Was ‘Pastoral-Konzil’ bedeutet *UPDATE

“Das pastorale Reden des Lehramtes hat letzlich eine neue Situation geschaffen”

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*Vor 150 Jahren berief Pius IX. das Erste Vatikanische Konzil ein
Die Vertiefung der Spaltung

Letztlich hat das pastorale Reden des Lehramtes eine neue Situation geschaffen, welcher sich zu stellen viele Theologen erst lernen müssen.

Gastkommentar von Michael Gurtner

Salzburg, kath.net, 18. August 2014

In der Theologie gibt es mitunter Begrifflichkeiten, welche Schwierigkeiten bereiten und nicht immer von allen einhellig verstanden werden. Dies kann Begriffe betreffen, deren philosophische Bedeutung sich im Laufe der Zeit geändert hat, wie etwa der Terminus Substanz. Solche Begriffe sind relativ leicht wieder einzufangen, da man sie in ihrer eigentlichen Bedeutung erklären kann, so wie sie von ihrem ursprünglichen Konzept her, als sie geprägt wurden, verstanden wurden.
Diese Termini darf man nicht leichtfertig aufgeben und durch andere ersetzen, da die grosse Gefahr besteht den Eindruck zu erwecken, mit dem Ersetzen eines alten durch einen neuen Begriff habe sich auch die Lehre geändert, was ja mitunter auch tatsächlich so angestrebt wird. Dies ist zu vermeiden, und man soll besser dafür optieren, das Verständnis der spezifischen Bedeutung eines Terminus in seinem theologischen Kontext zu fördern. Etwas schwieriger verhält es sich mit jenen Begriffen welche deshalb Schwierigkeiten machen, weil sie neu sind und man noch um ein allgemeines und einheitliches Verständnis ringen muss. Meist sind dabei auch interessierte Gruppen involviert, welche über den Weg der Terminologie Entwicklungen und Interpretationen in eine bestimmte Richtung anstossen wollen.

Ein Begriff, bei welchem beides zusammenkommt, scheint jener des “Pastoralkonzils” zu sein. Es ist eine tatsächlich neue und bislang unbekannte Art von Konzils gewesen, und hinzu kommt, dass der Begriff der Pastoral heute teils bewusst anders verstanden wird als zur Zeit des Zweiten Vatikanums, nämlich als das “gute” Gegenstück zur “bösen” Trias von Dogmatik, Moral und Recht.

Pastoral, das wird heute oft als eine bevorzugte Dimension kirchlichen Lebensvollzuges gedacht, welche weit über der Liturgie angesiedelt ist (und welche als Akt göttlicher Anbetung der eigentliche lebensvollziehende Akt der Kirche ist!), und der alles andere, speziell die genannte Trias, zu bestimmen vermag. Es sind nach einem heute weitverbreiteten Verständnis die “pastoralen Bedürfnisse”, welche die Lehre der Kirche in all ihren Dimensionen bestimmen. Nach dieser Auffassung geht die Pastoral der Lehre voraus, die Praxis steht über dem Tun.

Dieses irrige Verständnis wird heute nicht zuletzt auch dem Zweiten Vatikanischen Konzil unterstellt bzw. auf dieses angewandt. Es geht Hand in Hand mit einer Rede vom “Geist des Konzils”.

Das Zweite Vatikanum selbst hingegen hat einen vollkommen anderen Begriff von Pastoral gehabt, nahezu gegenteilig. Auch wenn zunächst festzustellen ist, dass weder das Konzil selbst noch die nähere oder weitere Konzilsvorbereitungsphase genau und systematisch definierten, wie sie die Pastoralität des Konzils verstehen, so ist doch vor allem aus dem Zweck der Einberufung des Konzils, sowie aus der Sprache in der die verschiedenen Konzilstexte verfasst sind eine Grundlinie dessen, wie es Pastoral versteht, deutlich erkennbar.

Diese besteht für das Zweite Vatikanum nicht darin, die Lehre der Pastoral nachzuformen, sondern ganz im Gegenteil, die der Pastoral vorgehende Lehre soll nicht nur ein Wissen einer unmittelbar mit Theologie befassten Minderheit bleiben, sondern allen Menschen zugänglich gemacht werden.

