Evangelium aus Markus (1,29-39)

Predigt von Bischof Vitus anlässlich des Kirchweihfestes in Oberurnen am 4. Februar 2018

Quelle

Brüder und Schwestern im Herrn,

werfen wir einen Blick auf die heutigen Lesungen aus dem Buch Ijob, aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Korinther und aus dem Evangelium nach Markus.

Ijob (7,1-4.6-7) beklagt das Leid des Menschen. Das Leben des Menschen ist mit viel Ungemach verbunden. Ijob stellt sich die Frage, warum dies so ist. Er kann das Schic­ksal des Menschen nicht begreifen, vor allem deshalb nicht, weil der Mens­ch sich nicht selber das Leben gegeben hat. Der Mens­ch hat sich nicht selber gewollt. So breitet Ijob seine seelische Not vor Gott aus. Schliesslich bittet er den Herrn, er möge doch daran denken, dass das menschliche Leben wie ein Hauch ist und so schnell schwindet (7,7). Mit diesem Hinweis möchte er Gott um Erbarmen bitten und um ein wenig Glück in dieser vergänglichen Welt.

Die erste Lesung ist immer auf das Evangelium, die dritte Lesung, abgestimmt. So ist auch heute das Evangelium aus Markus (1,29-39) mit Blick auf Ijobs Klage zu lesen. Es stellt eine Antwort dar, indem es uns zeigt, wie sich Jesus um die Not des Menschen annimmt und Heilung bringt. Das Handeln des Herrn ist ein Trost für den Menschen in seiner Erdennot. Jesus fühlt mit dem Menschen mit. Aber nicht nur das. Er greift auch ein und führt so den Menschen Schritt um Schritt aus seiner Not heraus. Die endgültige Antwort auf die Klage des verwundeten und todkranken Menschen, die endgültige Antwort auf Ijobs Frage, ist Jesus Christus, seine Verheißung, sein Lebenswerk. Das bedeutet für uns alle: Wir dürfen uns und unser Leben ganz dem Herrn übergeben und anvertrauen. Er versteht uns nicht nur, er schenkt uns Heilung.

Kommen wir zur zweiten Lesung, welche ich an dritter Stelle betrachte und in den Mittelpunkt meiner Überlegungen stellen möchte. Der heilige Paulus spricht über seinen Auftrag, das Evangelium zu verkünden (1 Kor 9,16-19.22-23). Er spricht dabei von einem Zwang: „Ein Zwang liegt auf mir. Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde“ (9,16). Gerne möch­te ich diese Redewendung näher anschauen: „Ein Zwang liegt auf mir“ (ἀνάγκη γάρ μοι ἐπίκειται). Wir könnten auch übersetzen: „Es ist mir da Los auferlegt“. „Es ist für mich eine Notwendigkeit“. Der heilige Paulus will damit zum Ausdruck bringen, dass er das Evangelium nicht als sein Hobby oder seine eigene Sache verkündet. Sein Einsatz liegt nicht in seinem Ermessen und ist nicht der Ausdruck einer persönlichen Ansicht oder eines persönlichen Eifers. Die Verkündigung ist nicht ein Wunsc­h, den er sich erfüllt. Auch nicht ein Talent, welches er verwirklicht. Die Verkündigung ist ein Auftrag. Diese Feststellung hat ihr besonderes Gewicht. Sein Einsatz ist höher einzuordnen, als wenn die Verkündigung sozusagen seine eigene Erfindung wäre. Wir dürfen dies auch so umschreiben: Die Verkündigung des Evangeliums, das heißt, die Verkündigung des Glau­bens an Jesus Christus, unseren Erlöser, ge­schieht auf höhere Anordnung hin. Das bedeutet im Klartext: Die Verkündigung ist von Gott selber veranlasst. Gott selber ist am Werk. Deshalb darf der Apostel die Verkündigung nicht umgehen. So verstehen wir sehr gut seine Schlussfolgerung „Weh mir, wenn ich das Evangelium nicht verkünde“ (1 Kor 9,16).

Warum ist die Verkündigung des Evangeliums von solcher Bedeutung? Die Bedeutung liegt im Schicksal des Menschen, oder etwas theologischer ausgedrückt: die Bedeutung liegt in der ewigen Bestimmung des Menschen. Denn durch die Verkündigung soll der Mensch gerettet werden. Durch die Verkündigung soll der Mensch des Heils in Jesus Christus teilhaftig  werden. Das geht auch aus den weiteren Worten des heiligen Paulus hervor. Sagt er doch: „Allen bin ich alles geworden, um auf jeden Fall einige zu retten“ (9,22). Darum geht es: Um die Rettung des Menschen. Das ist keine Kleinigkeit. Das ist das Eigentliche und Wesentliche unseres menschlichen Lebens. Sonst würden sich die Worte Ijobs für eine Ewigkeit bewahrheiten­: Kriegsdienst ist des Menschen Leben (vgl. 7,1).

Da wir heute 150 Jahre Kirchweihe der Dreifaltigkeitskirche Oberurnen feiern, wollen wir denn Sinn aller Verkündigung, daher auch denn Sinn einer Kirche, einer Pfarreigemeinschaft im Licht der Worte des heiligen Paulus vor Augen führen: Der Sinn einer Kirche, einer Pfarreigemeinschaft und jeder kirchlichen Aktivität ist, dass der Mens­ch vor Ort sein ewiges Ziel erreicht; oder mit dem Apostel gesprochen, dass der Mens­ch vor Ort gerettet wird. Das ist der „Zwang­“, der Auftrag, der auf einer Pfarrei liegt und dessen sich eine Pfarrei zusammen mit ihrem Pfarrer, zusammen mit allen, die Anteil nehmen an der unmittelbaren Verkündigung des Wortes Gottes, immer wieder bewusst werden muss. Das ist die Bestimmung einer Pfarrei. Das ist das Markenzeichen einer Pfarrei.

Bitten wir den Herrn, dass wir alle als Glieder der Kirche diesem Markenzeichen gerecht werden. Amen.

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