Besuch von Johannes Paul II. in Loreto 5. September 2004

Besuch von Johannes Paul II. in Loreto 5. September 2004 – Hl. Messe mit Seligsprechung von:

PEDRO TARRES Y CLARET,
ALBERTO MARVELLI
PINA SURIANO

Predigt von Johannes Paul II.
Ebene von Montorso, Sonntag, 5. September 2004

Quelle
Das heilige Haus zu Loreto
Wallfahrtsort ‘Geburtshaus der Maria’ in Loreto
1995 Pastoralbesuch in Loreto – Papst Johannes Paul II.
Do. 5. September 2004

1. »Welcher Mensch kann Gottes Plan erkennen? « (Weish 9,13). Auf diese im Buch der Weisheit gestellte Frage gibt es eine Antwort: Allein der Sohn Gottes, der zu unserem Heil im jungfräulichen Schoß Marias Mensch geworden ist, kann uns den Plan Gottes offenbaren. Nur Jesus Christus weiß, auf welchem Weg wir »ein weises Herz bekommen« (Antwortpsalm) und Frieden und Heil erlangen.

Welcher Weg ist es? Jesus hat ihn uns im Evangelium von heute aufgezeigt: Es ist der Weg des Kreuzes. Seine Worte sind klar: »Wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, kann nicht mein Jünger sein« (Lk 14,27).

»Das Kreuz tragen und Jesus nachfolgen« heißt, aus Liebe zu ihm zu jedem Opfer bereit sein. Es heißt, ihm nichts und niemanden vorzuziehen, auch nicht die liebsten Menschen, auch nicht unser eigenes Leben.

2. Liebe Brüder und Schwestern, ihr seid in diesem »wunderschönen Montorso-Tal«, wie Erzbischof Comastri es nannte, zusammengekommen. Von Herzen danke ich ihm für die herzlichen Grußworte, die er an mich gerichtet hat. Mit ihm begrüße ich die Kardinäle, die hier anwesenden Erzbischöfe und Bischöfe; ich grüße die Priester, die Ordensmänner und -frauen, die Personen des geweihten Lebens; vor allem aber gilt mein Gruß euch, liebe Jugendliche, Angehörige der Katholischen Aktion, an der Spitze Generalassistent Bischof Francesco Lambiasi und die Nationalpräsidentin Frau Dr. Paola Bignardi, der ich für die herzlichen Grußworte danke. Ihr wolltet euch hier unter dem Blick der Gottesmutter von Loreto versammeln und eure Verpflichtung zur Treue gegenüber Jesus Christus erneuern.

Ihr wißt, Christus zustimmen ist eine anspruchsvolle Entscheidung. Nicht zufällig spricht Jesus vom »Kreuz«. Doch er stellt sofort klar: »Wer mir nachfolgt«. Das ist der entscheidende Punkt. Wir tragen das Kreuz nicht allein. Er geht uns voran und bahnt uns den Weg durch das Licht seines Beispiels und die Kraft seiner Liebe.

3. Das Kreuz, das aus Liebe angenommen wird, macht frei. Das hat der Apostel Paulus erfahren als »alter Mann, der jetzt für Christus im Kerker liegt«, wie er im Brief an Philemon über sich selbst geschrieben hat, der aber innerlich vollkommen frei ist. Eben diesen Eindruck vermittelt der kurz zuvor vorgetragene Text: Paulus ist im Kerker, aber sein Herz ist frei, weil in ihm die Liebe Christi wohnt. Darum kann er vom finsteren Gefängnis aus, in dem er für seinen Herrn leidet, zu einem Freund, der außerhalb des Gefängnisses ist, von Freiheit sprechen. Philemon ist ein Christ aus Kolossä. Paulus wendet sich an ihn mit der Bitte, Onesimus, der dem damaligen Recht nach noch Sklave war, aber jetzt durch die Taufe Bruder geworden ist, freizulassen. Wenn Philemon auf den anderen als Besitz verzichtet, wird er in ihm einen Bruder gewinnen.

Die Lehre, die aus diesem Bericht hervorgeht, ist klar: Es gibt keine größere Liebe als die des Kreuzes; es gibt keine wahrhaftigere Freiheit als die der Liebe; es gibt keine vollkommenere Brüderlichkeit als jene, die aus dem Kreuz Jesu erwächst. Nach diesen Worten auf italienisch fuhr der Heilige Vater auf spanisch fort:

4. Die soeben proklamierten Seligen sind demütige Jünger und heroische Zeugen des Kreuzes Jesu gewesen.

Pedro Tarrés y Claret, zuerst Arzt und dann Priester, widmete sich dem Laienapostolat unter den Jugendlichen der Katholischen Aktion von Barcelona, deren Beirat er später war. In der Ausübung des Arztberufes trug er besondere Sorge für die armen und bedürftigen Kranken in der Überzeugung, daß »der Kranke Sinnbild des leidenden Christus ist«.