Pastoral im Sinne des Konzils heisst, die vorliegende, unverkürzte und unveränderte Lehre auf eine Weise aufzubereiten, dass sie auch von den einfachen Gläubigen erschlossen und verstanden werden kann. Dies ist alles andere als eine Absage an eine Theologie zugunsten der Pastoral, ganz im Gegenteil. Die theologische Arbeit wird gerade als die Basis der Pastoral gesehen. Pastoral baut auf Dogmatik auf!

Was zuerst mit Recht und aus Notwendigkeit in einer theologischen Fachsprache formuliert wurde, weil sie präzise ist und nur in dieser Präzision das grosse Glaubensgefüge erkennbar und formulierbar wird, galt als gesichert. Das kirchliche Lehramt hatte viele anstehende Fragen entschieden, sei es durch Dogmen, sei es durch Konzilsentscheide, speziell jene des Tridentinums und des Ersten Vatikanums.

Nun war es aber auch mal an der Zeit, diesen Glaubensschatz, der als lehramtlich gesichert galt, einem grösseren “Publikum” zugänglich zu machen und für alle Gläubigen zu erschliessen. Es ist der natürliche Schritt nach lehramtlicher Wahrheitsfindung. Der Theologe arbeitet und forscht schliesslich nicht zum Privatvergnügen, sondern um seine Ergebnisse, nach lehramtlichen Urteil, den Gläubigen zugänglich und ihrem Heil zuträglich zu machen. In seiner präzisen Sprache, mit welcher er komplexe Glaubenszusammenhänge herauszustellen sucht, arbeitet er also dem kirchlichen Lehramt der Kirche zu, welches bei seinen Lehramtsaussagen auf die Erkenntnisse der Theologen zwecks Urteilsbildung zurückgreift. Was dann als Lehre der Kirche angenommen wird, das wird schliesslich aus dem “inneren” Kreis der Theologen hinaus zu den Gläubigen getragen, damit auch diese für ihren Glauben profitieren. Dazu muss natürlich das, was zunächst in einer präzisen Sprache verfasst wurde, um es klar und deutlich erklären zu können und so erst einer Wahrheitsprüfung zugänglich zu machen, in eine andere Sprache transponiert werden, welche dasselbe aussagt, doch so, dass es allgemeinverständlich wird.

Die theologische Präzision des ersten Schrittes ist die unaufgebbare Voraussetzung dafür, dass im letzten Schritt, beispielsweise in der Predigt und der Katechese, eine einfachere, oder nennen wir sie “pastorale” Sprache gefunden werden kann.

Würde der erste Schritt nämlich ausbleiben, so würde auch die Lehrvermittlung sich in Vages auflösen, frei nach dem Motto vago vago vagando, und es könnte sich keine einheitliche Lehrverkündigung entwickeln. Man kann erst dann sozusagen “grob” und “abgekürzt” (nicht ver-kürzt!!) und zusammenfassend von den Dingen sprechen, wenn man genau weiss, wovon man spricht und welche Teile man wie vereinfachend darstellen kann ohne an der Glaubensaussage etwas zu verändern.

Ende der 1950er Jahre sah sich die Kirche jedenfalls genau an diesem Punkt angelangt. In den vergangenen Jahrhunderten war vieles von den Theologen, oft auch kontrovers, diskutiert worden, und hat schliesslich eine lehramtliche Definition gefunden. Dies geschah in vielen verschiedenen Akten, unter denen die Dogmatisierungen der unbefleckten Empfängnis, der Infallibilität sowie der Aufnahme Mariens mit Leib und Seele in den Himmel sicher als Höhepunkte herausragen, jedoch nicht die einzigen sind. Auch die Anathemen und sonstige Lehraussagen der beiden vorangegangenen Konzilien, sowie eine ganze Reihe weiterer hoheitlicher Lehramtsakte waren genau an jenem Punkt angelangt, dass die lehramtliche Sicherung erfolgt schien, aber nun noch der letzte Schritt fehlte, nämlich jener, diese Lehren in ihrer Fülle auch den Gläubigen zu erschliessen.

