Predigt von Papst Benedikt XVI.- Fest der Taufe des Herrn

Fest der Taufe des Herrn – Heilige Messe mit Kindertaufe, Predigt von Papst Benedikt XVI.
Sixtinische Kapelle – Sonntag, 13. Januar 2013

Quelle

Liebe Brüder und Schwestern!

Die Freude, die der Feier des heiligen Weihnachtsfestes entsprungen ist, findet heute ihre Erfüllung im Fest der Taufe des Herrn. Zu dieser Freude kommt ein weiterer Grund hinzu für uns, die wir hier versammelt sind: Im Sakrament der Taufe, das wir gleich diesen Neugeborenen spenden werden, offenbart sich die lebendige und wirksame Gegenwart des Heiligen Geistes, der die Kirche um neue Söhne und Töchter bereichert und sie so belebt und wachsen lässt, und darüber können wir uns nur freuen. Einen besonderen Gruss möchte ich an euch richten, liebe Eltern und Paten, die ihr heute euren Glauben bezeugt, indem ihr um die Taufe für diese Kinder bittet, damit sie zum neuen Leben in Christus geboren und Glieder der Gemeinschaft der Gläubigen werden.

Der Bericht von der Taufe Jesu im Evangelium, das wir heute in der Version des hl. Lukas gehört haben, zeigt den Weg der Erniedrigung und Demut, den der Sohn Gottes freiwillig gewählt hat, um dem Plan des Vaters zu folgen, um seinem Liebeswillen im Hinblick auf den Menschen in allem gehorsam zu sein, bis hin zum Kreuzesopfer. Erwachsen geworden, beginnt Jesus seine öffentliche Sendung, indem er sich zum Jordan begibt, um von Johannes eine Taufe der Busse und Umkehr zu empfangen. Es geschieht das, was in unseren Augen paradox erscheinen könnte. Braucht Jesus Busse und Umkehr? Sicherlich nicht. Und doch reiht sich gerade er, der ohne Sünde ist, unter die Sünder ein, um sich taufen zu lassen, um diese Geste der Busse zu vollbringen; der Heilige Gottes vereint sich mit denen, die erkennen, dass sie der Vergebung bedürfen, und die Gott um die Gabe der Bekehrung bitten, das heisst um die Gnade mit ganzem Herzen zu ihm zurückzukehren, um vollkommen ihm zu gehören. Jesus will sich auf die Seite der Sünder stellen, indem er mit ihnen solidarisch ist und die Nähe Gottes zum Ausdruck bringt. Jesus zeigt seine Solidarität mit uns, mit unserer Mühe, uns zu bekehren, unsere Egoismen hinter uns zu lassen, von unseren Sünden loszukommen, um uns zu sagen, dass er – wenn wir ihn in unser Leben aufnehmen – fähig ist, uns wieder aufzurichten und zur Höhe Gottes, des Vaters zu führen. Und diese Solidarität Jesu ist nicht nur sozusagen eine blosse Übung des Geistes und des Willens. Jesus ist wirklich in unsere menschliche Situation eingetaucht, er hat sie bis ins Letzte gelebt, ausgenommen die Sünde, und er kann deren Schwäche und Zerbrechlichkeit verstehen. Deshalb hat er Mitleid, will er »mit« den Menschen »leiden«, mit uns Busse tun. Das ist das Werk Gottes, das Jesus vollbringen will: die göttliche Sendung, für den zu sorgen, der verletzt ist; den zu heilen, der krank ist, und die Sünde der Welt auf sich zu nehmen.

Was geschieht im Augenblick der Taufe Jesu durch Johannes? Angesichts dieser demütigen Geste der Liebe von seiten des Gottessohnes öffnet sich der Himmel, und der Heilige Geist offenbart sich sichtbar im Bild der Taube, während eine Stimme aus der Höhe das Wohlgefallen des Vaters zum Ausdruck bringt, der den eingeborenen, geliebten Sohn anerkennt. Es handelt sich um eine wirkliche Offenbarung der allerheiligsten Dreifaltigkeit, die die Gottheit Jesu bezeugt und dass er der verheissene Messias ist, von Gott gesandt, um sein Volk zu befreien, damit es gerettet wird (vgl. Jes 40,2). So wird die Prophetie Jesajas Wirklichkeit, die wir in der ersten Lesung gehört haben: Gott, der Herr, kommt mit Macht, um die Werke der Sünde zu vernichten, und er herrscht mit starkem Arm, um den Bösen zu entwaffnen. Aber denken wir daran, dass dieser Arm der am Kreuz ausgestreckte Arm ist und dass die Macht Christi die Macht dessen ist, der für uns leidet: das ist die Macht Gottes, die anders ist als die Macht der Welt; so kommt Gott mit Macht, um die Sünde zu vernichten. Jesus handelt wie der gute Hirte, der seine Herde weidet und sammelt, damit sie nicht verloren geht (vgl. Jes 40,10–11), und der sein eigenes Leben hingibt, damit sie das Leben hat. Durch den Erlösungstod Jesu wird der Mensch von der Herrschaft der Sünde befreit und mit dem Vater versöhnt; durch die Auferstehung Jesu wird der Mensch aus dem ewigen Tod gerettet und erlangt den Sieg über das Böse.

