Mein Weg in die katholische Kirche
Mein Weg in die katholische Kirche: Wie Benedikt XVI. mich im Glauben bestärkt hat
Quelle
Christa Meves
Gott sei Dank gibt es Christa Meves | Die Tagespost (die-tagespost.de)
Abschiedssendung mit Christa Meves | radio horeb Leben mit Gott …
Kardinal Gerhard Müller würdigt Prälat Georg Ratzinger zum 100. Geburtstag – Christliches Forum
Georg Ratzinger
Kardinal Scheffczyk
10. Januar 2023
Von Christa Meves
Bei der Nachricht vom Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. kamen mir persönliche Erinnerungen wieder in den Sinn:
Nachdem Kardinal Ratzinger im Fuldaer Dom einen hochkarätigen Vortrag gehalten hatte, wurde ich vom einladenden Bischof zu einer kleinen Nachfeier eingeladen.
Die Themen des Kardinals in seinen Verlautbarungen hatten mich begeistert – entsprachen diese doch stark dem Vorrang meiner eigenen Grundausrichtung in der Öffentlichkeitsarbeit.
Es ging mir von meinem Fach der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapie her um die Bedrohung der Zukunft durch deren Ideologisierung. Und dabei schien mir häufig auch die Schöpfungsordnung des HERRN durch leichtfertige Grenzüberschreitungen missachtet zu werden.
An diesem Abend stand ich bei der Vorstellung der Gäste durch den Gastgeber unversehens Kardinal Ratzinger gegenüber und er kam so auf mich zu, als begrüße er eine alte Bekannte. So ließ sich vermuten, dass ihm meine jüngsten Bücher mit ähnlichen Themen bekannt waren. Es gab an diesem Abend übereinstimmende Gespräche – zusätzlich mit Kardinal Scheffczyk an meiner Seite.
Um diese Zeit war Kardinal Ratzinger als Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation von Papst Johannes Paul II. mit der Überarbeitung des katholischen Katechismus beauftragt und damit beschäftigt.
Aus dem Kontakt zu ihm ergab sich, dass er damals aus ihm ferner stehenden Fachbereichen wissenschaftliche Fachkenntnisse zu erwerben und zu vertiefen suchte. Diese Gebiete bezogen sich vor allem auf Bereiche der Psychologie, besonders der Psychopathologie. Diese Themen waren ihm selbstverständlich nicht so durchgängig präsent wie seine überragend entwickelten theologischen Kenntnisse.
Natürlich habe ich mit Eifer Fragen aus meinem Fach zu beantworten versucht, mit denen ich beim Studium auf der Hamburger Universität und durch Praxisarbeit vertraut geworden war. Diese Früchte waren deshalb reichhaltig gewesen, weil nach dem 2. Weltkrieg die im Hitlerreich vertriebenen Professoren nun die neue Universitätsära zu bevölkern begannen.
Die 68er Revolte als negative Zeitenwende
Die aufgebrochene sog. Studentenrevolte hatte hier ein besonderes Interesse bei der mit dem Wiederaufbau beschäftigten westdeutschen Bevölkerung geweckt; denn so hieß z. B. das Credo der neuen Zeit: Das Christentum sei vorbei, die neue Zeit würde mit dem Sex als der höchsten Lust neu konzipiert.
Diese Zeitenwende schrie geradezu nach einer zeitgemäßen katholischen Glaubensentgegnung. Kardinal Ratzinger war deshalb an der Arbeit. Er sprach von einem unangemessenen “Relativismus” im Tenor des Zeitgeistes und mahnte 2011 in einer Rede vor dem deutschen Parlament die unzureichend beachtete “Ökologie des Menschen” an.
Nachdem der Weltkatechismus – zunächst in französischer Sprache – erschienen war, konnte er aber den neuen Ergebnissen der Sexualforschung in einem sicheren wissenschaftlichen Erkenntnisstand noch gar nicht entsprechen. Kardinal Ratzinger hatte hier begreiflicherweise noch weiterhin verschiedene Fragen, die er durch solide Forschungserbnisse zu füllen suchte. Er plante dann auch eine weitere Fassung für den Weltkatechismus, die in endgültiger Form dann später erschien.