Zwar wussten diese meist um die einzelnen Lehren der Kirche, aber sie kannten sie nicht in deren inneren Begründung und Zusammenhängen. Das Wissen um diese war oft in nützliche und gut einprägsame Formeln gegossen, und auch unserer Zeit würde es guttun, diese Formeln, die man oft auswendig konnte, wiederzuentdecken. Es ist ein gutes Mittel um den Lehrinhalt nachhaltig zu kennen, aber bleibt dies allein, so ist es zu wenig: die Begründung dessen, was die Formel auf einen Punkt zusammenfasst, darf niemals ausbleiben. Dieser Schritt wird allerdings leider oft nicht getan, und das war in einer Zeit, in welcher die Wissenschaftlichkeit rasant zunahm, nicht nur ein Zurückbleiben, sondern wurde dem Glauben sogar gefährlich, weil man vielfach nicht imstande war, die Glaubenslehre auf der Höhe der Zeit logisch stringent und argumentativ zu begründen. Man wusste, was die Kirche lehrt, aber man wusste nicht warum sie es lehrt. Von daher war durchaus jener Handlungsbedarf gegeben, welchen auch das Konzil und speziell Papst Johannes XXIII erkannt hatten.

Aus heutiger Sicht darf man durchaus skeptisch sein, ob ein Konzil wirklich die beste und geeignetste aller Möglichkeiten war, auf diese ohne Zweifel drängende Notwendigkeit zu reagieren, oder ob die Kurie beispielsweise nicht besser den Catechismus Romanus hätte ergänzen sollen. Das Erste Vatikanum war durch die sich ändernde politische Situation verfrüht abgebrochen worden, und somit war letztlich noch etwas offen. Erstmals seit beinahe hundert Jahren waren in den 1950er Jahren wieder einigermassen ruhigere Zeiten angebrochen, und so dachte man wohl, das Erste Vatikanum gleichsam zu Ende führen zu können, und mit eben jenem eben erwähnten “letzten ausständigen Schritt” zu beauftragen, welche zur damaligen Stunde der Geschichte eben anstand.

Auf Grund dieser Situation ergab sich eine Neuerung: das Konzil sollte nicht Lehrfragen klären wie die vorangegangenen Konzilien, sondern die in diesen bereits zuvor geklärten Lehren neu dartun. Das ist es, worin die eigentliche Pastoral besteht und wie das Konzil den Pastoralbegriff auffasst. Folgerichtig und seinem Auftrag entsprechend setzte sich der Begriff des Pastoralkonzils durch. Dies war keine Absage an die Dogmatik und die Lehrdefinition, sondern diese Aufgabe sah man erledigt, und deshalb sollte die Dogmatik nun mit der Pastoral verbunden werden.

Das Zweite Vatikanum wollte also nicht die Dogmatik beiseiteschieben, sondern gerade in sich aufnehmen. Es war schlicht eine andere Aufgabenstellung, keine Kontraposition. Das Pastoralkonzil Vatikanum II war ursprünglich also als die natürliche Fortsetzung zu Tridentinum und Vatikanum I gedacht.

Dies war, in groben Zügen, der Hintergrund, welcher zur neuen Konzilsart eines Pastoralkonzils geführt hatte; eine Konzilsart, mit welcher die Kirche noch keine Erfahrung hatte, weil nach dem Tridentinum diese Funktion etwa der Catechismus Romanus übernommen hatte.

Um aber zu klären, was ein Pastoral-Konzil nun sei und welches sein Stellenwert innerhalb der unterschiedlichen Ausdrücken kirchlichen Lehrens ist, muss man zunächst einmal das Pastoralkonzil in seine zwei “Teile” aufgliedern, und diese in Beziehung zueinander setzen.

Bei dem Ausdruck “Pastoralkonzil”, welcher die griffigere Umschreibung von umständlicheren Formulierungen wie “Konzil mit vorrangig pastoralem Charakter” ist, handelt es sich um ein Determinativkompositum, d.h. um eine Zusammensetzung, deren erster Teil (das Determinans “Pastoral”) den zweiten (das Determinatum “Konzil”) nach Art und Charakter näher bestimmt, und somit semantisch determiniert. Man könnte es in etwa mit Art und Gattung vergleichen.

Von daher ist aber bereits klar, dass auch ein Pastoralkonzil ein Konzil im vollen Sinne ist, jedoch ein Konzil im vollen Sinne einer bestimmten Art. Diese Art bestimmt die Seinweise des Konzils, und schränkt selbige damit auch ein. Die bestimmte Art dieses Konzils ist nicht dogmatisch sondern pastoral, wie wir sagten, und an dieser Stelle tritt jene Feststellung in den Vordergrund, welche wir vorhin bezüglich der Unter- und Zuordnung von Pastoral und Dogma taten: das Dogma geht der Pastoral voraus, welche diesem untergeordnet ist. Folglich ist aber auch ein Pastoralkonzil ein Konzil, welches jedoch einem dogmatischen Konzil unter- und zugeordnet ist, weil es als Konzil pastoraler Ausrichtung nicht gegen das Dogma steht, sondern dieses gerade für sich voraussetzt.

