Kardinal Dziwisz: “Polen leisten grosszügige Hilfe für Ukrainer”

Am Hauptbahnhof von Krakau laufen immer wieder Sonderzüge mit Flüchtlingen aus der Ukraine ein. Sie fahren vor allem nachts, mit abgeblendetem Licht, um nicht zu einem Ziel für russische Bomber zu werden. An Bord: jedes Mal Hunderte von Frauen und Kindern

Quelle
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“Polen tut viel für die Flüchtlinge.” Das sagt uns der polnische Kardinal Stanislaw Dziwisz, früherer Privatsekretär von Papst Johannes Paul II. und früherer Erzbischof von Krakau.

“Vor allem hat Polen die Grenzen geöffnet! Im Moment befinden sich fast zwei Millionen arme Flüchtlinge in Polen. Manche ohne Schuhe, ohne jeden Besitz… aber sie werden in Polen von den Menschen grossherzig aufgenommen, und das ist bewegend. Nicht nur von staatlichen Organisationen, sondern auch von vielen Privatleuten, die diese Menschen mit zu sich nach Hause holen und ihnen alles anbieten, was sie haben.”

“Es ist eine grosse Solidarität, eine grosse Geschwisterlichkeit entstanden”

Aus Lemberg, das gute 300 km entfernt ist, kommen die meisten Züge, einige sogar aus Kiew. In Krakau scheint der Krieg ansonsten weit entfernt; doch alle Bistümer und Caritasverbände im Land mobilisieren ihre Kräfte, um den Flüchtlingen aus der Ukraine beizustehen.

“Es ist eine grosse Solidarität, eine grosse Geschwisterlichkeit entstanden – daran fehlte es früher, weil die Geschichte nicht immer einfach war. Aber jetzt werden die Ukrainer wirklich als Geschwister behandelt, die in einer schwierigen Lage sind und Hilfe brauchen.”

Der Schatten des “Blutsonntags”

Das “früher”, von dem Kardinal Dziwisz spricht, meint den sogenannten “Blutsonntag”: Vor etwa achtzig Jahren, im Zweiten Weltkrieg, verübten ukrainische Aufständische Massaker an polnischen Zivilisten. Schauplatz war die heutige Westukraine, damals ein Teil Polens unter deutscher Besatzung. Die Geschichte wirft bis heute einen Schatten auf die Beziehungen zwischen Warschau und Kiew; umso mehr beeindruckt, wie die Ukrainer jetzt in Polen aufgenommen werden.

“Diesen Flüchtlingen fehlt alles – vor allem aber haben sie ihre Männer zurücklassen müssen, ihre Ehemänner, ihre Brüder. Diese Frauen und Kinder haben grosses Leid, grosses Elend durchgemacht, viele der Ankömmlinge sind krank und werden bei uns in den Krankenhäusern behandelt. Auch die Kirche tut alles, was in ihren Kräften steht: Sie öffnet ihre Säle und Pfarrhäuser, um vor allem moralischen Beistand zu leisten.”

“Dieser Krieg ist in mancherlei Hinsicht schlimmer als der Zweite Weltkrieg”

Dziwisz hat schon einiges erlebt: Er wurde kurz vor Beginn des Zweiten Weltkriegs geboren, erlebte die deutsche Besatzung, das kommunistische Regime. Von 1978 bis 2005 stand er in Rom dem polnischen Papst Johannes Paul zur Seite, dann ging er zurück nach Polen, war bis 2016 Erzbischof von Krakau. Mit dem Ukraine-Krieg hat Dziwisz nicht gerechnet.

“Wir dachten eigentlich, solche Kriege würden der Vergangenheit angehören! Dieser Krieg ist so unvorhergesehen ausgebrochen – er ist in mancherlei Hinsicht schlimmer als der Zweite Weltkrieg, denn hier werden von vornherein Unschuldige, Frauen und Kinder, zu Zielscheiben gemacht. Alles wird zerstört, auch Schulen und Krankenhäuser!”

vatican news – sk, 15. März 2022

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