Nach seiner Priesterweihe erfüllte er mit großem Eifer die mit seinem Dienst verbundenen Aufgaben und blieb dem Versprechen treu, das er am Vorabend seiner Weihe abgelegt hatte: »Herr, ich habe nur den einen Vorsatz: als Priester heilig zu werden, darum bitte ich dich.« Er nahm im Glauben und mit heroischer Geduld eine schwere Krankheit an, an der er im Alter von nur 45 Jahren verstarb. Trotz seines Leidens wiederholte er häufig: »Wie gut ist der Herr zu mir! Ich bin wirklich glücklich.«

5. Alberto Marvelli, ein tüchtiger und unabhängiger junger Mann, hochherziger Sohn der Kirche von Rimini und der Katholischen Aktion, hat sein kurzes Leben von knapp 28 Jahren als Geschenk der Liebe zu Jesus zum Wohl der Brüder verstanden. »Jesus umgibt mich mit seiner Gnade«, schrieb er in sein Tagebuch; »ich sehe nur Ihn, ich denke nur an Ihn.« Alberto machte die tägliche Eucharistiefeier zur Mitte seines Lebens. Im Gebet suchte er auch Inspiration für das politische Engagement in der festen Überzeugung, daß es notwendig ist, in der Zeitgeschichte ganz als Kinder Gottes zu leben, um sie zur Heilsgeschichte zu machen.

In der schwierigen Zeit des Zweiten Weltkrieges, der Tod, schreckliche Gewalttaten und Leiden mit sich brachte, pflegte der selige Alberto ein intensives geistliches Leben, aus dem die Liebe zu Jesus erwuchs, die ihn so weit führte, daß er sich selbst geringschätzte, um das Kreuz der Armen auf sich zu nehmen.

6. Auch die selige Pina Suriano, geboren in Partinoco, Diözese Monreale, hat Jesus mit brennender und treuer Liebe so sehr geliebt, daß sie aufrichtig schreiben konnte: »Ich lebe einzig und allein durch Jesus.« Sie sprach zu Jesus mit dem Herzen einer Braut: »Jesus, laß mich immer mehr dein sein. Jesus, ich will mit dir und für dich leben und sterben.«

Sie gehörte schon als Mädchen der weiblichen Jugendsektion der Katholischen Aktion an und wurde später Leiterin des Pfarrverbandes. Sie fand in dieser Vereinigung durch die ausgeprägte Atmosphäre geschwisterlicher Freundschaft wichtige Anregungen für ihre menschliche und kulturelle Entfaltung. Sie entwickelte nach und nach den einfachen und festen Willen, ihr junges Leben als Liebesgabe besonders für die Heiligung und Standhaftigkeit der Priester Gott darzubringen.

7. Liebe Brüder und Schwestern, Freunde der Katholischen Aktion, ihr seid aus Italien, Spanien und vielen anderen Ländern der Welt nach Loreto gekommen. Durch das Ereignis der Seligsprechung dieser drei Diener Gottes sagt euch heute der Herr: Das größte Geschenk, das ihr der Kirche und der Welt machen könnt, ist die Heiligkeit.

Das, was der Kirche am Herzen liegt, soll auch euch am Herzen liegen: daß viele Menschen unserer Zeit von der Faszination Jesu erobert werden; daß sein Evangelium als Licht der Hoffnung für die Armen, die Kranken, die nach Gerechtigkeit Hungernden wieder erstrahlt; daß die christlichen Gemeinden immer lebendiger, offener und anziehender werden; daß unsere Städte für alle gastfreundlich und lebenswert sind; daß die Menschheit Wege des Friedens und der Brüderlichkeit zu gehen vermag.

8. Ihr Laien habt die Aufgabe, den Glauben durch jene Tugenden zu bezeugen, die für euch charakteristisch sind: die Treue und Liebe in den Familien, die berufliche Kompetenz, die Ausdauer im Dienst am Gemeinwohl, die Solidarität in den sozialen Beziehungen, der Einfallsreichtum in Initiativen zugunsten der Evangelisierung und der Förderung des Menschen. Euch obliegt es auch, in enger Verbindung mit den Hirten zu zeigen, daß das Evangelium aktuell ist und daß der Glaube den Gläubigen nicht der Geschichte entfremdet, sondern ihn tiefer in sie eintaucht.

Hab Mut, Katholische Aktion! Der Herr führe dich auf deinem Weg der Erneuerung!

Die unbefleckte Jungfrau von Loreto begleitet dich mit zärtlicher Sorge; die Kirche schaut auf dich mit Zuversicht; der Papst grüßt dich, er stützt dich und er segnet dich von Herzen.

Danke, Katholische Aktion Italiens!

© Copyright 2004 – Libreria Editrice Vaticana

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