Nachfolge ist der Wesenskern des Christentums

Gefunden und berufen: Über den Weg der Christen in die Nachfolge des Herrn

Quelle
Harm Klueting: Jesus ist wirklich der Sohn Gottes | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Hl. Johannes der Täufer

13.01.2024

Andrzej Kucinski

Was ist letztlich das Christentum, wenn nicht die existenzielle Nachfolge Jesu Christi? Das sagt uns Johannes, der Evangelist zu Beginn seines Evangeliums deutlich. Es geschieht im Rahmen der vier Tage, welche der ersten Offenbarung der Herrlichkeit Jesu (doxa) bei der Hochzeit in Kana (Johannes 2, 1–12) vorausgehen, und zwar in Anlehnung an die mehrtägige Vorbereitung des Volkes Israel auf die Gabe des Gesetzes in Exodus 19.

Die Szene von Johannes 1, 35–42 beinhaltet die Dramatik der Realisierung dessen, was Johannes der Täufer mit seiner Rolle als “Stimme in der Wüste” (Johannes 1, 23) meinte: Wenn das “Wort” kommt, darf die “Stimme” zurücktreten. Es impliziert die Übernahme der Jünger des Johannes durch Jesus, auf den Johannes selbst verweist. Die Antwort des Andreas und des namenlosen Jüngers ist ein Paradigma der Nachfolge Jesu in den Evangelien.

Wo wohnst Du?

Sie beginnen sich von einer statischen Position (heistēkei) zu bewegen, wenn sie Jesus vorübergehen (peripatounti) sehen und werden zu seinen “Akolythen” (ēkolouthēsan), also “Gefolgsleuten”. Am Anfang verstehen sie noch nicht, wem sie folgen. Das zeigt ihre Antwort auf die Frage Jesu “Was wollt ihr?”. Sie nennen Jesus “Meister” und wollen wissen, wo er wohnt, weil jeder Lehrer doch eine Bleibe haben muss. Sie meinen ferner, den Messias nach ihrem Maß gefunden zu haben. Das zeigt das Zeugnis des Andreas, der zu seinem Bruder Simon sagt: “Wir haben den Messias gefunden!” (1, 41), während doch sie eher “gefunden” wurden.

Hinter der pragmatisch anmutenden Frage nach dem Wohnort Jesu dürfen wir jedoch eine tiefere Suche nach Beziehung erblicken. Wenn ich weiß, wo du wohnst, weiß ich auch, wer du bist und wie du möglicherweise zu uns stehst. Der Tag, den Jesus seinen neuen Jüngern mit sich selbst gewährt – ein “Reinschnuppern” würde man heute sagen –, wird zu Beginn eines christlichen Abenteuers: Christen sind “Follower” Jesu, aber im existenziellen Sinn – sie folgen keiner Idee, sondern einer Person, die sich ständig bewegt, und sie auch selbst in Bewegung setzt. Obwohl es scheint, dass sie es sind, die ihren Meister finden, hat er sie bereits gefunden, denn die Initiative zur Nachfolge geht von ihm aus.

Lernen auf dem Weg

Es ist nicht entscheidend, dass sie am Anfang nicht viel verstehen, denn es ist ein “learning by doing”: Man lernt ihn kennen, indem man gemeinsame Erfahrungen mit ihm macht. Auch als ewige Anfänger dürfen und sollen sie andere zu Jesus, den wahren Christus, bringen, wie es Andreas mit seinem Bruder tut. Und das Spannende ist: Bei diesem Christus bekommt man gleich eine neue Identität – Simon wird zu Petrus!

“Text unter der Lupe”

1 Samuel 3, 3b–10.19
1 Korinther 6, 13c–20
Johannes 1, 35–42
Zu den Lesungen des 2. Sonntags im Jahreskreis 2024 (Lesejahr B)

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