fundamentalisten oder zu Kollateralzielen in den Kriegen anderer werden”, ergänzte Warda. “Die Spannungen zwischen bestimmten Gruppierungen und Parteien sind hoch, sehr hoch.” Die Christen würden diese Situation beobachten und sich auf eine mögliche Eskalation vorbereiten.
Gleichwohl seien die Christen im Irak aktuell keiner “offenen Gewalt” ausgesetzt; der IS stelle keine ernsthafte Bedrohung mehr dar, erklärte Semaan. Die Mentalität, die ihn hervorgebracht habe, sei jedoch eine anhaltende Herausforderung. “Der IS wollte uns nicht hier haben, aber viele Schiiten wollen das auch nicht.” Der schiitische Islam ist im Irak die dominierende religiöse Richtung, der etwa 63 Prozent der Bevölkerung angehören, der Anteil der Sunniten liegt bei rund 35 Prozent. “Das Problem im Irak ist, dass hier viele Menschen versuchen, isolierte ‘Inseln’ für jede Gemeinschaft zu schaffen, ohne ein gemeinsames Leben”, sagte der Erzbischof von Adiabene. Das sei gefährlich. “Man kann leben, wo man will und stolz auf die eigene Identität sein, aber man darf sich nicht vor den anderen Mitbürgern verschließen.”
Bildung, um radikale Mentalität zu überwinden
Um die diese Mentalität zu überwinden, seien zwei Dinge nötig, betonten die beiden Geistlichen: Konzentration auf Bildung, zum Beispiel mit katholischen Schulen und Universitäten, und “Druck auf die Regierung, damit sie ein gemäßigtes Bildungssystem fördert”, wie Erzbischof Semaan erläuterte.
Erzbischof Warda führte aus, dass die Christen in den Jahren der Vertreibung die erhaltenen Hilfen auch mit Jesiden und in Not geratenen Muslimen geteilt hätten, um so einer weiteren Radikalisierung entgegenzuwirken. “Ich bin überzeugt, dass wir evangelisieren, wenn wir teilen und unseren Mitmenschen das Evangelium der Solidarität zeigen”, betonte Warda.
Als Beispiel nannte Warda die sogenannten “Papst-Franziskus-Stipendien” für mittellose Studenten an der Katholischen Universität von Erbil, die “Kirche in Not” nach dem militärischen Sieg über den IS maßgeblich mitfinanziert hat. “Wir haben gefragt, ob wir Jesiden und Muslime, die dringend Hilfe benötigen, miteinbeziehen können. Bildung ist ein wichtiger Schlüssel zur friedlichen Koexistenz. Deshalb haben wir in Zusammenarbeit mit ‘Kirche in Not’ so viel in diesen Bereich investiert.” Rund die Hälfte der aktuell etwa 300 Studenten an der Katholischen Universität von Erbil erhält ein Stipendium. “Kirche in Not” unterstützt darüber hinaus weitere katholische Bildungseinrichtungen im Irak.
Seit 2014 hat das Hilfswerk an die 500 Einzelprojekte mit einem Umfang von über 56 Millionen Euro finanziert, darunter den Wiederaufbau von zerstörten Wohnhäusern und kirchlicher Einrichtungen in der Ninive-Ebene. Lokalen Angaben zufolge sind über die Hälfte der vertriebenen Christen dorthin zurückgegehrt. Die Zahl der Christen im Irak hat sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv dezimiert: Lag ihre Zahl 2003 noch bei rund 1,5 Millionen, sind es heute schätzungsweise noch deutlich weniger als 250.000.
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