Der Weg nach Rom
Belloc hat der Nachwelt ein gewaltiges Werk hinterlassen, wovon über 150 Bände zeugen
Quelle
‘Das Banner der Wirklichkeit’
Der einsame Wanderer
Von Hans Jakob Bürger, 5. Januar 2021
Hilaire Belloc, der 1870 in La Celle-Saint-Cloud bei Paris geboren wurde, kam als Achtjähriger mit seinen Eltern nach England, wo er die Schule der Oratorianer in Birmingham besuchte. Um Journalist zu werden, ging er nach London. Danach leistete er seinen Militärdienst und studierte Geschichte in Oxford.
Wir sehen Belloc im Jahr 1906 als Abgeordneten ins Parlament einziehen, dem er jedoch nach vier Jahren wieder den Rücken kehrt. Von nun an widmet er sich seinen Studien und der Schriftstellerei.
Belloc hat der Nachwelt ein gewaltiges Werk hinterlassen, wovon über 150 Bände zeugen. In seinen Reisebeschreibungen, aber auch in seinen Romanen, zeigt er sich als feinfühliger Betrachter von Menschen und Dingen wie Landschaften, oft untermalt mit Witz und Humor.
Tatsächlich kann man Belloc als einen Wanderer bezeichnen, einen, der die Erde und die Menschen erkundete. So reist er zu Fuss durch England; aber auch durch Frankreich und Spanien. Er erwanderte sich sogar Nordafrika.
In seiner Studentenzeit zog Belloc, nachdem er sein Hab und Gut verkauft hatte, um ein Ticket zur Überfahrt in die USA bezahlen zu können, von der Ost- zur Westküste und wieder zurück. Grund für dieses Abenteuer war seine Verliebtheit in eine Frau, die er in Kalifornien besuchen wollte. Jahre später holte er sie zu sich und heiratete sie. Aus der Ehe gingen fünf Kinder hervor. Seine Frau Elodie starb 1914 nach 18 Jahren glücklicher Ehe an Krebs. Immer wieder verliess Belloc die Familie, um auf Reisen zu gehen.
In seinem Buch “The Path to Rome” (1902), das nun in einer neuen Auflage des Renovamen-Verlags mit dem Titel “Der Weg nach Rom” wieder vorliegt, erzählt Belloc von dieser Pilgerreise, die ihn auf Schusters Rappen und im Winter durch Frankreich und die Schweiz nach Rom führt. Seine spärliche Reisekasse sowie den Lebensunterhalt seiner Familie verdient er sich durch das Schreiben.
Im Jahr 1941 erlitt Hilaire Belloc einen Schlaganfall, von dem er sich nie richtig erholte und der somit seinem Schaffen ein Ende setzte. Später kam er in ein Pflegeheim in Guildford, Surrey. Hier starb er am 16. Juli 1953, nachdem er sich bei einem Sturz Verbrennungen zugezogen hatte, als er einen Holzscheit in einen Kamin legte. Sein Leichnam wurde im “Shrine of Our Lady of Consolation” in West Grinstead in der Grafschaft West Sussex beigesetzt.
In “Der Weg nach Rom” erzählt Belloc, von seinem Schöpfer mit einer wunderbaren Beobachtungsgabe ausgestattet, von seinen Wanderungen durch grandiose Landschaften und von Begegnungen mit unzähligen einfachen wie interessanten Menschen. Er lässt seine Leser Geschichte erleben und verstehen, er nimmt sie – mit seinem unvergleichlichen Blick – zu wunderbaren Konsultationen mit Gottes Schöpfung.
Doch der Pilger erlebte auf seiner Reise im Winter auch die Härten des Lebens in den Höhen der Schweizer Berge, wo sie zum Alltag der Bergbewohner gehören. Belloc beschreibt einmal eine Situation, in der glaubt, er wüsste es besser als die Einheimischen, die doch sicher gescheiter waren als er, da er bei Schneesturm immer weitergehen wollte:
“Ich fragte, wie weit wir noch vom Kamm entfernt wären. Er meinte, er wisse nicht genau, wo wir uns befänden, aber wir könnten nicht mehr als 800 Fuss (ca. 244 Meter, Anm.d.R.) von ihm entfernt sein. Ich war also nur noch dies Stück von Italien entfernt, und ich würde kein Hindernis gelten lassen. Ich bot ihm alles Geld, das ich besass, an, um weiterzugehen, aber ich war von Tollheit befallen, denn hätte ich genug besessen, um ihn in Versuchung zu führen, und hätte er eingewilligt, dann würden wir beide umgekommen sein. Glücklicherweise war es nur eine kleine Summe. Er schüttelte den Kopf. Er werde nicht weitergehen, erklärte er, um keinen Preis der Welt. Er schrie mir zu, dass wir essen und trinken wollten, und das taten wir beide auch.