Von daher ist ein Pastoralkonzil ein Konzil im vollen Sinne, aber dennoch ein Konzil niedrigeren Ranges hinsichtlich eines dogmatischen Konzils, weil das Dogma die Pastoral bestimmt und nicht umgekehrt.

Aus diesen kurzen Anmerkungen können wir bereits erste Aussagen über den lehramtlichen Stellenwert des Pastoralkonzils ableiten. Es wäre theologisch nicht korrekt, die “Konziliarität” des Zweiten Vatikanums generell abzuwerten, nur weil dieses nach eigenem Willen nicht ein Konzil höchsten Ranges ist, sondern sich, seiner spezifischen Aufgabe angemessen, einen niedrigeren Rang gibt. Auch wenn es für sich auf einer niedrigeren Stufe angesiedelt bleibt, so verfügt es dennoch über jene lehramtliche Autorität, die – in einer in sich wiederum gestaffelten und abgestuften Form – einem Konzil zukommt. Es ist nämlich auch innerhalb eines Konzils nochmals von Text zu Text und von Aussage zu Aussage zu unterscheiden, welchen theologischen Gewissheitsgrad und welche Autorität das Konzil (und das gilt für alle Konzilien!) beansprucht. Das Zweite Vatikanum selbst unterscheidet bereits in der Überschrift seiner einzelnen Dokumente den unterschiedlichen Rang der Texte zwischen Konstitutionen, Dekreten und Erklärungen.

Es ist auch nicht per se ausgeschlossen, dass ein Konzil, welches sich selbst als Pastoralkonzil erklärt, auch Lehrentscheidungen herbeiführt, bis hinauf zum feierlichen Dogma. Es könnten also durchaus auch in einem Pastoralkonzil Lehraussagen enthalten sein, welche an jene eines dogmatischen Konzils heranreichen, ja sogar Dogmen könnte es verkünden. Umgekehrt können auch in dogmatischen Konzilien pastorale Fragen geklärt werden, welche dann für sich genommen einen dementsprechenden niedrigeren Rang einnehmen. Ob pastoral oder dogmatisch gibt also vornehmlich die allgemeine Grundausrichtung an.

Theoretisch könnten im Übrigen auch andere Konzilien einberufen werden, etwa ein Moralkonzil oder ein kirchenrechtliches Konzil, wenn ein Papst vorhätte, dem Weltepiskopat dementsprechende Thematiken vorzulegen. Das würde nicht ausschliessen, dass, beispielsweise im Rahmen eines Moralkonzils, auch eine dogmatische Frage hochlehramtlich geklärt wird. Man darf von daher nicht prinzipiell von vorneherein schliessen, dass in einem Pastoralkonzil nicht auch direkte dogmatische Lehren enthalten sein können. Zumindest indirekt sind sie ohnedies enthalten.

Aber auch hier gilt, dass nicht jedes Sprechen eines Konzils über eine Frage des Glaubens auch gleich einer lehramtlichen Definition gleichkommt. Ein weiterer Aspekt, welcher in den zahlreichen Debatten rund um das Zweite Vatikanum meist keine Beachtung findet ist, dass Pastoral immer auch einen starken zeitlichen Konnex hat, der unter Umständen auch sehr rasch ändern kann. Pastoral ist in weiten Teilen (nicht in allen – es gibt auch in der Pastoral unveränderbare Grundsätze!) änderbar, und von daher trägt ein Pastoralkonzil, entsprechend seiner Natur, auch immer einen starken Stempel seiner Zeit. Was unveränderbar bleibt, ist die Lehre. Die Art, wie diese am besten vermittelt wird, ist regional und zeitlich einem mitunter recht starken Wandel unterworfen. Insofern ein Pastoralkonzil aber vornehmlich auf die Umsetzungsweise der katholischen Lehre abhebt, ist ein solches Konzil selbst in manchen seiner Teile vielleicht sehr schnell überholt und erweist sich da und dort nicht mehr als wirklich praktikabel. Es spricht viel mehr als ein dogmatisches Konzil in seine Zeit und für diese.