Das persönliche Angesprochensein war und blieb für mich ein tief wirkendes Erlebnis. Allein durch das Treffen mit dieser Persönlichkeit kam danach durch das geweckte Interesse ein eifriges Studium seiner Schriften auf mich zu.
Dabei wurde mir vor allem durch seinen Dreiteiler “Jesus Christus” deutlich, dass hier ein mächtiger geistlicher Leuchtstern von großer Kraft aufgegangen war.
So verlor ich meine Heimat in der evang. Kirche
Damit Ihnen jetzt nicht zu viele Nachfragen in den Sinn kommen, möchte ich Ihnen nun gleich noch in einer kleinen erläuternden Randbemerkung erzählen, dass es bereits die Enzykliken seines Vorgängers waren, die mir die Einsicht vermittelten, dass ich in der evangelisch-lutherischen Kirche keine Heimat mehr haben würde; denn die Aufweichung der christlichen Kultur und damit die Absolutheit der Zehn Gebote waren dort seit den 60er-Jahren verschiedenseitig nachhaltig in Frage gestellt worden.
In der Hauptsynode der evangelischen Kirche – ich war dort hineingewählt worden – wurde ich zwar mit nach links gerückten Jahresversammlungen konfrontiert, aber wenn ich mit sonst seltenem Schnupfen nach Hause kam, pflegte mein humorvoller Mann, Augenarzt in Uelzen, zu stöhnen: “Ja, merkst du denn nicht, dass du die Nase voll hast?”
Schon zu den Vorzeiten meiner Verehrung der Ratzinger-Arbeiten war mir deshalb die Übereinstimmung mit der Zielrichtung meiner Heimatkirche (einst als Kind durch meinen kirchenfrommen Vater erwirkt) abhandengekommen.
Wo blieb z. B. in dieser unserer evangelischen Kirche die heilige Gottesmutter? Durfte sie allein im Lied vom Dornwald noch auftauchen?
Die Gottesmutter als Leitstern für die Gläubigen
Und so begann ich damals eine Hinneigung zu ihrer Verwurzelung in der katholischen Kirche zu entwickeln, und zwar umso mehr, je stärker jahrhundertelang die enge Bindung der Babys an ihre leiblichen Mütter in Mitteleuropa als Vorbild der Gottesmutter außerordentlich positive Früchte in Gestalt einer Hochblüte der Kultur hervorgerufen hatte.
Das erzeugte in mir großes Erstaunen:
Katholische Tradition mit Maria als Vorbild entsprach meinen eigenen Erkenntnissen und Erfahrungen der Praxis im Hinblick auf eine seelisch gesunde Entfaltung der Kinder.
Das führte zu meiner Konversion im Jahr 1987, der die meines Mannes im Jahr 2000 folgte. Dadurch ergab sich eine neue Papstverehrung, des polnischen Papstes Johannes Paul (1978 – 2005) und – nach dessen Tod – des Papstes Benedikt XVI. (2005 – 2013).
Inzwischen war mir längst klar geworden, dass wir mithilfe dieser beiden führenden katholischen Köpfe eine kraftvolle Bastion erstellt bekommen hatten und dass es unabdingbar wäre, den Diffamierungen, denen besonders Benedikt mehr und mehr ausgesetzt war, mit Fachkenntnissen aus ihm ferner stehenden Fachbereichen – den psychologischen vor allem – zu begegnen und der Wahrheit durch Veröffentlichungen eine Stimme zu geben.
Die Familie mit den genetisch festen Strukturen müsse wieder mehr in den Mittelpunkt des Sozialbereiches treten, das schrieben beide Päpste unverzüglich in ihren gewichtigen Enzykliken. Die Achtung vor Gottes Schöpfung würde sonst leichtfertig unbeachtet werden, Gottes Willen müsse erhalten bleiben, wenn wir Hoffnung auf Zukunft haben wollten.
