Wenn Versprechen zusammenstoßen

Im Heiligen Land besteht Heilskonkurrenz zwischen den Religionen. Die daraus entstehenden Konflikte und Probleme scheinen unlösbar zu sein

Quelle
Jesus von Nazareth und das Christentum: “Mach’s wie Gott, werde Mensch!”
Jerusalem: “Beten wir um Frieden” – Vatican News

10.10.2023

Lorenz Jäger

Der erste Satz einer politischen Wissenschaft müsste lauten: Es gibt Probleme, die wir nicht lösen können. Dazu gehören religiös getönte Konflikte. Die Herder-Bibel hat im Anhang eine Karte der Besiedlung in der Zeit des Alten Testaments: Im Süden liegt Juda, im Norden Israel, am Mittelmeer ein schmaler Streifen: Philisterland. Darin die Stadt Gaza. Nach Gaza kam Simson, Riese der Hebräer; die Philister blenden ihn und bringen ihn in die Stadt. Aber Simson hat genügend Kraft, um die Säulen eines Hauses einzureißen, in dem die Philister-Fürsten mit 3  000 Männern und Frauen feiern und sich mit Simson ihren Spaß machen wollen. Das Haus stürzt zusammen und begräbt unter sich alle, die darin waren.

Von den Philistern erhielt Palästina seinen Namen, der heutige Gaza-Streifen hat in etwa Ausdehnung und Lage des alten Philisterlandes. Es besteht in dieser Weltgegend eine Heilskonkurrenz, der man nicht beikommt. Für das Judentum sind “Glaube” und “Volk” eng verbunden, das Land war das Versprechen Gottes. Das Alte Testament ist ein Glaubensbuch, das auf einzigartige Weise mit den Lebenstatsachen – der Folge der Generationen – verbunden ist. Das Neue Testament nimmt diesen Gedanken auf: Es beginnt mit der wunderbaren Geburt des Kindes und mit der heiligen Familie. Dann aber löst es sich vom Volk und wird an Pfingsten universal.

Eingehämmerter Glaubensbefehl und Unheilsverkündigung

Der Koran nimmt Episoden des Alten Testaments auf, zerschlägt aber ihre zeitliche Folge: die Abläufe interessieren ihn nur insofern, als daraus immer neue Exempel der Glaubenskraft gewonnen werden können. Die menschliche Geschichte als solche hat aber kein Recht, im Verhältnis zu Allah irgendeine Rolle zu spielen. “Islam” bedeutet Hingabe an, ja Unterwerfung unter den Willen Allahs. Indem er nicht, wie das Judentum, ein begrenztes Volk bildet, ist auch der Islam universal; er ist sogar nur und ausschließlich “Religion”, indem er außer dem stets eingehämmerten Glaubensbefehl und der Unheilsverkündung gegen die “Leugner” nicht viel zu sagen hat. Seine Ausbreitung war oft mit Waffentaten verbunden.

Nun stoßen im Heiligen Land die Versprechen zusammen. Das Land hat der Herr dem auserwählten Volk zugesagt, das schon im späteren 19. Jahrhundert mit der Rückkehr aus den Exilen begann, sehr verstärkt natürlich seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der furchtbaren Verbrechen an diesem Volk. Aber die al-Aqsa-Moschee in Jerusalem ist den Muslimen teuer, wurde doch ihr Prophet Mohammed nächtens von Mekka auf den Tempelberg versetzt, wo die Moschee (nach ihrem Glauben) schon ewig gestanden hatte. Die besten Köpfe des Judentums haben sich Gedanken über ein Zusammenleben der Völker gemacht; es gibt kaum Deprimierenderes als die Lektüre ihrer Schriften.

Der Koran wirft den Christen eine absurde Lehre der Dreifaltigkeit vor, aber nichts darüber hinaus. Über die Juden spricht der Koran teils mit Respekt als “Volk des Buches”, auch gesteht man zu, dass es einzelne Gutgesinnte unter ihnen gebe – doch häufig stellt der Koran ihre Wirtschaftsethik in schlechtem Licht dar, etwa in der 4. Sure Vers 159 f. in Rückerts Übersetzung: “Und weil sie Zinsen nehmen, was doch ihnen untersagt ward, / Und das Vermögen anderer verzehren sündlich”. Das wird heute heruntergespielt, als erwünscht gilt die Ansicht, Judenfeindlichkeit sei erst durch die Europäer in das muslimische Denken hineingeraten. Von “importiertem Hass” sprach etwa “Die Zeit” am 1. September 2016. So denkt man eben, wenn man für Jahrhundert- oder Jahrtausendkonflikte einen nahen Schuldigen glaubt gefunden zu haben.

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