So können Familien über den Glauben ins Gespräch kommen

Kindern die zentralen Glaubensinhalte vermitteln – das möchte der neue Kinderkatechismus “YOUCAT for Kids”

Quelle
Youcat for Kids

Bonn, 8. August 2018

Kindern die zentralen Glaubensinhalte vermitteln – das möchte der neue Kinderkatechismus “YOUCAT for Kids”. Mitautor Bernhard Meuser spricht im Interview über das Buch und gelingende Glaubensgespräche zwischen Eltern und Kindern.

Frage: Herr Meuser, Kinder und Katechismus – prallen da nicht zwei Welten aufeinander?

Meuser: Es kommt immer darauf an, wie man Kindern Glaubensinhalte vermittelt. Ein Negativbeispiel ist sicher das 19. Jahrhundert. Damals gab es nur drei Schulfächer: Lesen, Schreiben, Katechismus. Damals wurde der Glauben autoritär vermittelt. Vorne stand ein strenger Priester, und die Kinder mussten unter Androhung von Strafe auswendig lernen. Das hat natürlich gar keinen Sinn.

Heute sagt man: Wichtig ist, dass die Kinder erst mal eine Beziehung bekommen – zu Gott, zur Kirche. Das ist zweifellos richtig. Aber darüber sind uns ein bisschen die Inhalte abhanden gekommen. Es gibt in puncto Glaubenswissen inzwischen unglaubliche Lücken, auch bei den Eltern. Wir sind überzeugt, dass man die Inhalte des Glaubens auch Kindern vermitteln kann, wenn es im Dialog geschieht.

Frage: Aber interessieren sich Kinder überhaupt dafür?

Meuser: Das ist so, wie wenn Sie fragen, ob sich Kinder im Physikunterricht für die Schwerkraft interessieren. Natürlich nicht! (lacht) Aber wenn man in einem Thema vorankommen will, dann muss man auch ein bisschen Input geben. Der Inhalt muss aber so vermittelt werden, dass er an die Lebenswelt der Kinder anknüpft. Die Oma stirbt, und die Kinder fragen: Wo ist die Oma jetzt? Kinder haben eine metaphysische Ader. Sie fragen: Warum gibt es überhaupt die Welt? Warum bin ich da? Solche existenziellen Anknüpfungspunkte muss man finden.

Und es gilt, Gelegenheiten zu schaffen, bei denen man ins Gespräch über den Glauben kommt. Wenn ein Kind YOUCAT for Kids aufschlägt, entdeckt es erstmal eine Zeichnung als Hingucker. Es gibt zwei lustige Figuren, Lilly und Bob, die durch den Kinderkatechismus begleiten. Da steht beispielsweise Bob an einer Kirchensäule und lutscht einen Lolli. Und das Kind sagt: He, das darf man doch nicht in einer Kirche! Sofort ist ein Gespräch da. Und auf der Seite findet man dann vieles, was dazu hilft, dass das Glaubensgespräch nicht an der Oberfläche bleibt.

Frage: Kinder stellen oft Fragen, auf die die Grossen keine Antwort haben. Inwiefern dient das Buch durch seine einfachen Antworten auch als Hilfe für Eltern, deren Glaubenswissen ausbaufähig ist?

Meuser: Wir möchten damit Eltern und Kinder erreichen. Die Begriffe Katechese und Katechismus verschrecken oft. Viele denken dabei: Da ist einer, der alles weiss, und dann gibt es ein paar Dumme, die belehrt werden müssen. Heute verstehen wir Katechese als Prozess: Ausgangspunkt ist die Sehnsucht junger Eltern, ihren Kindern etwas Gutes mit auf ihren Lebensweg mitzugeben. Aber heute sind Eltern vielfach unsicher. Sie wollen beispielsweise, dass die Kinder geborgen schlafen gehen, wissen aber nicht, wie man mit ihnen über Gott spricht und zu ihm betet.

Frage: Wie praxistauglich ist das Buch für den Familienalltag?

Meuser: Es ist sicher kein Buch, das man in einem Rutsch durchliest. Es bietet aber viele Gelegenheiten, um auf die wesentlichen Themen des Glaubens zu sprechen zu kommen. Wenn Kinder und Eltern gemeinsam in dem Buch stöbern, können sie ins Gespräch kommen. Man kann es auch einfach im Wohnzimmer liegenlassen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Kinder dann neugierig sind, darin rumblättern und dann auch mit Fragen zu den Eltern gehen.
Bernhard Meuser
Bernhard Meuser ist katholischer Publizist und Mitautor des Kinderkatechismus.
KNA

Frage: Wie stellen Sie sicher, dass der Kinderkatechismus sein Zielpublikum anspricht?

