Gottesfurcht heilt

Befreit von der Furcht vor irdischer Gefahr. Impuls zum 12. Sonntag im Jahreskreis

Quelle
Sein Abbild in uns
Ein Weg durch das Leid: Das Buch Ijob

24.06.2023

Ludger Schwienhorst-Schönberger

In den letzten Jahren des Staates Juda (ca. 626 bis 586 v. Chr.) kam es in der geistigen Elite des Landes zu heftigen Auseinandersetzungen. Jeremia vertrat die Minderheitenmeinung, keinen militärischen Widerstand zu leisten und sich den Babyloniern zu unterwerfen. Alles andere sei sinnlos. Das Dilemma: Alle beriefen sich auf Gottes Wort. Auch Jeremias Gegner, der Prophet Hananja, verkündete: “So spricht der Herr der Heerscharen, der Gott Israels” (Jer 28, 2). Woran kann man den Unterschied zwischen einem wahren und einem falschen Propheten erkennen?

Widerstand ist sicher

Die falschen Propheten „verkünden Visionen, die aus ihrem eigenen Herzen stammen, nicht aus dem Mund des Herrn“ (Jer 23, 16). Dem Volk ruft Jeremia im Namen des Herrn zu: „Hört nicht auf die Worte dieser Propheten!“ (Jer 23, 16) Die Bibel ist realistisch genug, um zu wissen, dass von Propheten „Gottlosigkeit ausgehen“ kann (Jer 23, 15). Jemand wie Jeremia, der sich diesen Propheten entgegenstellt, muss mit Ausgrenzung und Verfolgung rechnen: „Meine nächsten Bekannten warten alle darauf, dass ich stürze“ (Jer 20, 10). Doch Jeremia vertraut auf den Beistand Gottes und sieht voraus, wie seine Verfolger zuschanden werden.

Den Jüngern Jesu wird es nicht anders ergehen. Im Evangelium erteilt der Meister seinen Jüngern den Auftrag, zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel zu gehen. Dabei müssen sie mit Widerstand rechnen: “Ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe” (Mt 10, 16f). Jesus fordert seine Jünger zur Furchtlosigkeit auf (Mt 10, 26) und spricht ihnen Mut zu: “Fürchtet euch nicht vor denen, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können” (Mt 10, 28).

Gottesfurcht führt in die Freiheit

Mit der Seele ist hier jener personale Kern im Menschen gemeint, der sich an Gott bindet, gemäß dem Gebot, den Herrn zu lieben “mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft” (Dtn 6, 4). Der Menschenfurcht wird die Gottesfurcht gegenübergestellt (Mt 10, 28). Viele fürchten sich vor den Menschen, wenige vor Gott. Bei den Jüngern soll es umgekehrt sein. So führt die Gottesfurcht zur wahren Freiheit, zur Freiheit von der Angst vor denen, die, verglichen mit Gott, letztlich machtlos sind.

Woher kommt diese eigenartige Verschlossenheit gegenüber Gott und seiner Wahrheit? Sie wird weitergegeben von einer Generation an die nächste und wir nehmen sie bereitwillig an. Einer hat in dieser transgenerationellen Verwirrung den Anfang gemacht. Damit war die Sünde in der Welt, wie Paulus sagt (Röm 5, 12). Die Sache ist ernst, jedoch nicht hoffnungslos. Denn einer ist gekommen und hat den ganzen Schlamassel aufgedeckt. Ihm können wir uns anvertrauen. Von ihm geht eine Kraft aus, die, wenn wir uns ihr öffnen, die Sünde alt aussehen lässt.

Liturgische Texte online:

Jeremia 20, 10–13
Römerbrief 5, 12–15
Matthäus 10, 26–33

Zu den Lesungen des 12. Sonntags im Jahreskreis 2023 (Lesejahr A)

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