Liebe Brüder und Schwestern, was geschieht in der Taufe, die ich gleich euren Kindern spenden werde? Es geschieht gerade dies: Sie werden tief und für immer mit Christus verbunden, eingetaucht in das Geheimnis seiner Macht und Stärke, das heißt in das Geheimnis seines Todes, der Quelle des Lebens ist, um an seiner Auferstehung teilzuhaben, um zu einem neuen Leben geboren zu werden. Das ist das Wunder, das sich heute auch für eure Kinder wiederholt: Durch den Empfang der Taufe werden sie als Kinder Gottes wiedergeboren, sie haben teil an der Sohnesbeziehung Jesu zum Vater, sie können sich an Gott wenden, indem sie ihn mit tiefer Vertrautheit und voll Vertrauen: »Abbà, Vater« nennen. Auch über euren Kindern steht der Himmel offen, und Gott sagt: das sind meine Kinder, Kinder meines Wohlgefallens. In diese Beziehung eingefügt und befreit von der Erbsünde, werden sie lebendige Glieder des einen Leibes, der die Kirche ist, und werden in die Lage versetzt, ihre Berufung zur Heiligkeit in Fülle zu leben, so daß sie das ewige Leben erben können, daß uns die Auferstehung Jesu erlangt hat.

Liebe Eltern, durch die Bitte um die Taufe für eure Kinder bekennt und bezeugt ihr euren Glauben, ihr legt Zeugnis ab von der Freude, Christ zu sein und zur Kirche zu gehören. Es ist die Freude, die aus dem Bewußtsein kommt, von Gott ein großes Geschenk empfangen zu haben: den Glauben – eine Gabe, die niemand von uns verdienen konnte, sondern die uns umsonst geschenkt wurde und auf die wir mit unserem »Ja« geantwortet haben. Es ist die Freude zu erkennen, daß wir Kinder Gottes sind; zu entdecken, daß wir seinen Händen anvertraut sind, und uns von einer Umarmung der Liebe angenommen zu fühlen, genau so wie eine Mutter ihr Kind stützt und umarmt. Diese Freude, die den Weg jedes Christen lenkt, gründet sich auf eine persönliche Beziehung zu Jesus, eine Beziehung, die der gesamten menschliche Existenz Orientierung gibt. Denn er ist der Sinn unseres Lebens. Es lohnt sich, den Blick fest auf ihn zu richten, um von seiner Wahrheit erleuchtet zu werden und in Fülle leben zu können. Der Weg des Glaubens, der heute für diese Kinder beginnt, ist gegründet auf eine Gewißheit, auf die Erfahrung, daß es nichts Größeres gibt, als Christus zu kennen und anderen die Freundschaft mit ihm mitzuteilen; erst in dieser Freundschaft gehen überhaupt die großen Möglichkeiten des Menschseins auf und können wir erfahren, was schön und was befreiend ist (vgl. Predigt in der heiligen Messe zur Amtseinführung, 24. April 2005). Wer diese Erfahrung gemacht hat, ist nicht um alles in der Welt bereit, auf seinen Glauben zu verzichten.

Euch, lieben Taufpatinnen und Taufpaten, kommt die wichtige Aufgabe zu, das Werk der Erziehung der Eltern zu unterstützen und ihnen dabei zu helfen, indem ihr ihnen bei der Weitergabe der Glaubenswahrheiten und im Zeugnis für die Werte des Evangeliums zur Seite steht; indem ihr dazu beitragt, daß diese Kinder in einer immer tieferen Freundschaft mit dem Herrn aufwachsen können. Versteht es, ihnen immer euer gutes Beispiel zu geben durch die Übung der christlichen Tugenden. Es ist nicht leicht, offen und kompromißlos zu bezeugen, an was man glaubt, insbesondere im Kontext, in dem wir leben, gegenüber einer Gesellschaft, die diejenigen, die aus dem Glauben an Jesus leben, oft als unmodern und rückständig betrachtet.

Im Gefolge dieser Mentalität kann es auch unter den Christen das Risiko geben, die Beziehung zu Jesus als Einschränkung anzusehen, als etwas, das die eigene Selbstverwirklichung erstickt: »Gott selbst wird immer wieder als die Grenze unserer Freiheit gesehen, die beseitigt werden müsse, damit der Mensch ganz er selber sein könne« (Jesus von Nazareth, Bd. 1: Die Kindheitsgeschichten, 93). Aber dem ist nicht so! Diese Sichtweise zeigt, daß man nichts von der Beziehung zu Gott verstanden hat, weil man gerade, indem man auf dem Glaubensweg Schritt für Schritt vorangeht, versteht, wie Jesus das befreiende Handeln der Liebe Gottes auf uns ausübt, das uns aus unserem Egoismus herauskommen läßt, aus unserem in uns selbst Verschlossensein, um uns zu einem Leben in Fülle zu führen, in der Gemeinschaft mit Gott und offen für die anderen. »›Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm‹ (1 Joh 4,16). In diesen Worten aus dem Ersten Johannesbrief ist die Mitte des christlichen Glaubens, das christliche Gottesbild und auch das daraus folgende Bild des Menschen und seines Weges in einzigartiger Klarheit ausgesprochen« (Enzyklika Deus caritas est, 1).

Das Wasser, mit dem diese Kinder im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes bezeichnet werden, wird sie eintauchen in jene »Quelle« des Lebens, die Gott selbst ist, und sie zu seinen wahren Kindern machen. Es ist der Same der von Gott eingegossenen theologischen Tugenden, Glaube, Hoffnung und Liebe, ein Same, der heute durch die Kraft des Heiligen Geistes in ihr Herz gelegt wird und immer durch das Wort Gottes und die Sakramente genährt werden muß, so daß diese Tugenden des Christen wachsen und zur vollen Reife gelangen können, bis sie aus jedem von ihnen einen wahren Zeugen des Herrn machen. Während wir auf diese Kleinen den Heiligen Geist herabrufen, vertrauen wir sie dem Schutz der allerseligsten Jungfrau an; sie möge sie immer mit ihrer mütterlichen Gegenwart behüten und sie in jedem Augenblick ihres Lebens begleiten. Amen.

© Copyright 2013 – Libreria Editrice Vaticana

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