Dann begriff ich seine Klugheit, denn nach einer kurzen Weile begann die Kälte sich meiner in meinen dünnen Kleidern zu bemächtigen. Meine Hände waren erstarrt, mein Gesicht verursachte mir bereits unerträgliche Pein und meine Beine schmerzten und wurden schwer. Ich lernte etwas anderes kennen (was ich gewusst hätte, wäre ich bergerfahrener gewesen), nämlich, dass es keine einfache Sache ist, umzukehren. Der Führer war unschlüssig, ob wir in dem rauhen Schutz des Felsens bleiben oder die Aussichten eines Abstiegs ins Auge fassen sollten. Dieser Schrecken war mir noch nicht in den Sinn gekommen, und ich dachte so wenig daran wie ich nur konnte, da ich meinen ganzen Mut brauchte und nahe daran war, unter der Intensität der Kälte zusammenzubrechen.”
Belloc erkannte, verstand und lernte. Heute wissen wir, dass er zu den bedeutendsten Dichtern und Schriftstellern gehörte. Und, er war ein Kämpfer für die katholische Erneuerung in England, die mit dem späteren Kardinal John Henry Newman begann. Neben Belloc sind noch andere grosse Namen zu nennen, darunter G. K. Chesterton, Evelyn Waugh und Graham Greene.
In unserem Buch beschreibt der Autor auch “Die Geschichte von Mr. Hard”: Er sei ein 54-jähriger Geschäftsmann, der alles verkauft und beschlossen hat, sich selbst eine Reise nach Europa zu gönnen. Nach einigen Wochen stiess er “mit der katholischen Kirche zusammen”. Belloc erzählt:
“Er studierte die katholische Kirche mit ausserordentlichem Interesse. Er schaute an den verschiedensten Orten der heiligen Messe zu (in der Hoffnung, sie möchte verschieden sein). Er glaubte, sie wäre, was sie nicht war, und dann, umgekehrt, glaubte er, sie wäre nicht, was sie war. Er sprach mit armen Katholiken, reichen Katholiken, mit Katholiken des Mittelstandes und mit schlauen, vornehmen, bedürftigen, mit adrett gekleideten, erfolgreichen Katholiken; auch mit prahlerischen, hohlen Katholiken; mit demütigen, unsicheren Katholiken; kriechenden, plattfüssigen Katholiken; mit herzhaften, gewaltigen, kampfbereiten Katholiken; zweifelnden, achselzuckenden, aber devoten Katholiken; starren, verworrenen und gefährlichen Katholiken; unbekümmerten, jovialen und vom-himmlischen-Licht-beschienenen Katholiken; feinsinnigen Katholiken; merkwürdigen Katholiken und (quod tibi manifeste absurdum videtur) intellektuellen, zwickertragenden, faden, verdrehten, analytischen, neidischen, launenhaften und introspektiven Katholiken: kurz, er sprach mit allen Katholiken. Und wenn ich sage ‚allen Katholiken‘, meine ich nicht, dass er mit jedem einzelnen Katholiken sprach, sondern dass er einen guten, zusammenfassenden Part der kämpfenden Kirche erfasste, das ist alles, was die Worte bedeuten.”
Womöglich sind nun einige Leser neugierig geworden auf dieses wunderbare Lesebuch über die Pilgerreise von Hilaire Belloc nach Rom. Die amüsante Beschreibung der Glieder der kämpfenden Kirche geht noch ein ganzes Stück weiter…
Hilaire Belloc, “Der Weg nach Rom. Eine Pilgerreise durch Europa”, ist im Renovamen Verlag erschienen und hat 320 Seiten.
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