Meuser: Es ist das Gemeinschaftswerk von vielen Mitstreitern. Ein engagierter Wiener Kinderseelsorger war ebenso im Team wie ein junger Priester, der gerade über Kinderkatechese promovierte, aber auch Studenten und Eltern. Und wir haben immer darauf geachtet, dass die Dinge parallel in Kindergruppen getestet wurden.

Frage: Wie sind Sie überhaupt zum Mitautor beim “YOUCAT” und “YOUCAT for Kids” geworden?

Meuser: Ich war früher Verleger von Pattloch. Mit “Katechismus” konnte ich nichts anfangen, bis ich durch den Wiener Kardinal Schönborn auf das Thema gestossen wurde. Ich habe dann entdeckt, wie wichtig der zusammenhängende Kanon der Inhalte für die Weitergabe des Glaubens ist. Und anderen ging es wohl auch so. Alleine vom YOUCAT wurden 500.000 Stück in Deutschland verkauft – solche Zahlen erreicht ausser der Bibel kein katholisches Buch.

Frage: Das Vorwort zum “YOUCAT for Kids” stammt vom Papst höchstpersönlich. War es nicht schwierig, ihn dafür zu gewinnen?

Meuser: Der Kontakt ist über die österreichische Bischofskonferenz entstanden, die 2005 auch den YOUCAT für Jugendliche entwickelt hat. Wir haben insgesamt fünf Jahre an dem neuen Buch gearbeitet. Als das Buch stand, sind die österreichischen Bischöfe damit nach Rom gegangen, um es von der Glaubenskongregation prüfen zu lassen. Der Papst hat sich auf Anfrage hin spontan bereit erklärt, das Vorwort zum Kinderkatechismus zu schreiben. Er verteilt es beim Weltfamilientag in Dublin Ende August auch an alle teilnehmenden Familien.

Frage: Junge Menschen an den Glauben heranzuführen bleibt schwierig. Nach der Erstkommunion bleiben viele der Sonntagsmesse fern…

Meuser: Papst Franziskus wünscht sich, dass Menschen die Freude am Glauben wiederentdecken. Dann gibt es – nicht nur für Kinder – nichts Spannenderes, als dass man sich zusammensetzt und darüber austauscht. Dafür muss man Anlässe schaffen und geeignete Methoden finden. Um Freude und Spass zu haben, kommen Menschen ja auch zu einer Grillparty zusammen oder gehen zusammen in einen Freizeitpark. Warum sich nicht – auch ohne Glaubensprofis – zusammensetzen und gemeinsam den Glauben entdecken?

Frage: In der Theorie ist das ja nichts Neues – aber in der Umsetzung scheint es zu hapern. Jugendbischof Stefan Oster hat gerade mehr Anstrengungen in der Glaubensvermittlung an junge Menschen gefordert. Woran hakt es konkret?

Meuser: Der Theologe Gerhard Lohfink hat einen wichtigen Punkt genannt: Im Neuen Testament bestand die Kirche aus drei Gruppen: dem Volk, den Aposteln (heute: den Amtsträgern) und den Jüngern. Die Jünger, also die Freunde Jesu, hatten eine persönliche Beziehung zu ihm, sie leben sie in Gemeinschaft und tauschen sich darüber aus. Jünger, sagt Lohfink, müssten auch heute die eigentlichen Träger der Kirche sein.

Hierzulande wirkt die Kirche mancherorts wie eine Karikatur, als gäbe es da nur zwei Sorten von Menschen: Betreuer und Betreute – Leute, die Angebote machen, und Leute, die Angebote nutzen. Sie fühlen sich als Konsumenten, die sich so lange damit identifizieren, wie das Angebot stimmt. “Jünger” meint aber etwas anderes – das sind Menschen, die aus Überzeugung identifiziert sind, die von sich aus einen Hauskreis gründen, sich über die Bibel austauschen, mit Jugendlichen zu einem Event fahren oder eine Wallfahrt unternehmen. Da haben wir noch Nachholbedarf – und so ein Prozess kann in der Familie beginnen.

Von Angelika Prauss (KNA)

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