Brasilien

Brasilien: Neue afrobrasilianische Quilombola-Pfarrei in Bahia

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Im brasilianischen Bundesstaat Bahia ist im Bereich der Erzdiözese Feira de Santana am ersten Adventssonntag eine neue Pfarrei eingerichtet worden, deren Anliegen die Unterstützung der afrobrasilianischen Landbevölkerung ist

Ricardo Gomes und Anne Preckel – Bahia und Vatikanstadt

Anlässlich des Ereignisses feierten zwei Priester gemeinsam mit den Einwohnern der Gemeinde Matinha dos Pretos Quilombola in der Kirche von São Roque die erste Messe. Die neue Pfarrei soll zum pastoralen Zentrum für 13 lokale afrobrasilianische Quilombola-Gemeinden werden und gemeinsam mit diesen aufgebaut werden – ein bemerkenswerter Ansatz.

Kulturelle Identität stärken

Afrikanische Sklaven wurden jahrhundertelang auf Zuckerrohr- und Kaffeeplantagen brasilianischer Grossgrundbesitzer ausgebeutet. São Roque und die umliegenden Gemeinden erzählen von dieser leidensvollen Geschichte. Hier entstanden Gemeinschaften ehemaliger Sklaven, die Grossgrundbesitzern entkamen und sich in Wehrdörfern, so genannten Quilombos, organisierten. Ihre Nachfahren kämpfen auch heute um Rechte – Gesundheit und Bildung, Land und würdige Arbeit. Die Sklaverei gibt es in dieser Weltregion seit über 100 Jahren zwar nicht mehr, schon aber “Bürger zweiter Klasse”.

Für die Afrobrasilianer ist zugleich die Anerkennung ihrer afrikanischen Wurzeln und vielfältigen kulturellen und religiösen Traditionen wesentlich. Die neue Pfarrei von São Roque könne die Identität dieser Menschen stärken, die bis heute um Anerkennung kämpfen, zeigt sich Francisca das Virgens Fonseca zuversichtlich. Die junge Frau gehört zur lokalen Gemeinschaft Candeal II Quilombola:

“Für uns stellt die Gründung dieser neuen Pfarrei die Erwartungen und Herausforderungen einer Evangelisierung dar, die versucht, die kulturellen Ausdrucksformen dieser Menschen mit ihrer kulturellen und religiösen Vielfalt wiederzugewinnen. Für die Kirche ist es an der Zeit, all dies in ihr Modell der Evangelisierung aufzunehmen. Das Evangelium zum Leben erwecken, den Glauben mit Elementen der Kultur manifestieren und unsere Identität stärken und durch die afro-brasilianische Pastoral das Evangelium in das Leben der Menschen bringen.“

Eine solidarische und hörende Kirche

Pater Luiz Antônio, Leiter der neuen Pfarrei von São Roque, sieht es als seine Aufgabe an, vor Ort Zeichen einer solidarischen und hörenden Kirche zu sein. Der Schmerz der Quilombola setze sich heute in Marginalisierung fort, Kirche müsse hier heilen und stärken, macht der Consolata-Missionar deutlich, der vor Ort ein Netzwerk von Gemeinschaften aufbauen will:

“Die traditionellen Werte der afrikanischen Kultur werden immer noch nicht richtig wahrgenommen, und die Herausforderung besteht darin, mit den Menschen zusammenzuarbeiten, damit sie stolz auf ihre Kultur sind und sich an diejenigen erinnern, die für die Befreiung der schwarzen Bevölkerung gekämpft haben. In diesem ersten Moment werden wir von ihnen lernen, sie begleiten und ein Netzwerk von Gemeinschaften bilden. Es ist notwendig, in der Gemeinschaft zu sein, um die Kämpfe und Sehnsüchte der Menschen zu begleiten.”

Seiner neuen Aufgabe im brasilianischen Bahia kommt es zugute, dass Pater Luiz Antônio selbst Erfahrungen in Afrika gesammelt hat; in Kenia studierte er Theologie, in Uganda wirkte er als Diakon, in Angolas Hauptstadt Luanda als Missionar.

“Da hier eine sehr starke afrikanische Prägung existiert, ist diese Erfahrung in Afrika für mich von grosser Bedeutung. In Afrika habe ich viele Werte gesehen, die in der brasilianischen Kultur allmählich verloren gehen, wie zum Beispiel die Gastfreundschaft und die Freude, die in afrikanischen Ländern sehr präsent sind. In Brasilien gehen diese Werte mit der Zeit verloren. In dieser Pfarreien-Gemeinschaft werden wir versuchen, sie wiederzufinden. Wir sind bereits in zwei anerkannten Quilombola-Gemeinden präsent. Eine grosse Herausforderung besteht darin, dass es sich um eine ländliche Gemeinde handelt, die aufgrund ihrer Nähe zur Stadt unter den Einflüssen des städtischen Umfelds wie Gewalt, Unsicherheit und Arbeitslosigkeit leidet.“

Die Quilombola-Gemeinden leben vorrangig von der Landwirtschaft und bauen Mais, Bohnen und Maniok für den Eigenbedarf an. Diese Arbeit trägt dazu bei, traditionelle Produktionsweisen zu erhalten, den Lebensunterhalt der Familien zu sichern und vor allem Frauen wirtschaftlichen Spielraum zu verschaffen.

vatican news – pr, 8. Dezember 2021

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