In dieser Weise habe ich dann jahrelang unermüdlich öffentlich mit angemahnt und in Büchern und Printmedien geschrieben.
Später wurde mir dann zu meinem Erstaunen noch eine ehrenvolle Aufgabe zuteil. Im Namen von Georg Ratzinger, dem Bruder von Papst Benedikt XVI., lud mich Rechtsanwalt Dr. Roger Zörb ein, an der Festschrift zum 80. Geburtstag von Papst Benedikt (1) teilzunehmen.
Mit Freude sagte ich zu, war ich doch zuvor einmal von Georg Ratzinger anlässlich eines Vortrages in Regensburg in seine Privatwohnung eingeladen gewesen und hatte tiefgreifende Gespräche mit ihm geführt.
Und dieses mein Glück der Beteiligung an einer Festschrift für den Papst wiederholte sich dann sogar noch fünf Jahre später mit dem Beitrag zu einer zweiten Festschrift zum 85. Geburtstag des Papstes (2).
Mit Eifer erfüllte ich diese Aufgabe, war ich doch über das Geschenk dieses hochkarätigen Bannerträgers des christlichen Glaubens durch immer mehr Studium seines Werkes getröstet und beglückt worden. Wie waren wir bei seiner Nominierung zum obersten Kirchenfürst am Bildschirm vor Freude in Tränen ausgebrochen. Hatten gläubige Christen doch die Zuversicht, dass diese beiden Päpste das gewichtigste Geschenk unseres liebenden Gottvaters besonders für uns westliche Christen seien! Unser Benedikt XVI. war ebenso bescheiden wie zugleich ein untadeliges Vorbild als verantwortungsbewusster, leise Leitender der Großkirche!
Sein Rücktritt schockierte mich
Sein Rücktritt 2013 war ein Schock. Hatte es ihm so zugesetzt, dass man seine vielen Bemühungen um das Trockenlegen des Missbrauchssumpfes im kirchlichen Terrain nicht ernst genug genommen hatte?
Diffamierung neben sich steigernden Altersplagen hatte auch mich, die zwei Jahre Ältere, nun schon lange begleitet. Sollte auch ich die Hände in den Schoß legen?
Mittelbar hatte dieser Papst mich trotz der Mühsal des Alters bisher zum Weitermachen ermutigt, indem mir bereits 2005 von den so standfesten Kardinälen Brandmüller und Meisner das Komturkreuz des Gregoriusordens am Bande überreicht worden war.
In der Erinnerung taucht bei mir immer neu ein Bild auf, das mir als Zuschauer bei seiner Pastoralreise durch Deutschland zuteil wurde. Papst Benedikt war dabei sogar zu einem Besuch in den “heidnischen” Norden vorgestoßen. Dabei als Zuschauerin in einer relativ kleinen Gemeinde im Norden durfte ich die Krönung einer alten Nähe erleben:
Er stand dort in einem strahlenden Abendlicht auf einem weiten Podium in prachtvoller Färbung seines Ornats mit ausgebreiteten Armen – eine segnende Himmelsgestalt – schon wie beflügelt!
Fest eingeprägt blieb der Eindruck eines unermesslich großen, liebevollen Geschenks durch unserem Gott in der Gestalt des Vorbilds dieses Papstes als wahrhaftig, tapfer, weise und gehorsam, als ein unsterblicher Lehrer für jeden, der im christlichen Sinne die Nähe zu Gott sucht, mit Liebe und dennoch mit nüchterner Vernunft.
(1) Festschrift für Papst Benedikt, initiiert von Georg Ratzinger, unter der Regie von RA Roger Zörb, zum 80. Geburtstag am 16. April 2007, VRZ: GmbH, Lünen. Beitrag von Christa Meves: Schwächelt die alte Schlange?, S. 149-152.
(2) Festschrift für Papst Benedikt, initiiert von Georg Ratzinger, unter der Regie von RA Roger Zörb, zum 85. Geburtstag am 16. April 2012, Verlag Wenzlik, Hamburg. Beitrag von Christa Meves: Die Stellung der Familie im Schöpfungsplan Gottes, S. 153-173.
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