Doch auch hier gilt wieder, dass ein solches sich Überholen jeweils von Aussage zu Aussage erwiesen werden muss. Es gibt kein automatisches Verfallsdatum. Wer also den Fehler begeht, ein Pastoralkonzil quasi in toto zu “dogmatisieren” und als einen nicht hinterfragbaren Gesamtblock behandelt, wird schnell in Bereichen einer vergangenen Zeit verhaftet bleiben, die sich in Wirklichkeit fortentwickeln. Bei einer exzessiven Überbewertung würde am Ende das gesamte Pastoralkonzil einmal in sich implodieren, was es zu verhindern gilt. Nur was ewige Gültigkeit hat kann auch ewig jung sein, was zeitbedingt ist verwelkt.

Gerade wenn sich ein Konzil als Pastoralkonzil versteht, wird es auch selbst eine Sprache anwenden, welche nicht jene präzise Sprache des Lehraktes ist, sondern die etwas gröbere und weniger präzise “pastorale” Sprache, von der bereits vorhin die Rede war. Wo aber dies der Fall ist, dort kann auch nicht von einem eigentlichen Lehren im vollen Sinne die Rede sein. Doch auch hier gilt wieder, dass dies allein nicht schon bedeutet, dass sie deshalb vollkommen unverbindlich wären, da aus der Zugehörigkeit zu den authentischen Texten eines rechtmässigen Konzils eine gewisse Autorität erwächst, welche zwar allein schon auf Grund deren pastoralen Sprache weit hinter jener dogmatischer Lehraussagen zurückbleibt, aber umgekehrt als pastorale Aussage des kirchlichen Lehramtes nicht voreilig übergangen werden darf.

Es ist nicht im strengen Sinne selbst Lehramt, umgekehrt aber doch ein pastoraler Ausdruck des Lehramtes, mit aller Autorität welche dieser Art von Aussage zukommt, aber ebenso mit all seinen Begrenzungen und Beschränkungen. Derartige pastorale Aussagen dürfen daher nicht als vollkommen eigenständige und für sich stehende Aussagen gelesen werden, sondern müssen zusammen mit der hinter dem pastoralen Ausdruck stehenden präzisen, dogmatischen Lehre gelesen werden, um ihre volle Autorität und Gültigkeit zu entfalten. Die “editio typica” ist die dogmatisch präzis formulierte Lehre, und nicht deren pastorale Übersetzung. Diese ist nur insofern richtig und gewichtig, als sie zusammen mit der authentischen Lehre der Kirche gelesen wird, und nicht mit jenen Ideen, von denen man(che) sich wünschen würde, dass sie Lehre wären.

Die Aussagen eines Pastoralkonzils also mit den dogmatischen Aussagen zu verbinden will nicht die Autorität und den Wert eines Pastoralkonzils untergraben, sondern ganz im Gegenteil, gerade zu seiner Fülle führen.

Das Konzil wirklich ernstzunehmen und umzusetzen setzt voraus, das Konzil als solches, aber auch dessen einzelne Dokumente, und innerhalb dieser wiederum die einzelnen Konzilsaussagen gemäss ihres jeweiligen lehramtlichen Stellenwertes bzw. theologischen Gewissheitsgrades zu behandeln: es ebensowenig unter- als überzubewerten. Die Stellenwerte gehören gleichsam zur Konzilsaussage selbst, denn es ist das Konzil das seinen eigenen Stellenwert und jenen seiner einzelnen Texte bestimmt. Voraussetzung dass das Pastoralkonzil nicht ins Unverbindliche abrutscht ist es von daher gerade, jenen Stellenwert zu respektieren, den es sich selbst gibt, der nicht jener des “Dogmas” ist (das würde nicht standhalten), sondern jener des – neuartigen – pastoralen Redens vom Dogma, das deshalb zwar nicht unverbindlich ist, aber doch auch nicht unveränderlich. Unter diesen Bedingungen darf man auch frei über Nachbesserungen nachdenken.

Letztlich hat das pastorale Reden des Lehramtes eine neue Situation geschaffen, welcher sich zu stellen viele Theologen erst lernen müssen.

kath.net-Buchtipp
Sauerteig der Welt. Zwischenrufe aus dem Herzen der Kirche
Von Michael Gurtner
Taschenbuch, 228 Seiten
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